Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Cathérine de Montsalvy

Titel: Cathérine de Montsalvy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benzoni Juliette
Vom Netzwerk:
unter den langen grauen Haarsträhnen, die unter einem roten Tuchfetzen, der nach Art eines Turbans um den Kopf drapiert war, herausquollen. Wider ihren Willen betrachtete Cathérine sie mit Entsetzen, weil diese Frau für sie die Heirat verkörperte, zu der das Schicksal sie zwang.
    Die Alte hielt sich aufrecht inmitten der Alten des Stammes, von den lodernden Flammen beleuchtet, die die scharfen Züge ihres Gesichts noch stärker hervortreten ließen. Die Tamburine und Ratschen verursachten einen wilden Lärm, in den sich die Schreie der Frauen und der Gesang der Männer mischten. Der Krach war ohrenbetäubend. Als das Paar vor ihr stehenblieb, streckte die Phuri Daï zwei zerbrechliche, wie Vogelklauen aussehende Hände aus ihren Lumpen und ergriff ein Stück Schwarzbrot, das ein großer, bärtiger Zigeuner ihr reichte. Plötzlich trat Stille ein, und Cathérine begriff, daß der entscheidende Augenblick gekommen war. Sie mußte die Zähne zusammenbeißen, um nicht zu schreien, um sich gegen die aufquellende Panik zu wehren. Sollte denn wirklich nichts diese makabre Farce verhindern?
    Die pergamentenen Hände brachen das Brot in zwei Stücke. Dann nahm die Alte etwas Salz, das man ihr in einer kleinen Silberschale reichte, denn Salz war etwas Seltenes und außerordentlich Kostbares. Sie streute etwas davon auf jedes der beiden Brotstücke, reichte eines Cathérine und das andere Fero.
    »Wie ihr dieses Brots und dieses Salzes überdrüssig werdet«, sagte sie, »so werdet ihr auch einander überdrüssig werden. Jetzt tauscht eure Brotstücke.«
    Trotz allem durch den feierlichen Ton der Alten beeindruckt, nahm Cathérine mechanisch das Brot, das Fero ihr reichte, und bot ihm das ihre. Beide bissen gleichzeitig in die harte Kruste. Die Augen des Anführers ruhten unverwandt in denen der jungen Frau, und sie mußte die ihren für einen Moment schließen, unfähig, die brutale, primitive Leidenschaft zu ertragen, die die seinen offenbarten … Gleich würde sie ihm wieder angehören, doch diesmal ohne die geringste Lust dazu. Nicht nur, daß sie Fero nicht begehrte, sondern ihr Körper lehnte sich schon im voraus gegen das auf, was folgen würde.
    »Jetzt den Krug«, sagte die Alte.
    Man reichte ihr einen irdenen Krug, den sie mit Hilfe eines Steins über den Köpfen der beiden jungen Leute zerschlug. Einige Weizenkörner fielen heraus. Und alsbald kauerte sich die Alte nieder und zählte die Scherben.
    »Es sind sieben Stück«, sagte sie, die Augen zu Cathérine erhebend. »Sieben Jahre, Tchalaï, wirst du Fero angehören!«
    Mit einem Triumphgeschrei packte der Zigeunerführer Cathérine an den Schultern und zog sie an sich, um sie zu umarmen. Wie betäubt lehnte sie sich an seine Brust, während der Stamm in Freudenrufe ausbrach. Doch bevor Feros Lippen die der jungen Frau berührten, stürzte ein Mädchen mit nachtschwarzem Haar aus dem Dunkel und riß Cathérine mit brutaler Kraft aus den Armen, die sie umfingen.
    »Einen Augenblick, Fero! Ich bin auch noch da, und du hast mir geschworen, daß ich deine einzige Frau sein würde!«
    Um ein Haar hätte Cathérine vor Erleichterung aufgeschrien. Sie stand jetzt vier Schritte von Fero entfernt, durch dieses Mädchen von ihm getrennt, das sie wie eine Wundererscheinung anstarrte. Die Neue hatte ein kühnes Gesicht – kupferfarbenen Teint, kleine Adlernase, mandelförmige, leicht geschlitzte Augen, glatte Zöpfe – und trug ein rotes Seidenkleid, das seltsam elegant unter all diesen Lumpen wirkte. Eine Goldkette blitzte an ihrem Hals. Aber Feros Verblüffung war nicht gespielt.
    »Dunicha! Du warst schon so viele Tage verschwunden! Ich glaubte dich tot!«
    »Und das hat dich sicherlich tief bekümmert, nicht wahr? Wer ist die da?«
    Sie deutete mit einer rachsüchtigen Bewegung, die nichts Gutes verhieß, auf Cathérine. Zweifellos war es eins der beiden Mädchen, die La Trémoille sich vor vierzehn Tagen aufs Schloß geholt hatte. Warum mußte die Zigeunerin sie auf Anhieb wie eine Feindin mustern, dachte Cathérine, jetzt, da sie darauf brannte, ihr eine Menge Fragen über die Gewohnheiten des Schlosses zu stellen?
    Während sie darüber nachsann, nahm der Streit zwischen Dunicha und Fero an Schärfe zu. Der Zigeunerführer verteidigte sich barsch gegen den Vorwurf, ihr untreu gewesen zu sein. Da seine künftige Frau nicht auf dem Schloß getötet worden sei, hätte sie ihn wissen lassen müssen, daß sie noch lebte. Was ihn betreffe, so sei er jetzt regulär

Weitere Kostenlose Bücher