Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Cathérine de Montsalvy

Titel: Cathérine de Montsalvy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benzoni Juliette
Vom Netzwerk:
verschwammen die Männer, die Carlat bewachten, und besonders diese von weit her gekommenen Fremden vor ihren Augen, die nur noch das Unsichtbare sahen. Paradoxerweise fand sie unter ihrem Aufputz als junger Bursche zu ihrer wahren weiblichen Natur zurück. Und trotz der verzweifelten, unwiederbringlichen Liebe, die in ihrem Herzen wohnte, hatte sie nicht umhingekonnt, die fremdartige Schönheit MacLarens zu bemerken.
    Von hohem Wuchs, grenzte seine Schlankheit an Magerkeit, aber dieser lange Körper hatte die nervöse Biegsamkeit einer Degenklinge. Das hagere Gesicht bot das arrogante Profil eines Raubvogels, ein schmaler Mund und die eckigen Kiefer ließen auf ungeheuren Starrsinn schließen. Die gletscherblauen Augen blickten spöttisch, ohne Zärtlichkeit, waren tief unter den dichten hellen Brauen eingesunken. Das ziemlich lange Haar war von matter Blondheit, fast silbrig, und wenn MacLaren lächelte, hoben sich seine Lippen nur auf einer Seite, ein drolliges Lächeln im Mundwinkel, unverschämt und kurz, das nicht bis zu den Augen vordrang.
    Als er eben Cathérine um die Taille gefaßt hatte, um sie auf sein Pferd zu setzen, hatte er sie tief angeblickt. Ein Blick, der sie wie ein Dolch durchbohrte. Und dann hatte er gelächelt, ohne ein Wort zu sagen. Aber vor diesem Unbekannten und seinem kaum merklichen Spott hatte sie sich seltsam entwaffnet gefühlt. Der Blick schien zu bedeuten, daß die Dame Cathérine ohne ihre Trauerschleier eben auch nur eine Frau wie andere Frauen war, eine Frau, die man schließlich erobern konnte. Und Cathérine konnte sich nicht schlüssig werden, ob dieser Eindruck angenehm war oder nicht.
    Als man, nachdem es Abend geworden war, in der Scheune eines verschreckten Bauern Rast machte, der das Schwarzbrot und das Stück Ziegenkäse nicht zu verweigern wagte, überkam die junge Frau dasselbe Gefühl. Sara hatte sich so weit wie möglich von den Männern niedergelassen, aber um von dem zwischen drei Steinen angezündeten Feuer Vorteil ziehen zu können, war dieser Abstand nicht sehr groß. Cathérine war erstarrt, todmüde, und die durch den Ritt gereizte Wunde machte ihr zu schaffen. Das Blut klopfte schwer in ihrem Arm und in den Schläfen, doch trotz allem wollte sie versuchen zu schlafen, als MacLaren zu ihr trat.
    »Ihr seid krank«, sagte er, ihr seinen hellen, unerträglichen Blick zuwerfend. »Diese Wunde muß anders behandelt werden, als es geschehen ist. Zeigt sie mir.«
    »Ich habe alles getan, was zu tun war«, bockte Sara. »Man kann nichts anderes mehr versuchen. Man kann nur auf die Heilung warten.«
    »Man sieht, daß Ihr noch nie Verwundungen behandelt habt, die von Bärentatzen herrühren«, entgegnete der Schotte mit seinem kurzen, dünnlippigen Lächeln. »Ich sagte, zeigt mir das!«
    »Laßt sie in Ruhe«, sagte hinter ihm die dunkle Stimme Gauthiers. »Ihr werdet Dame Cathérine nicht gegen ihren Wunsch berühren.«
    Zwischen dem Feuer und MacLaren erhob sich die hohe Gestalt des Normannen, und Cathérine dachte, wie sehr er einem der Bären ähnelte, von denen der Leutnant eben gesprochen hatte. Sein Gesicht trug einen drohenden Ausdruck, und seine große Hand griff nach der in seinem Gürtel steckenden Streitaxt. Cathérine merkte voll Angst, daß die beiden Männer, im Begriff waren, aufeinander loszugehen. In der Tat antwortete MacLaren verächtlich:
    »Du fängst an, mich in Wut zu bringen, Freundchen! Bist du der Schildknappe Dame Cathérines oder ihre Amme? Reg dich nicht auf … Ich will sie nur heilen, sofern du nicht vorziehst, daß ihre Schulter brandig wird.«
    »Es geht mir sehr schlecht, Gauthier«, warf Cathérine beschwichtigend ein. »Wenn er etwas tun kann, um mir Linderung zu verschaffen, wäre ich ihm dankbar. Hilf mir, Sara …«
    Gauthier antwortete nichts. Er wandte sich auf dem Absatz um und hockte sich mit gebeugtem Rücken in die entlegenste Ecke. Sein Gesicht wirkte wie aus Stein. Inzwischen hatte Cathérine, von Sara gestützt, sich erhoben und wickelte das riesige Stück Wollstoff ab, mit dem sie gleichzeitig bekleidet und drapiert war.
    »Dreht euch um!« befahl Sara einigen Soldaten, die noch nicht schliefen.
    Sie half ihr aus dem enganliegenden flanellenen Männerrock und dem Panzerhemd, und als Cathérine nur noch die straffen Beinkleider und das rauhe safranfarbene Hemd trug, hieß sie sie, sich wieder zu setzen, und öffnete selbst das Hemd, um die verwundete Schulter frei zu machen. Ein Knie auf dem Boden, wartete MacLaren,

Weitere Kostenlose Bücher