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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten von gestern (Smiley Bd 1)
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ihr. Er nahm sie schnell um die Schultern und zog sie weg, nachdem ihm
die schreckliche Szene klar geworden war.
    Elsas
Schal war heruntergefallen, und ihr Kopf tief auf die Brust gesunken.
    Smiley
hatte recht gehabt. »Sie sollen nur davonlaufen, in Panik ausbrechen, was sie
wollen ... bis sie etwas tun . . .« Das war es also, was sie getan hatten.
Dieser zerbrochene, arme Körper war ein Zeuge ihrer Panik.
    »Es ist
wohl am besten, Sie holen die Polizei, Peter. Ich gehe nach Hause. Halten Sie
mich aus der Sache draußen, wenn Sie können. Sie wissen ja, wo Sie mich
finden.« Er nickte, als wäre es zu sich selber. »Ich gehe nach Hause.«
     
    Es war
neblig, und ein feiner Regen fiel, als Mendel bei der Verfolgung Dieters rasch
die Fulham Palace Road überquerte. Die Scheinwerfer der Autos tauchten
plötzlich zwanzig Fuß vor ihm aus dem nassen Nebel auf.
    Er hatte
keine andere Wahl, als immer auf ganz kurze Distanz auf Dieters Fersen zu
bleiben, nie mehr als ein Dutzend Schritte hinter ihm. Die Gasthäuser und Kinos
hatten schon zu, aber die Café-Bars und Tanzetablissements zogen noch immer
lärmende Gruppen von Passanten an, die die Gehsteige bevölkerten. Wie Dieter
so vor ihm herhinkte, folgte ihm Mendel im Licht der Straßenlaternen. Seine
Silhouette wurde jedesmal plötzlich deutlich, wenn er in den nächsten
Lichtkegel kam.
    Trotz
seines Hinkens ging Dieter schnell. Dadurch, daß er längere Schritte machte,
wurde das Hinken auffallender, und es sah aus, als schwinge er sein linkes Bein
durch eine plötzliche Anstrengung seiner breiten Schultern nach vorne.
    Auf
Mendels Gesicht war ein merkwürdiger Ausdruck. Nicht von Haß oder eiserner
Entschlossenheit, sondern von offenem Ekel. Für ihn bedeutete das ganze
beschönigende Drum und Dran von Dieters Beruf nicht das mindeste. Er sah an dem
Wild, das er verfolgte, nur den Schmutz des Verbrechers, die klägliche Feigheit
eines Mannes, der andere dafür bezahlte, daß sie für ihn mordeten. Als Dieter
sich vorsichtig aus dem Zuschauerraum davongemacht hatte und zum Seitenausgang
geschlichen war, hatte Mendel darin das gesehen, was er erwartet hatte:
irgendeine Hinterlist eines gemeinen Verbrechers. Das war etwas, das er
voraussah und verstand. Für Mendel gab es nur eine Art von Kriminellen, angefangen
vom Taschendieb und Einschleichdieb bis zum Großbetrüger, der das Recht zu
handeln nach seinem Belieben für sich zurechtbog. Sie befanden sich alle
außerhalb des Gesetzes, und es war seine ekelhafte, aber notwendige Aufgabe,
ihnen das Handwerk zu legen und sie an einen sicheren Ort zu bringen. Dieser
Verbrecher hier war zufälligerweise ein Deutscher.
    Der Nebel
wurde dick und gelb. Keiner von ihnen hatte einen Mantel an. Was Mrs. Fennan
wohl jetzt tun würde, dachte Mendel. Guillam würde sich schon um sie kümmern.
Sie hatte Dieter nicht einmal angesehen, als er sich davonmachte. Das war eine
merkwürdige Person. Ganz Haut und Knochen und gute Werke, so sah sie aus. Sie
lebte wohl von trockenem Toast und Suppenwürfeln.
    Dieter bog
plötzlich nach rechts in eine Seitengasse ein und dann in eine andere nach
links. Sie waren nun schon eine Stunde unterwegs, und er wurde noch immer keine
Spur langsamer. Die Straße schien menschenleer zu sein, wenigstens konnte
Mendel keine anderen Schritte als ihre eigenen hören, deren knirschendes
kurzes Echo im Nebel zerflatterte. Jetzt waren sie in einer schmalen Gasse mit
Häusern aus der Zeit der Königin Victoria, die nicht ganz stilreine
Regency-Fassaden, große Vorbauten und Schiebefenster hatten. Mendel schätzte,
daß sie irgendwo in der Nähe des Fulham Broadway waren, vielleicht noch weiter,
näher bei der King's Road. Noch immer ließ Dieters Tempo nicht nach, noch immer
glitt der schräge Schatten vorwärts durch den Nebel, zielbewußt und seines
Weges sicher.
    Als sie
sich einer Hauptstraße näherten, hörte Mendel wieder das klägliche Gewinsel des
Verkehrs, der durch den Nebel fast zum Stillstand gekommen war. Dann warf von
irgendwoher aus dem Nichts ein gelbes Straßenlicht, wie eine Aureole der
Wintersonne mit klaren Konturen, einen fahlen Schein. Dieter zögerte einen
Augenblick am Straßenrand, und dann, ohne Rücksicht auf den Verkehr, der sich
aus dem Nichts an ihnen vorübertastete, überschritt er die Straße und stürzte
sich sofort in eine der unzähligen Gassen, die, dessen war Mendel sicher, zum
Fluß führten.
    Mendels
Kleider waren triefend naß, und der feine Regen rann ihm über das

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