Casteel-Saga 03 - Gebrochene Schwingen
Frau«, sagte nun der Reverend. »Was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht trennen. Du darfst die Braut jetzt küssen, Logan.«
Logan küßte mich mit mehr Leidenschaft, als er jemals zuvor gezeigt hatte. Dann gingen wir Arm in Arm den Kirchengang entlang. Als wir aus der Kirchentür traten, rief der Reverend: »Meine Damen und Herren, begrüßen Sie Mr. und Mrs. Stonewall!«
Plötzlich wurden wir von allen umringt, besonders von den Leuten aus der Stadt. Es war, als hätten mich der Gottesdienst, die Ringe und der Ausruf des Reverends in eine der Ihren verwandelt.
Abseits der Kirche war eine Tanzfläche aufgebaut, es begann die Kapelle einen fröhlichen Walzer zu spielen. Nachdem uns alle gratuliert hatten, erwartete man, daß wir den Tanz eröffneten. Ich sah die Leute aus den Bergen im Hintergrund stehen, unsicher und unentschlossen. Ich konnte ihre Nervosität spüren, als sie unter all den vornehmen Hochzeitsgästen standen. Ich küßte Logan auf die Wange und sagte: »Warte einen Moment, Liebster.« Dann ging ich zu dem Geiger, der einer der Besten seiner Zunft war, und sagte: »Spielen Sie doch bitte einen richtigen Ländler.« Und als das Stück begann, konnte ich um mich herum das Klatschen und Stampfen der Leute aus den Bergen hören. Ich umfaßte meinen Mann, und als die Erinnerung an die Zeit in den Hügeln mich überkam, gab ich mich der Musik meiner Heimat hin, dem Rhythmus der Willies.
Die Stadtleute traten einer nach dem anderen zurück, während die Leute aus den Bergen sich unserem Tanz anschlossen. Logan wurde mir von einer meiner hübschen Schülerinnen abgenommen. Mich umfaßte mein alter Nachbar Race McGee. Dann zogen die Leute aus den Bergen die Stadtleute mit in den Tanz. Niemals zuvor war ich so glücklich gewesen. Jedermann war am Lachen, am Klatschen, am Tanzen. Endlich waren die Willies und Winnerow eins geworden.
Plötzlich sah ich, wie Fanny in ihrem hautengen blauen Kleid über den Tanzboden kam und Logans Partnerin auf die Schulter klopfte. »Mach Platz für die Schwägerin. Er hat nur die eine.« Fanny rief so laut, daß alle es hören konnten. Sie legte ihre Arme Logan um den Hals, drückte ihren Busen an seine Brust und wirbelte den verdutzten Logan über den Tanzboden. Als das Lied zu Ende war, verkündete sie: »Ich glaube, jetzt bin ich dran, den Bräutigam zu küssen.« Dann sah ich, wie sie ihn küßte.
Schließlich befreite sich Logan fast mit Gewalt aus ihrer Umklammerung. Fannys Lachen übertönte die Musik und ließ es in meinen Ohren wie Alarm klingeln. Ich hörte es, und ich merkte es mir. Doch heute war mein Tag, und nichts und niemand, auch nicht Fanny, sollte ihn verderben.
2. KAPITEL
Im Haus meines Vaters
Logan und ich stiegen kichernd wie Schulkinder in Boston aus dem Flugzeug. Wir waren beide so aufgeregt, daß die Stewardessen gleich gemerkt hatten, daß wir frisch verheiratet waren. »So?« fragte Logan albern. »Wie sehen frisch Verheiratete denn aus?«
»Hoffnungsvoll und lachend. Daß sie sich lieben, ist so offensichtlich, daß selbst die abgestumpftesten Menschen sie anschauen und ihnen zulächeln«, erklärte die Stewardeß, als würde sie von ihrem eigenen schönsten Traum erzählen.
»Verliebt sind wir«, antwortete Logan. So waren wir während des ganzen Fluges gewesen: schmusend, küssend und kichernd. Jedes Mal, wenn die Stewardessen vorbeigekommen waren, hatten sie gelacht.
Nun eilten wir Hand in Hand den langen Gang im Flughafen entlang, neugierig darauf, was uns dieser Besuch bei Tony bringen würde. Als wir um die Ecke in die Halle bogen, entdeckte ich Tony, der an der Pforte stand. Er trug einen seiner dunkelblauen, doppelreihig geknöpften Seidenanzüge und hatte ein zusammengefaltetes Wallstreet-Journal in der Hand. Er schwenkte es aufgeregt, als wir auftauchten. »Da ist Tony!« Ich winkte zurück. »Ich dachte, er schickt nur Miles, den Chauffeur, um uns abzuholen.«
»Das wäre nicht die feine Art, Jungverheiratete zu empfangen«, witzelte Logan.
»Du hast recht«, sagte ich, doch dann hielt ich inne. Meine Finger schlossen sich fester um Logans Hand. Vielleicht war es, weil ich so lange von Tony getrennt gewesen war, vielleicht war es die Art und Weise des Herzens, zu zeigen, daß unsere wahre Einstellung sich mehr in unseren Augen als in unseren Worten enthüllt. Jedenfalls fühlte ich eine Kraft in Tonys Augen, die mich wie ein Magnet anziehen wollte. Genau so etwas hatte ich befürchtet.
Das
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