Cathérine de Montsalvy
aber sein Blick lag unausgesetzt auf Cathérine, die darüber errötete. Die fremden Augen waren frech der Linie ihrer langen Beine, der Kurve ihrer Hüften gefolgt und wanderten hinauf zu ihrer Brust, deren Formen sich trotz des Linnenverbandes, der sie zusammenpreßte, unter dem groben Stoff abzeichneten. Aber sie sagte nichts, ließ sich den Verband abnehmen, während Sara einen angezündeten Strohwisch vom Kohlenfeuer heranbrachte. MacLaren ließ einen kleinen Pfiff hören und runzelte die Stirn. Die Verletzung sah nicht schön aus. Die Wunde war geschwollen und nahm eine fahle Färbung an, die nichts Gutes verhieß.
»Die Infektion ist nicht mehr fern«, brummte er, »aber ich werde das schon hinkriegen. Ich sage Euch gleich, daß es einen Augenblick weh tun wird, aber ich hoffe, daß Ihr tapfer seid.«
Er entfernte sich und kehrte mit einer mit Ziegenhaut umwickelten Kürbisflasche und einem Beutel zurück, dem er etwas Mull entnahm. Dann kniete er von neuem nieder, nahm seinen Dolch und schnitt blitzschnell die Wunde wieder auf. Es geschah so rasch, daß Cathérine nicht einmal Zeit hatte zu schreien. Ein dünnes Blutgerinnsel rann heraus. Darauf feuchtete der Schotte einen Tampon mit der Flüssigkeit aus der Flasche an und machte sich ohne sonderliche Zartheit daran, die Wunde zu säubern.
»Ich mache Euch aufmerksam«, sagte er, bevor er anfing, »es wird brennen!«
Tatsächlich brannte es wie die Hölle. Trotz seiner Warnung preßte Cathérine mit aller Kraft die Zähne zusammen. Sie unterdrückte den Schmerzensschrei, der ihr auf die Lippen drang, ebenso heftig wie die Tränen, die ihr in die Augen stiegen, aber sie sagte kein Wort. Eine ihrer Tränen fiel auf MacLarens Hand. Er hob die Augen, sah sie mit unerwarteter Zartheit an und lächelte.
»Ihr seid tapfer, das habe ich gleich gesehen. Wir sind fertig.«
»Was habt Ihr da verwendet?« wollte Sara wissen.
»Eine Flüssigkeit, die die Mauren Weingeist nennen und derer sie sich bedienen, um die Kranken zu beleben. Man hat beobachtet, daß sie Entzündungen verhütet, wenn man die Wunden damit wäscht.«
Während er sprach, tat er etwas Salbe auf die Wunde und verband sie dann richtig. Seine Hände waren jetzt von erstaunlicher Sanftheit, und Cathérine vergaß plötzlich ihren Schmerz und hielt den Atem an. Eine Hand glitt von ihrer Schulter in die Höhlung ihres Rückens und verharrte dort in einer Liebkosung, unter der die junge Frau verwirrt fröstelte. Zorn und Scham trieben ihr das Blut in die Wangen. Die Unruhe, die die Berührung dieser Männerhand in ihr auslöste, ließ sie um so mehr schaudern, als sie das Bewußtsein ihrer unterdrückten Jugend in ihr wachrief. Sie hatte geglaubt, ihr Körper sei für immer zum Schweigen gebracht worden, weil ihr Herz keiner Hoffnung mehr fähig war, und in dieser flüchtigen Minute hatte er sie brutal Lügen gestraft.
Sie wandte den Kopf ab, um seinem Blick auszuweichen, der forschend auf ihr lag, und zog ihr Hemd mit einer kalten Bewegung wieder empor.
»Vielen Dank, Messire! Jetzt ist es nicht mehr so schlimm. Ich werde versuchen zu schlafen.«
Ian MacLaren zog seine Hände zurück, neigte den Kopf, ohne zu antworten, und entfernte sich, während Cathérine, rot bis an die Ohren, unter dem argwöhnischen Blick Saras hastig ihre Kleider wieder anzog und dann aufs Stroh sank. Sie wollte gerade die Augen schließen, als Sara sich zu ihr hinunterbeugte. Der Widerschein des niederbrennenden Feuers ließ die Zähne der Zigeunerin blitzen. Ihre Augen glänzten schadenfroh:
»Meine Kleine«, flüsterte die Zigeunerin, »es genügt nicht, daß man zu leben aufhören will, um alles in einem zu töten. Du wirst noch deine Überraschungen erleben.«
Cathérine zog es vor, nichts darauf zu erwidern. Sie schloß fest die Augen, wünschte sich, alsbald einschlafen zu können und nicht mehr denken zu müssen. Um sie herum erhoben sich die kräftigen Schnarchlaute der Schotten und die zarten, fast melodiösen Bruder Etiennes. Ihnen gesellte sich sehr bald der kräftige und lebhafte Atem Saras hinzu. Dieses seltsame Konzert hinderte Cathérine lange, im Schlaf ihre peinlichen Gedanken zu vergessen. Das Feuer erstarb, warf noch einen schwachen roten Schein und ging dann aus. Die junge Frau lag mit weit geöffneten Augen in der Dunkelheit.
Am anderen Ende der Scheune suchte Gauthier ebenfalls den Schlaf und konnte ihn nicht finden. Draußen war die tiefe, kalte Winternacht, aber der Instinkt des Waldmenschen
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