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Cato 03 - Der Zorn des Adlers

Titel: Cato 03 - Der Zorn des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Scarrow
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sie. »Bevor du erfrierst.«
    Sie legte sich einen seiner Arme über die Schulter und stützte ihn auf dem Weg den Strand hinauf zu einem schmalen Taleinschnitt, der mit krüppligen Bäumchen bewachsen war. Dort hockten die beiden Kinder im Schutz eines umgestürzten Baumstamms unter dem völlig durchweichten Mantel des Präfekten.
    »Unter den Mantel. Alle.«
    Zu viert kauerten sie sich, heftig zitternd, so dicht wie nur möglich unter dem feuchten Stoff zusammen, während der Sturm weiter wütete und der Schnee sich auf ihnen sammelte. Als er die Landzunge entlangblickte, konnte Maxentius keinerlei Anzeichen der Trireme erkennen. Es war, als hätte sein Flaggschiff niemals existiert, so vollständig war es vernichtet worden. Andere Überlebende gab es anscheinend nicht. Keinen einzigen.
    Plötzlich hörte er trotz des Sturmgeheuls den Kies knirschen. Einen Moment lang hielt er es nur für Einbildung. Doch dann erklang das Geräusch erneut, und diesmal hätte er schwören können, auch Stimmen zu hören.
    »Es gibt doch noch Überlebende!« Er lächelte die Frau an und erhob sich auf die Knie. »Hierher! Hierher!«, rief er.
    Eine dunkle Gestalt tauchte am Eingang des Taleinschnitts auf. Dann noch eine.
    »Hier!« Der Präfekt winkte. »Hierher!«
    Die Gestalten verharrten einen Moment lang, dann rief einer von ihnen etwas, doch seine Worte waren bei dem Sturm nicht zu verstehen. Er hob einen Speer und machte anderen, die nicht zu sehen waren, ein Zeichen.
    »Valerius, sei still«, befahl die Frau.
    Doch es war bereits zu spät. Man hatte sie gesehen, und noch mehr Männer traten zu den ersten beiden. Vorsichtig näherten sie sich den zitternden Römern. In dem unheimlichen Dämmerlicht, das der Schnee auf dem Boden verbreitete, wurden ihre Gesichter beim Näherkommen allmählich kenntlich.
    »Mama«, flüsterte das Mädchen. »Wer ist das?«
    »Still, Julia!«
    Als die Männer nur noch ein paar Schritte entfernt waren, wurde der Himmel von einem fernen Blitz erhellt. In seinem bleichen Schimmer waren die Männer einen Moment lang zu erkennen. Über den grob geschnittenen Pelzmänteln schwankte zu wilden Stacheln gedrehtes Haar in der Luft. Darunter glühten grimmige Augen aus tätowierten Gesichtern. Einen Moment lang verharrten beide Seiten schweigend. Dann aber ertrug der kleine Junge es nicht länger, und ein schriller Schrei blinder Panik durchschnitt die Luft.

2

    »Ich bin mir sicher, dass es hier irgendwo war«, murmelte Zenturio Macro und blickte in eine Gasse, die vom Hafen Camulodunums heraufführte. »Wisst ihr vielleicht, wo?«
    Die anderen drei wechselten Blicke und trappelten dabei mit den kalten Füßen im Schnee. Neben Cato – Macros jungem Optio – standen zwei junge Frauen, Angehörige des Iceni-Stammes, warm in prächtige, pelzgesäumte Winterumhänge gehüllt. Beide waren von Vätern erzogen worden, die den Tag, an dem sich das römische Imperium bis nach Britannien ausdehnen würde, seit langem vorhergesehen hatten. Die Mädchen waren von klein auf in Latein unterrichtet worden, und zwar von einem gallischen Sklaven. Daher hatte ihr Latein etwas Singendes, was Cato als sehr melodisch empfand.
    »Jetzt hör mal«, widersprach die Ältere. »Du sagtest, wir gehen in eine gemütliche kleine Bierschenke. Ich hab nicht vor, die ganze Nacht durch diese eiskalten Straßen zu laufen, bis du genau diese Schenke findest. Wir gehen in die nächste, die jetzt kommt, einverstanden?« Mit einem scharfen Blick suchte sie Unterstützung bei ihrer Freundin und Cato. Beide nickten sofort.
    »Es geht hier entlang«, entgegnete Macro rasch. »Ja, jetzt erinnere ich mich. Dort ist es.«
    »Das will ich auch hoffen. Sonst bringst du uns nämlich heim.«
    »Einverstanden«, antwortete Macro und hob beschwichtigend die Hand. »Gehen wir.«
    Vom Zenturio geführt, bog das kleine Grüppchen mit leise knirschenden Schritten in die schmale Gasse ein, die von beiden Seiten durch die dunklen Hütten und Häuser der Trinovantes begrenzt war. Es hatte den ganzen Tag über bis in die Abenddämmerung hinein geschneit. Camulodunum und Umgebung lagen unter einer dicken, weiß schimmernden Schneedecke, und die meisten Menschen saßen ums qualmende Feuer geschart in ihren Häusern. Von den jungen Stadtbewohnern gesellten sich nur die unempfindlicheren auf der Suche nach einer Kneipe, einem Abendtrunk, grölendem Gesang und vielleicht, mit etwas Glück, einer kleinen Schlägerei zu den römischen Soldaten. Die Soldaten kamen aus

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