Cato 03 - Der Zorn des Adlers
Augen flehten verzweifelt.
»Wir müssen los, Cato«, drängte Boudica leise. »Wir müssen. Der entkommene Druide wird die anderen holen. Wir haben keine Zeit. Wir müssen von hier verschwinden.«
Cato stürzte in ein schwarzes Loch der Verzweiflung. Boudica hatte Recht. Wenn sie Herrin Pomponia nicht den Fuß abhacken wollten, gab es keine Möglichkeit, sie vor der Rückkehr der Druiden zu befreien.
»Du könntest es mir erleichtern«, sagte Herrin Pomponia mit einem vorsichtigen Nicken in Richtung der Kinder. »Aber schafft sie erst von hier fort.«
Cato gefror das Blut in den Adern. »Das ist doch nicht dein Ernst?«
»Doch, natürlich. Besser als bei lebendigem Leibe verbrannt zu werden.«
»Nein … Ich kann das nicht.«
»Bitte«, flüsterte sie. »Ich bitte dich. Hab Erbarmen.«
»Los jetzt!«, unterbrach Prasutagus sie laut. »Sie kommen! Schnell, schnell!«
Instinktiv zog Cato das Schwert und näherte die Spitze Herrin Pomponias Brust. Sie kniff die Augen zusammen.
Boudica schlug die Klinge zur Seite. »Nicht vor den Augen der Kinder! Ich will sie erst aufs Pferd setzen.«
Zu spät. Der Junge hatte verstanden, worum es ging, und seine Augen weiteten sich vor Entsetzen. Bevor Boudica oder Cato reagieren konnte, war er wieder in den Wagen geklettert und umklammerte seine Mutter. Boudica packte Herrin Pomponias Tochter am Arm, bevor sie ihrem Bruder folgen konnte.
»Lasst sie in Ruhe!«, schrie er, und Tränen liefen ihm über die schmutzigen Backen. »Rührt sie nicht an. Ich lass nicht zu, dass ihr meiner Mutter wehtut!«
Cato senkte das Schwert und murmelte: »Ich kann es nicht tun.«
»Du musst«, zischte Herrin Pomponia über den Kopf ihres Sohnes hinweg. »Nimm ihn da weg, sofort!«
»Nein!«, schrie der Junge und umklammerte ihren Arm fest mit beiden Händen. »Ich lass dich nicht zurück! Bitte, Mutter, bitte, schick mich nicht weg!«
Außer dem Geschrei des Jungen hörte Cato jetzt noch etwas anderes: leise Rufe aus der Richtung der Festung. Der Druide, der dem Hinterhalt entkommen war, musste seine Gefährten erreicht haben. Es war kaum noch Zeit.
»Ich mache das nicht«, erklärte Cato fest. »Ich finde einen Ausweg, das verspreche ich.«
»Was denn für einen Ausweg?«, heulte Herrin Pomponia, die nun doch ihr Patriziertum vergaß und die Selbstbeherrschung verlor. »Man wird mich bei lebendigem Leibe verbrennen!«
»Nein, bestimmt nicht. Das schwöre ich. Ich befreie dich. Ich schwör’s.«
Herrin Pomponia schüttelte hoffnungslos den Kopf.
»Jetzt gib mir deinen Sohn.«
»Nein!«, schrie der Junge und rutschte zappelnd von Cato weg.
»Druiden kommen!«, rief Prasutagus, und alle hörten das ferne Hufgetrommel.
»Nimm das Mädchen und los!«, befahl Cato Boudica.
»Wohin?«
Cato überlegte eilig und vergegenwärtigte sich die Landschaft, die sie heute im Laufe des Tages durchritten hatten.
»Der Wald, durch den wir gekommen sind, vielleicht vier oder fünf Meilen zurück. Reite dorthin. Jetzt sofort!«
Boudica nickte, packte das Mädchen am Arm und lief zwischen die Bäume, wo sie die Pferde losband. Cato rief Prasutagus und zeigte auf Macro, der noch immer wie leblos dalag.
»Du nimmst ihn. Folge Boudica.«
Der Iceni-Krieger nickte und hob Macro mühelos hoch.
»Vorsichtig!«
»Vertrau mir, Römer.« Prasutagus blickte Cato kurz an, machte dann kehrt und lief mit seiner Last zu den Pferden, während Cato beim Wagen allein zurückblieb.
Herrin Pomponia packte ihren Sohn beim Handgelenk. »Aelius, du musst jetzt los. Sei ein braver Junge. Tu, was ich dir sage. Ich komme schon zurecht. Aber du musst jetzt los.«
»Nein«, schluchzte der kleine Junge. »Ich lass dich nicht allein, Mama.«
»Du musst.« Sie hielt ihn weiter bei den Handgelenken gepackt und schob ihn gewaltsam auf Cato zu. Aelius kämpfte wie wild gegen ihren Griff an. Cato packte ihn um den Bauch und zog ihn mit sanfter Gewalt aus dem Wagen. Seine Mutter sah ihm mit Tränen in den Augen nach, wohl wissend, dass sie ihren kleinen Sohn niemals wiedersehen würde. Aelius wand sich heulend in Catos Umklammerung. Nicht weit entfernt hörte man das Trommeln von Hufen auf Holz. Die Druiden hatten die Brücke erreicht. Boudica und Prasutagus warteten zu Pferd am Waldrand. Das Mädchen saß reglos und stumm vor Boudica. Prasutagus, der mit der einen Hand den Zenturio festhielt, streckte Cato die Zügel des letzten Pferdes entgegen, und Cato schob den Jungen auf den Rücken des Tieres, bevor er sich selbst in
Weitere Kostenlose Bücher