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Cato 03 - Der Zorn des Adlers

Titel: Cato 03 - Der Zorn des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Scarrow
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Lagerpräfekten. Sextus war nun fast bei den Überlebenden der Kohorte angelangt und verlangsamte angesichts der schrecklichen Szene, die sich ihm bot, kopfschüttelnd den Schritt. Zahllose Gefallene lagen auf dem Boden verstreut und häuften sich in Bergen um die Kohorte. Hunderte von Pfeilschäften staken im Boden oder ragten aus Leichen und Schilden heraus, die fast alle hoffnungslos zerhackt und zersplittert waren. Hinter den Schilden erhoben sich jetzt die verdreckten, blutigen, erschöpften Legionäre. Zenturio Hortensius schob sich zwischen seinen Männern durch und schritt, den Arm zum Gruß erhoben, auf den Lagerpräfekten zu.
    »Guten Morgen, Herr!« Trotz aller Bemühungen war die Erschöpfung seiner Stimme anzuhören. »Ihr habt euch verdammt viel Zeit gelassen.«
    Sextus schüttelte dem Zenturio die Hand, ohne das halb geronnene Blut zu beachten, das ihm aus einer Wunde in der Handfläche sickerte. Der Lagerpräfekt stellte sich hin, die Arme in die Hüften gestemmt, und nickte zu den Überlebenden der Vierten Kohorte hinüber. »Und was sagt man zu diesem Bild der Verwüstung? Ich sollte euch allen einen Monat Arbeitsdienst aufbrummen.«
    Figulus stand neben Cato und verfolgte die Begrüßung zwischen Zenturio und Lagerpräfekten. Er blieb einen Moment lang stumm und spuckte dann auf den Boden. »Verdammte Offiziere! Die sind doch einfach zum Kotzen.«

18

    Der General zuckte kurz zusammen, als er sich auf dem gepolsterten Stuhl niederließ. Die Tage zu Pferd hatten seinem Gesäß übel mitgespielt. Doch dann entspannte sich seine Miene allmählich, und er nahm den Becher mit Glühwein entgegen, den Vespasian ihm reichte. Der Wein war ein bisschen zu heiß, doch mit seinen vor Kälte steifen Gliedern brauchte Plautius einen Schluck Alkohol und etwas Warmes im Bauch. Daher leerte er den Becher und forderte den Legaten mit einer Geste zum Nachschenken auf.
    »Irgendwelche weiteren Nachrichten?«, fragte er.
    »Keine, Herr«, antwortete Vespasian und schenkte ein. »Keine weiteren Einzelheiten außer der Botschaft, die ich dir nach Camulodunum schickte.«
    »Dann vielleicht irgendwelche brauchbaren Erkenntnisse der Kundschafter?«
    »Bis jetzt noch nicht, aber eine meiner Kohorten kehrt gerade von einem Patrouillengang an der Grenze zu den Durotriges zurück. Vielleicht haben diese Leute etwas Nützliches erfahren. Auf dem Rückweg hatten sie anscheinend ein wenig Ärger. Ich habe ein paar Kohorten losgeschickt, um sie sicher heimzugeleiten.«
    »Ah ja. Das Scharmützel, das wir bei unserer Ankunft auf der anderen Seite des Lagers erblickten.«
    »Ja, Herr.«
    »Der Kommandant der Kohorte soll gleich nach seiner Rückkehr Bericht erstatten.« Der General runzelte einen Moment lang die Stirn und starrte auf die feinen Dampfwölkchen, die aus dem Becher in seiner Hand aufstiegen. »Verstehst du … ich muss so bald wie möglich Bescheid wissen. «
    »Ja, Herr. Selbstverständlich.«
    Vespasian setzte sich seinem General gegenüber und ein verlegenes Schweigen entstand. Aulus Plautius war nun schon fast ein ganzes Jahr sein Vorgesetzter, und Vespasian wusste nicht recht, wie er auf einer persönlicheren Ebene mit ihm umgehen sollte. Zum ersten Mal, seit er Plautius – den Kommandanten der vier Legionen und zwölf Hilfseinheiten, die mit der Eroberung Britanniens beauftragt waren – kannte, trat der General ihm schlicht und ergreifend als Mensch gegenüber, als Ehemann und Vater, der sich aus Angst um seine Familie verzehrte.
    »Herr?«
    Plautius hatte den Blick noch immer gesenkt und fuhr mit dem Zeigefinger sanft über den Becherrand.
    Vespasian räusperte sich. »Herr.«
    Der Blick des Generals zuckte nach oben, müde und verzweifelt. »Was soll ich tun, Vespasian? Was würdest du tun?«
    Vespasian antwortete nicht. Was konnte man im Angesicht einer so schrecklichen Situation schon sagen? Wären Flavia und Titus den Druiden in die Hände gefallen, hätte Vespasians erster und mächtigster Impuls mit ziemlicher Sicherheit darin bestanden, sein Pferd zu nehmen und sich auf die Suche nach den beiden zu machen. Um sie zu befreien oder bei dem Versuch zu sterben. Wenn es aber für ihre Rettung zu spät wäre, würde er die Druiden und ihr Volk mit schrecklicher Rache überziehen, bis er selbst den Tod fand. Denn was wäre das Leben wert ohne Flavia und Titus – und das Kind, mit dem Flavia schwanger ging? Vespasian schnürte es die Kehle zu. Um sich von diesem Gedankengang abzulenken, stand er unvermittelt

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