Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Cathérine de Montsalvy

Titel: Cathérine de Montsalvy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benzoni Juliette
Vom Netzwerk:
Vieillevie. Du, mein Junge, stehst vor der Dame de Montsalvy. Sage ihr, was du am Sonntagmorgen gesehen hast.«
    Der Schäfer wurde ein wenig rot, zweifellos durch die Anwesenheit dieser großen Dame verschüchtert, und seine Stimme war zuerst kaum hörbar; doch schon bei seinen ersten Worten spürte Cathérine, wie ihr leidenschaftliches Interesse erwachte.
    »Am Sonntagmorgen hütete ich meine Schafe auf der Ebene über der Garrigue …«
    »Sprich lauter!« befahl Saturnin. »Man kann dich schlecht hören!«
    Der Junge räusperte sich und hob die Stimme.
    »Ich sah zwei Reiter, die aus Montsalvy zu kommen schienen. Der erste, groß und von schöner Gestalt, war ganz in Schwarz gekleidet: er trug sogar eine schwarze Maske, aber er ritt eine wundervolle schneeweiße Stute …«
    »Morgane!« murmelte Cathérine gefesselt. »Morgane und …«
    »Der andere war ein kleiner, magerer gelber Mann mit kohlschwarzen Augen und einem Spitzbärtchen. Sie hielten neben mir, und der Kleinere sprach mich an. Von dem anderen … dem Reiter mit der Maske, habe ich kein Sterbenswörtchen gehört. Er sah mich nicht an. Er hielt sich etwas abseits, mit seiner behandschuhten Rechten den Hals seines Tieres tätschelnd, das ungeduldig auf dem Boden scharrte.«
    »Was hat der Kleinere zu dir gesagt?« fragte Saturnin.
    »Er hat mich gefragt, ob ich den Amtmann von Montsalvy kenne. Ich habe geantwortet, ich hätte ihn zwei- oder dreimal gesehen und ich sei Schäfer des Herrn de Vieillevie. Dann hat der kleine gelbe Mann gefragt, ob ich bereit sei, Meister Saturnin etwas zu überbringen, ob man mir vertrauen könne. Ich habe ja gesagt, aber ich brauche einen Vorwand, um hierherzukommen. Zufällig hatte ich Käse zu verkaufen. Ich sagte also, daß ich in dieser Woche nach Montsalvy gehen würde. Dann hat er mir noch eine Frage gestellt. Er hat mich gefragt, ob ich lesen könne. Ich habe geantwortet: Nein …«
    »Und dann?« fragte Cathérine, auf die Folter gespannt. »Was hat er hinzugefügt?«
    »Nicht viel. Er hat aus seinem Wams ein zusammengefaltetes und versiegeltes Pergament gezogen und mir aufgetragen, es so schnell wie möglich zu Meister Saturnin zu bringen. Und er hat mir einen Taler für meine Mühe gegeben!«
    »Dieser Brief«, fragte Cathérine, »wo ist er?«
    »Hier!« antwortete Saturnin, Cathérine die versiegelte Botschaft reichend, die sie mit zitternder Hand in Empfang nahm.
    »Ihr habt ihn nicht geöffnet?«
    »Das ist nicht meine Sache«, entgegnete der Amtmann, den Kopf schüttelnd. »Lest nur!«
    Tatsächlich waren einige Worte auf das Pergament geschrieben: »Für Dame Cathérine de Montsalvy, sobald sie zurück ist.«
    Plötzlich schien es Cathérine, als drehten sich die gekalkten weißen Wände vor ihren Augen. Diese Worte, daran gab es keinen Zweifel, hatte Arnaud selbst geschrieben! Mit einer instinktiven Bewegung drückte sie das Pergament ans Herz, während sie gegen die Erregung ankämpfte, die in ihr aufstieg. Saturnin bemerkte es, wollte den Schäfer entlassen.
    »Du hast deine Botschaft gut überbracht, mein Junge. Geh nun und ruh dich aus.«
    Doch Cathérine hielt ihn zurück:
    »Warte! Auch ich möchte dir danken, Schäfer …«
    Sie wühlte in ihrem Almosenbeutel, aber der junge Mann machte eine abweisende Bewegung.
    »Nein, edle Dame! Ich habe meinen Lohn schon erhalten! Kauft meinen Käse, wenn Ihr wollt, sonst nehme ich nichts an.«
    »Ich kaufe deinen ganzen Käse, Kleiner! Und Gott segne dich!«
    In die Hand des sprachlosen Schäfers leerte sie ihre Börse. Der Junge trat zurück, sie mit Segenswünschen überhäufend, die sie nicht einmal mehr hörte. Sie wollte allein sein, um die kostbare Botschaft zu lesen … Als der Schäfer verschwunden war, hob sie die Augen zu Saturnin.
    »Niemand«, sagte sie, »darf erfahren, wer den Schäfer getroffen hat, niemand in Montsalvy! Und besonders nicht Dame Isabelle!«
    »Es war Messire Arnaud, nicht wahr?«
    »Ja, Saturnin, er war es! Das Hospital in Calves ist gestern nacht abgebrannt. Er konnte entrinnen, durch welches Wunder auch immer, aber es ist besser, daß sie es nicht erfährt. Nur Donatienne, Sara und Gauthier dürfen es wissen.«
    »Seid ohne Furcht. Niemand wird davon erfahren. Für jedermann hier, selbst für den Abt, ist Messire Arnaud in Carlat gestorben. Sie werden weiter daran glauben! Jetzt lasse ich Euch einen Augenblick allein.«
    »Danke, Saturnin … Ihr seid gut!«
    Er ging auf Zehenspitzen hinaus und schloß sorgfältig

Weitere Kostenlose Bücher