Cato 03 - Der Zorn des Adlers
genug wäre, nach meinen Anweisungen den Weg hierher zu finden. «
»Schau mal, Boudica. Das hier ist gefährlich. Ich habe mich dafür entschieden, hier zu bleiben. Aber ich will nicht auch noch dein Leben auf dem Gewissen haben. Bitte.«
»Ich bin so bald wie möglich zurück.«
Cato seufzte. Mit dieser verdammten Frau ließ sich einfach nicht reden, und er konnte Boudica nicht daran hindern, ihren Kopf durchzusetzen. »Wie du meinst.«
»Na gut, dann wollen wir jetzt Macro aufs Pferd setzen.«
Mit Prasutagus’ Hilfe wurde Macro vorsichtig vom Boden gehoben und in den Sattel gesetzt, wo man ihn am hohen Vorderzwiesel festband. Der dick verbundene Kopf hing ihm auf die Brust, und zum ersten Mal seit seiner Verwundung murmelte er unverständlich vor sich hin.
»So hab ich ihn seit unserer letzten Zechtour nicht mehr reden hören«, murmelte Boudica. Dann wandte sie sich an Julia und schob das Mädchen zum anderen Pferd. »Rauf mit dir.«
Julia rührte sich nicht von der Stelle und starrte die riesige Pferdegestalt schweigend an. Boudica kam plötzlich ein unangenehmer Gedanke.
»Du kannst doch reiten, oder?«
»Nein … Ein wenig.«
Boudica nahm das Eingeständnis mit verblüfftem Schweigen auf. Jeder Kelte, gleich ob Junge oder Mädchen, lernte fast früher reiten als laufen. Es war ihm so selbstverständlich wie das Atmen. Sie drehte sich zu Cato um.
»Ihr Römer beherrscht doch ein Imperium, oder?«
»Natürlich.«
»Und wie kommt ihr dann von einem Ort zum anderen? Doch nicht etwa zu Fuß?«
»Einige Römer reiten«, entgegnete Cato säuerlich. »Jetzt genug der Worte. Los mit euch.«
Prasutagus hob das Mädchen in den Sattel und drückte ihm die Zügel in die unsicheren Hände. Als Boudica aufgesessen war, nahm sie die Zügel von Macros Pferd und schnalzte mit der Zunge. Ihr Pferd war noch immer erschöpft, und sie musste es kräftig antreiben, bevor es sich in Bewegung setzte.
»Pass auf meinen Zenturio auf!«, rief Cato ihr nach.
»Mach ich«, antwortete sie leise. »Und pass du auf meinen Verlobten auf.«
Cato drehte sich nach Prasutagus’ riesenhafter Gestalt um und fragte sich, was es da wohl aufzupassen gab.
»Gib Acht, dass er keinen Unfug anstellt«, fügte Boudica hinzu, bevor die Pferde in der Dunkelheit verschwanden.
»Ach so.«
Prasutagus und Cato standen Seite an Seite da, bis die letzten Hufschläge der Pferde verklungen waren. Cato überlegte, wie er dem Iceni-Krieger klar machen sollte, dass jetzt er das Kommando führte, und wandte sich hüstelnd ihm zu.
»Wir müssen jetzt schlafen.«
»Ja, schlafen.« Prasutagus nickte. »Gut.«
Sie legten sich auf das weiche Nadelbett des Waldbodens. Cato hüllte sich dicht in seinen Umhang, rollte sich zusammen und legte den Kopf auf einen Arm. Durch die Lücken im Laubwerk funkelten Sterne, die er durch den Dunst seines Atems sah. In einer anderen Lage hätte er gewiss über die Schönheit des nächtlichen Waldes gestaunt, doch heute kamen ihm die Sterne hart und abweisend vor. Trotz seiner Erschöpfung fand er keinen Schlaf. Die Erinnerung daran, wie er Herrin Pomponia und ihren verängstigten Sohn hatte im Stich lassen müssen, drängte sich wieder und wieder in seine Gedanken und ließ ihn in Verzweiflung über seine Machtlosigkeit versinken. Als dieses Bild verblasste, wich es dem grauenhaften Anblick von Macros Wunde, und sosehr er auch zu den Göttern betete, Macro zu verschonen, war er doch lange genug in der Armee gewesen, um zu wissen, dass eine solche Wunde fast mit Sicherheit tödlich war. Das war die kühle medizinische Einschätzung, doch in seinem Herzen konnte Cato einfach nicht glauben, dass sein Zenturio sterben würde. Nicht Macro. Hatte er nicht im letzten Sommer dieses Selbstmordkommando im Sumpfgebiet der Tamesis überlebt? Wenn er damals zurückgekehrt war, dann würde er doch auch gewiss dies hier überleben. Prasutagus neben ihm rührte sich im Dunkeln.
»Cato.«
»Ja?«
»Morgen wir töten Druiden. Ja?«
»Nein. Morgen wir beobachten Druiden. Und jetzt ruh dich aus.«
»Hm«, schnaufte Prasutagus und glitt langsam in den tiefen, regelmäßigen Atemrhythmus des Schlafes.
Cato seufzte. Macro war weg, und jetzt hatte er diesen verrückten Kelten am Hals. Es ließ sich nicht bestreiten, dass er ein guter Kämpfer war, aber in diesem riesigen Körper arbeitete nur ein winziges Gehirn. Das Leben schaffte es eigenartigerweise mühelos, eine unmögliche Situation noch zu verschlimmern.
30
Früh am
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