Cato 02 - Im Auftrag des Adlers
mir, drei der anderen müssten aus der Legion entlassen werden. Sie werden heute Nachmittag zur Küste transportiert. Ende des Jahres sollten sie wieder in Rom sein.«
»Und dann?« Macro schüttelte traurig den Kopf. »Eine einmalige Sonderzahlung als Pensionsvergütung, und den Rest ihres Lebens müssen sie betteln gehen. Wunderbare Aussichten.«
Cato nickte. Als Kind hatte er die verkrüppelten Veteranen in den dreckigen Nischen des Forums um Almosen betteln sehen. Nach dem Verlust eines Arms oder Beins oder einer anderen schwerwiegenden Verletzung blieb ihnen meist keine andere Wahl. Für so jemanden wäre der sofortige Tod vielleicht gnädiger gewesen. Plötzlich stellte er sich vor, wie er selbst als Krüppel dazu verurteilt wäre, in Armut zu leben, bemitleidenswert und der Lächerlichkeit preisgegeben. Cato erschauerte. Er hatte keine Familie, die ihn dann unterstützen würde. Der einzige Mensch außerhalb der Armee, dem etwas an ihm lag, war Lavinia. Sie war jetzt weit von ihm, befand sich mit den anderen Sklaven und Sklavinnen im Haushalt ihrer Herrin Flavia, der Ehefrau des Oberbefehlshabers der Zweiten Legion, auf dem Weg nach Rom. Cato konnte nicht hoffen, dass Lavinia im schlimmsten aller Fälle einen Krüppel würde lieben können. Er wusste, er würde weder ihr Mitleid ertragen können noch dass sie aus falschem Pflichtgefühl mit ihm zusammenbliebe.
Macro spürte eine Veränderung in der Körperhaltung des jungen Mannes. Sonderbar, wie eindringlich er die Stimmungen des Burschen inzwischen wahrnahm. Jeder Optio, den er bisher gekannt hatte, war einfach nur ein ehrgeiziger Legionär gewesen, doch Cato war anders. Ganz entschieden anders. Der intelligente, belesene Junge hatte sich als Soldat bewährt, war aber dennoch sonderbar selbstkritisch. Falls er lange genug am Leben blieb, würde Cato sich mit Sicherheit eines Tages einen Namen machen. Macro verstand nicht, warum der Optio sich dessen anscheinend nicht bewusst war, und betrachtete Cato meist mit einer Mischung aus vorsichtiger Belustigung und Bewunderung.
»Keine Sorge, Junge. Du kommst hier heil wieder raus. Wenn es dich hätte erwischen sollen, dann wäre das inzwischen schon passiert. Du hast schon das Schlimmste überlebt, womit das Leben einen Legionär heimsuchen kann. Da wirst du dich bestimmt noch eine Weile hier herumtreiben, also Kopf hoch.«
»Ja, Herr«, antwortete Cato ruhig. Macros Worte waren ein leerer Trost, wie der Tod der Besten unter den Soldaten – zum Beispiel Bestias – ja bewies.
»Also gut, wo waren wir stehen geblieben?«
Cato schaute auf sein Wachstäfelchen. »Der letzte der Verwundeten im Lazarett erholt sich gut. Eine Schwertwunde im Schenkel. In ein paar Tagen dürfte er wieder auf den Beinen sein. Dann haben wir noch vier marschierfähige Verwundete. Die sind bald wieder einsatzbereit. Bleiben im Moment achtundfünfzig kampffähige Männer, Herr.«
»Achtundfünfzig.« Macro runzelte die Stirn. Die Sechste Zenturie war von den Briten schlimm dezimiert worden. Mit achtzig Mann waren sie auf der Insel gelandet. Jetzt, nur wenige Tage später, hatten sie siebzehn endgültig verloren.
»Gibt es irgendwelche Neuigkeiten über Ersatzkräfte, Herr?«
»Die kriegen wir erst, wenn unsere Führung die Verschiffung der Reserve in Gallien organisiert hat. Es wird mindestens eine Woche dauern, bevor die Legionäre von Gesoriacum aus über die gallische Meerenge geschickt werden. Das heißt, die stoßen erst nach der nächsten Schlacht zu uns.«
»Die nächste Schlacht?« Cato setzte sich eifrig auf. »Was denn für eine Schlacht, Herr?«
»Jetzt mal langsam, Junge.« Macro lächelte. »Bei der Einsatzbesprechung haben wir es vom Legaten erfahren. Vespasian seinerseits weiß es vom General. Anscheinend müssen die Legionen einen Fluss überqueren. Einen hübsch großen, breiten Fluss. Auf der anderen Seite erwartet uns dann Caratacus mit seiner Armee – Streitwagen und allem.«
»Wie weit von hier, Herr?«
»Ein Tagesmarsch. Die Zweite wird wohl morgen am Fluss eintreffen. Aulus Plautius hat offensichtlich nicht vor, dort längere Zeit nutzlos zu verweilen. Schon am Tag darauf wird der Angriff losgehen, frühmorgens, sobald wir in Position sind.«
»Wie kommen wir denn an sie heran?«, fragte Cato. »Ich meine, wie kommen wir über den Fluss? Gibt es eine Brücke?«
»Sag mal, glaubst du wirklich, die Briten würden extra für uns so ein Ding stehen lassen?« Macro schüttelte müde den Kopf. »Nein,
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