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Cathérine de Montsalvy

Titel: Cathérine de Montsalvy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benzoni Juliette
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brannte auch die Feuerpfanne. Jacques Coeur hob die Hand, um Halt zu gebieten, und näherte sich Cathérine.
    »Wir müssen fast direkt vor der Nase des Postens vorbei. Dafür gibt es nur ein Mittel: ihn beschäftigen!« flüsterte er.
    »Aber wie?«
    »Ich glaube, das geht Bruder Etienne an. Unglaublich, was man mit einer Franziskanerkutte alles anstellen kann!«
    Ohne Zweifel wollte Cathérine um weitere Erklärungen bitten, doch der Mönch reichte Jacques Coeur bereits die Zügel seines Pferdes.
    »Laßt mich machen! Paßt nur den richtigen Augenblick ab, und macht sowenig Lärm wie möglich.«
    Der Mönch streifte seine Kapuze wieder über den Kopf, schob die Hände in seine Ärmel und machte sich beherzt auf den Weg, dem Lichtklecks entgegen, in dem der auf seine Lanze gestützte Soldat friedlich döste. Gedeckt hinter ihrer Strebemauer, hielten die anderen den Atem an. Das Geräusch der Schritte des Mönchs hatte den Soldaten aufgeschreckt. Hastig richtete er sich auf.
    »Wer ist da?« fragte er mit vor Müdigkeit heiserer Stimme. »Was wollt Ihr, Pater?«
    »Ich bin Pater Ambrosius vom Kloster Saint-Jean«, log der Kapuziner mit prächtiger Sicherheit. »Ich komme, um dem im Sterben liegenden Mann die Sakramente zu geben.«
    »Jemand liegt im Sterben?« fragte der Soldat erstaunt. »Wer soll denn das sein?«
    »Wie kann ich das wissen? Einer von euch kam und bat um einen Priester, der die Beichte abnehmen soll. Mehr hat man mir nicht gesagt!«
    Der Posten schob seinen Helm zurück und kratzte sich den Kopf. Offensichtlich wußte er nicht, wozu er sich entschließen sollte. Schließlich schulterte er seine Waffe.
    »Ich hab' diesbezüglich keine Befehle, Pater. Folglich kann ich's auch nicht auf mich nehmen, Euch Einlaß zu gewähren. Geduldet Euch einen Augenblick!«
    »Beeilt Euch, mein Sohn!« sagte Bruder Etienne mürrisch. »Der Wind ist schneidend!«
    Der Mann verschwand unter dem niedrigen Spitzbogen des Ausfalltors. Er ging zur Wachstube, um Instruktionen einzuholen.
    »Jetzt!« flüsterte Jacques Coeur.
    Sie verließen ihre Deckung und überquerten schnell das erleuchtete Gelände. Die mit Tüchern umwickelten Hufe der Pferde verursachten kein Geräusch. Drei Herzschläge, und schon waren sie wieder ins Dunkel getaucht, aber Cathérines Atem ging so heftig, als hätte sie einen langen Lauf hinter sich. Der Winkel eines Turmvorsprungs bot den Flüchtigen neue Zuflucht. Inzwischen erschien der Soldat von neuem.
    »Entschuldigt, Pater, aber man hat Euch schlecht informiert! In dieser Nacht liegt niemand im Sterben.«
    »Aber ich bin sicher …«
    Der Mann schüttelte mißbilligend und ehrlich betrübt den Kopf.
    »Es kann nur ein Irrtum sein. Oder vielleicht hat jemand einen Schabernack mit Euch getrieben …«
    »Einen Schabernack? Und das einem Diener des Herrn? Oh, mein Sohn!« entrüstete sich der Mönch mit vollkommener Unbefangenheit.
    »Verflixt! In den unglücklichen Zeiten, in denen wir leben, Pater, darf man über rein gar nichts erstaunt sein. An Eurer Stelle würd' ich mich tummeln und schleunigst zu Eurem Ofen zurückkehren!«
    Bruder Etienne hob die Schultern und zog seine Kapuze tiefer über sein Gesicht.
    »Da ich nun schon mal draußen bin, werd' ich zum Clermonttor gehen und die alte Marie besuchen, der es sehr schlecht geht! Die Nächte sind lang, wenn der Tod sich nähert, und in den ersten Morgenstunden ist die Todesangst meist am schlimmsten! Gott behüte Euch, mein Sohn!« Bruder Etienne erteilte flüchtig seinen Segen und verließ dann den Lichtkreis, während der Soldat sich neuerlich auf seine Waffe stützte und seine trübsinnige Wache wiederaufnahm.
    Einige Augenblicke später war der Franziskaner wieder bei den drei anderen angelangt. Je weiter die Nacht fortschritt, desto schärfer wurde die Kälte, und hinter der dicken, rauhen Mauer der Stadt, in deren Schutz sich ein paar baufällige, dem Untergang geweihte Häuser duckten, hörte man den Wind pfeifen und ungehindert über das Hochplateau fegen. Wortlos hatte Jacques Coeur sich wieder an die Spitze des kleinen Trupps gesetzt. Man wand sich jetzt durch einen engen Schlauch, der sich zwischen der Stadtmauer und der des Schlosses hinzog und in einer Sackgasse endete. Vom Boden stiegen unerträgliche Gerüche auf, so stark, daß selbst die Kälte sie nicht zu mildern vermochte. Cathérine, die mutig gegen den Brechreiz ankämpfte, hatte das Gefühl, in eine klebrige, feuchte Welt einzudringen, in der die Luft sich in

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