Cathérine de Montsalvy
zweien meiner Männer hinten auf, Ihr, die Dienerin, und Ihr, der Mönch. Und nun vorwärts!«
Zwei kräftige Schotten beluden sich mit Sara und Bruder Etienne, dann entfernte sich Ian McLarens Trupp, Bogen und Armbrüste über den Rücken, von Aurillac, von den Verwünschungen der herausströmenden Bewaffneten verfolgt. Einige Pfeile und Bolzen umschwirrten sie, trafen aber niemand. Das Lachen des schottischen Leutnants schallte wie ein Donnerschlag.
»Mönchssoldaten, das taugt nicht mehr als Nonnen mit Helmen! Die können besser das Paternoster herunterleiern und die Mädchen aufs Kreuz legen als einen Bogen spannen!«
Cathérines Verwundung war nicht ernst. Eine dünne Klinge war ihr einen Zoll tief in die Schulter gedrungen. Sie hatte ziemlich kräftig geblutet, aber die Wunde schmerzte nicht sehr. Ihre Schulter und ihr Arm waren steif und schwer wie Blei, doch hatte sie im Wind des schnellen Rittes das Bewußtsein rasch wiedererlangt. Sobald MacLaren schätzte, daß sie weit genug entfernt waren, hatte er Halt befohlen. Während seine Leute einen Becher tranken und ein paar Bissen aßen, hatte Sara die junge Frau zur Seite genommen, um sich um ihre Verwundung zu kümmern. Ihre geschickten Hände hatten schnell einen Verband aus einem zerrissenen Hemd aus dem Kleiderballen und ein wenig Balsam aus Hammelfett und Wacholder gemacht, der einem der Schotten gehörte. Dann hatten sie, auch Cathérine, etwas Brot und Käse gegessen und ein paar Schluck Wein getrunken, bis MacLaren wieder das Signal zum Aufbruch gab. Cathérine fühlte sich matt. Die Anstrengungen des nächtlichen Marsches zwischen Vezac und Aurillac zusammen mit dem Schock des kürzlichen Kampfes hatten sie erschöpft. Eine unbändige Schläfrigkeit überfiel sie, und sie hatte unendliche Mühe, die Augen offenzuhalten.
Diesmal stieg sie hinter dem Führer der Eskorte auf. Trotz der wütenden Einwände Gauthiers hatte Ian MacLaren entschieden, daß er sich persönlich um sie kümmern werde.
»Dein Pferd hat an dir schon genug zu tragen«, erklärte er ihm trocken. »Es braucht nicht noch überlastet zu werden!«
»Sie wird sich nicht hinter Euch halten können«, gab der Normanne zurück. »Seht Ihr nicht, daß ihr die Augen zufallen?«
»Ich werde sie festbinden. Im übrigen führe ich hier das Kommando!«
Wohl oder übel mußte Gauthier nachgeben, aber Cathérine hatte flüchtig den zorngeladenen Blick aufgefangen, den er dem jungen Schotten zuwarf und den dieser gar nicht zu bemerken schien. MacLaren gehörte anscheinend zu der Sorte Menschen, denen nie Zweifel über den einzuschlagenden Weg kommen, die sich mit Entschlossenheit für etwas einsetzen und niemals wieder von vorn anfangen, was auch immer die Konsequenzen sein mögen. Nachdem er sie mittels eines Sattelgurtes fest an sich gebunden hatte, ritt er an die Spitze des Zuges.
Die Schotten und die vier Flüchtlinge drangen in das wilde und furchtbare Gebirgsmassiv des Cantal ein.
An MacLarens Rücken gelehnt, überließ sich Cathérine den Schritten des Pferdes. Das einsame Gebirge, seine erloschenen, von Wäldern bedeckten Vulkane und tiefen Felstäler hüllten sie bald mit ihrer Stille ein, die der Winter noch tiefer machte. Die Häuser der seltenen Weiler, die einsamen Sennhütten, die sie sichteten, blieben hermetisch geschlossen, um die Wärme von Mensch und Tier zu bewahren. Allein die dünnen grauen Rauchfahnen, deren flüchtige Arabesken sich gegen das Weiß des Schnees abzeichneten, deuteten an, daß hier Leben war. In den Häuschen aus schwarzer Lava drängten sich die Bauern um ihre kleinen rötlichen, struppigen Kühe, die, wenn der Sommer kam, auf das dichte grüne Gras der Wiesen die roten Farbkleckse ihres Fells setzen würden … Cathérine dachte, daß dieses rauhe Land schön sei, selbst unter dem Schnee, der seine harten Akzente unterstrich.
Ein seltsames Wohlbefinden befiel sie trotz des dumpfen Schmerzes in ihrer Schulter, trotz des Fieberanflugs, der in ihren Adern aufstieg. Der Mann, an den sie gebunden war, teilte ihr seine Wärme mit. Sein kräftiger Körper bot einen festen Schutz gegen den schneidenden Wind. Sie ließ den Kopf gegen seinen Rücken sinken und schloß die Augen. Der seltsame Eindruck überkam sie, als binde sie etwas viel Engeres als der Sattelgurt an diesen Unbekannten … und doch hatte sie MacLaren noch nie wirklich angesehen. Vergraben in ihren hochmütigen Schmerz, in ihre schwarzen Schleier fester eingeschlossen als in ein Kloster,
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