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Cathérine de Montsalvy

Titel: Cathérine de Montsalvy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benzoni Juliette
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hatte, um sich gegen die Kälte zu schützen, und reichte ihr die Hand, um ihr aufzuhelfen, während sie Bruder Etienne zulächelte.
    »Ich habe euch warten lassen, verzeiht! Maître Coeur hat mir aufgetragen, euch Lebewohl zu sagen. Und nun auf den Weg!«
    Ohne ein Wort zu sagen, setzten sie sich in Marsch. Der Weg schwenkte nach links, fiel zuerst ab und führte an einem Weiher entlang. Die Mondsichel zeigte sich plötzlich am schwarzen Himmel, überzog ihn mit einem leichten Glanz und ließ die Konturen deutlicher hervortreten. Wieder zu Pferd gestiegen, wandte Cathérine sich um. Das schwache Licht gestattete ihr, noch einmal die Silhouette Jacques' zu sehen, dessen Mantel im Wind flatterte. Ohne sich umzuwenden, ritt er den Hügel hinauf.
    Die junge Frau stieß einen Seufzer aus und richtete sich im Sattel auf. Diese sentimentale Schwäche, die sie für einen Moment fast überwältigt hatte, sollte die letzte vor dem Sturz La Trémoilles sein. In der gefährlichen Landschaft des Hofes, wo sie sich betätigen wollte, gab es keinen Platz für derlei Dinge.
     

     
     
     

Zweiter Teil
     
    Die Rache

Fünftes Kapitel
    In der tiefen Nische eines Fensters des Schlosses von Angers stehend, blickte Cathérine zerstreut hinaus. Sie war nach den Reisetagen so müde, daß sie kaum mehr fähig war, sich für ihre Umgebung zu interessieren. Als sie vor kurzem mit Sara und Bruder Etienne die Loire erreicht hatte, wäre sie um ein Haar vor Erschöpfung in Ohnmacht gefallen, von den überstandenen Schrecken gar nicht zu reden. Zwölf Tage lang durch das von Elend und Hungersnot verwüstete Limousin, durch die Mark und Poitou, wo die blutigen Zeichen der englischen Unterdrückung überall frisch und unheilverkündend zu sehen waren, hatten die drei Reisenden um ihr Leben gerungen, gegen die Kälte, gegen die Menschen, selbst gegen die Wölfe, die bis zu den Toren der Scheunen vordrangen, welche sehr oft die einzige Zuflucht bildeten. Essen war ein Problem geworden, und jede Mahlzeit, von Tag zu Tag seltener, war ein schwieriges Abenteuer. Ohne die Abteien, die sich ihnen dank der Kutte des Franziskaners oder dem Geleitbrief der Königin Yolande öffneten, wären Cathérine und ihre Gefährten ohne Zweifel elendiglich Hungers gestorben und hätten den königlichen Strom nie erreicht. Naiverweise hatte sich die junge Frau vorgestellt, wenn sie erst einmal das Herzogtum Anjou, Yolandes Lieblingsland, erreiche, werde sich der ganze Alptraum in Rauch auflösen. Aber es war eher noch schlimmer gekommen!
    Unter dem sintflutartigen Regen, der sie an den Grenzen des Herzogtums empfangen hatte, waren Cathérine und ihre Freunde durch die im vergangenen Herbst von den Landsknechten Villa-Andrados verwüsteten Ländereien geritten. Sie hatten derart heimgesuchte Dörfer gesehen, daß keine Seele mehr in ihnen übriggeblieben war, um die Leichen zu bestatten; erst der Winter hatte die Geschäfte des Totengräbers besorgt. Sie hatten herausgerissene Rebstöcke gesehen, Felder, auf denen in diesem Frühjahr nicht einmal mehr Gras wachsen würde, aufgebrochene Kirchen, niedergebrannte Abteien und Burgen, schwarze Einöden, da und dort von krummen Pfählen, die einstmals Bäume gewesen waren, durchsetzt; sie hatten die Reste der verbrannten Wälder und die Skelette der am Wegrand verendeten Tiere gesehen, so, wie die Wölfe sie zurückgelassen hatten.
    Sie hatten, in Höhlen geflüchtet, wohin Angst und bittere Not sie trieben, Männer, Frauen, Kinder gesehen, die viel eher wilden Tieren als menschlichen Wesen ähnelten und vor denen sie hatten fliehen müssen. Für diese Elenden war jeder Reisende eine mögliche Beute. Eines Abends waren sie aus den Klauen einer dieser Horden mit knapper Not durch die Polizisten der Herzogin-Königin gerettet worden, die ein mit Proviant beladenes Fuhrwerk eskortierten, das der schwer geprüften Bevölkerung Hilfe brachte.
    Als endlich die wie geschlossene Schanzen befestigte Ponts-de-Ce mit ihren vier Brücken, die drei Inseln und die Burgfeste verbanden, sich vor ihnen erhoben hatten, konnte sich Bruder Etienne trotz seines Muts und seiner Selbstbeherrschung nicht enthalten zu murmeln:
    »Endlich am Ziel!«
    Auf Grund seines Geleitbriefs konnten sie ohne die geringste Schwierigkeit passieren, und bald hatten sich die mächtigen Mauertore von Angers zu ihrer großen Erleichterung hinter ihnen geschlossen. Doch wenn die herzogliche Residenz auch die Verheerungen des Kastiliers nicht zu erdulden gehabt

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