Silberband 111 - Geburt einer Dunkelwolke
Kapitel 1-10
1.
Im Morgenlicht warfen die grotesken Gebäude lange Schatten. Sie bestanden aus riesigen Knochen und waren mit billigem Plastikmaterial ausgegossen. Zwischen diesen Bauten erhoben sich Vergnügungsstätten, Bars und kleine Läden aus armiertem Beton.
Eine Wolke schaler Gerüche hing in der Luft. Der Wind trug Staub, Sand und Knochenmehl aus dem nahen Cañon heran. Zwei Reinigungsroboter kämpften mit kräftigen Saugstrahlen und rotierenden Bürsten gegen den Dreck an. Von irgendwoher dröhnte schrille Musik.
Einst waren die fossilen Knochentäler nahe der Stadt touristische Sensationen gewesen, heute kümmerte sich kaum jemand darum. Während der Lareninvasion waren die Metropole Krockock und der Raumhafen zerstört worden. Eine Schwarzmarkt-Siedlung fristete nun ihr Dasein auf den Trümmern einstiger Größe – darüber hinaus war nichts geblieben. Selbst die Archäologen mieden den Planeten Chloreon; niemand interessierte sich mehr für die gigantischen Knochenlager in den Cañons.
Dröhnend jagte eine alte Space-Jet über die Siedlung hinweg. Der Diskus landete in dem einigermaßen wiederhergestellten Bereich des Raumhafens.
Scrugg Tomas tastete nach der schweren Energiewaffe unter seiner Jacke und betrat vor seiner Begleiterin die Bar.
Schwer definierbare Gerüche, lautes Stimmengewirr, Gläserklirren und Gelächter schlugen ihnen entgegen. Da waren Springer und Neu-Arkoniden, ein Ara reckte interessiert den kahlen Schädel, mehrere Terraner saßen da, Ertruser und ein humanoides Wesen, dessen Gesichtsmaske eher einen exotischen Roboter vermuten ließ. Sekundenlang herrschte jähe Stille. Jeder taxierte die Eintretenden.
Tomas tippte einem rotbärtigen Springer, der vor einem übergroßen Bierglas saß, auf die Schulter. »Vater des schnellen Handels, sei so zuvorkommend und überlasse meiner jungen Begleiterin deinen Hocker«, sagte er gemütlich.
»Mach schon!«, dröhnte die wuchtige Gestalt hinter der Theke. »Mach Platz für die junge Frau!«
Wortlos rückte der Springer mit seinem Glas zur Seite. Dalaniekay Tomas schwang sich lächelnd auf den Hocker.
Etwa fünfzig Personen füllten den Raum, in dessen Mitte die Theke stand. Musik hing in der Luft, die geeignet war, erregte Gemüter zu beruhigen.
»Champagner für meine Begleiterin!«, bestellte Tomas bei dem massigen Barkeeper. »Für mich einen ertrusischen Zharc mit Eis. Wenig Eis. Übrigens ... wir sind die Tomas-Leute, falls das jemanden interessiert.«
»Wusste ich längst«, sagte der Riese. Seine Stimme war tief und rau. »Ich bin Pinky, der Gnom. Auf Krockock leben viele von schnellen Gerüchten.«
»Aus dem Grund sind wir hier.«
Die meisten Gäste gaben sich unbeteiligt. Scrugg Tomas kannte das zur Genüge. Er registrierte genau, dass seine Begleiterin und er ausgiebig fixiert wurden. Die Getränke kamen, und er wandte sich wieder an Pinky.
»Mit wem spreche ich am besten?«
»Geht es um Rauschmittel oder Drogen?«
»Rund eine Tonne Munarquon. Das ist kein Scherz – ich bin neu hier und kann mir denken, dass ich nicht gleich betrügen darf.«
Pinky lachte donnernd. »He, der Junge ist gut!«, rief er. »Zumindest sagt er so schöne Sachen!«
»Ich liefere auch schöne Sachen!«, ergänzte Tomas. »Wer ist Interessent?«
Die tausend Kilogramm waren in kleinen Dosierungen abgepackt, waren hochwirksam und vermutlich ein Vermögen wert. Scrugg wollte den bestmöglichen Preis und das Munarquon vor allem an einen bestimmten Käufer abgeben – oder an dessen Beauftragten.
»Interessiert kann fast jeder hier sein«, sagte Pinky. »Oder niemand.«
»Ich will nicht monatelang warten – vor allem nicht darauf, dass Sicherheitskräfte der LFT mein Schiff aufspüren.«
»Dieser Einwand sollte bedacht werden. He, Corbeddu!«
Ein Ertruser schob sich durch die Menge. Er blieb zwischen Dalaniekay und Scrugg stehen und warf einen nachdenklichen Blick auf den riesigen Wirt. Ruckartig wandte er sich an Scrugg: »Du hast das Zeug von den Loowern?«
»Richtig. Munarquon ist ein besonderer Stoff und viel mehr als nur ein Mittel zur Beeinflussung. Verteile es an Abhängige, und du wirst zum mühelos agierenden Diktator.«
»Können wir einen Test durchführen?«
»Wenn du mir einen Freiwilligen bringst, sofort. Der Proband wird in völlige Willenlosigkeit abgleiten und jedem Befehl gehorchen. Während der Beeinflussung wird er zudem ein unbeschreiblich intensives Glücksgefühl verspüren.«
Der Ertruser blieb
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