Cato 04 - Die Brüder des Adlers
die Stelle, wo die Atrebates sich um den Hintereinstieg von Vericas Wagen versammelt hatten. »Er lebt noch. Aber Cadminius ist tot. Er und der Rest der königlichen Leibwache.«
Macro rieb sich das Kinn. »Das ist schade … wirklich schade. Aber schau mal da.«
Er nahm Catos Arm und drehte den jungen Mann in Richtung Calleva. Inzwischen war die heranmarschierende Kolonne deutlich zu sehen, und unverkennbar ragte die Adlerstandarte über den vorderen Reihen empor.
»Siehst du?« Macro lächelte erneut. »Siehst du das? Es ist der verdammte General persönlich!«
41
Die Arbeit am neuen Quartier des Prokurators im befestigten Lager begann umgehend. Bautrupps aus allen vier Legionen räumten so schnell wie möglich die Trümmer aus dem Lazarett und dem Hauptquartiersblock, und anschließend wurden die Fundamente in den rußgeschwärzten Boden gegraben. Neben den ausgedehnt angelegten Verwaltungsgebäuden waren bereits mehrere lange, doppelte Barackenblöcke errichtet worden, um die dauerhaft stationierte Garnison zweier großer Kohorten batavischer Hilfseinheiten zu beherbergen. Die Bataver waren ein arroganter Haufen – blonde Riesen aus dem germanischen Grenzgebiet, die auf die Leute von Calleva hinabblickten, großspurig durch die schmalen Gassen der Stadt stolzierten und dabei die Frauen belästigten. Sie waren oft betrunken und ständig auf eine Schlägerei aus.
Je schlimmer sie sich benahmen, desto größer wurden Catos Schuldgefühle, wenn er an das Schicksal der Atrebates dachte. Für all jene, die treu und aufopferungsvoll an Roms Seite gekämpft hatten, aber nun keine Waffen mehr tragen durften, war das eine ungeheure Ungerechtigkeit. Doch das Kriegerleben der Atrebates war vorbei. Als Plautius erfahren hatte, dass der Stamm beinahe ein Bündnis mit Caratacus geschlossen hätte, hatte er rasch gehandelt, um sicherzustellen, dass die Atrebates nie wieder eine Bedrohung für seine Nachschublinien darstellen würden. Verica war jetzt nur noch dem Namen nach König; die wahre Macht über sein Volk lag nun in den Händen des römischen Prokurators und seiner Beamten. Seit seiner Rückkehr hatte Verica sich kaum mehr aus dem Bett gerührt, da er noch immer von seiner Kopfverletzung genesen musste. Draußen im Königssaal stritt sein Rat sich zum dritten Mal in weniger als einem Monat erbittert darüber, wer zu seinem Nachfolger gewählt werden sollte.
Caratacus hatte sich über die Tamesis zurückgezogen, und ein weiteres Mal banden die Legionen und ihre Hilfskohorten die Kräfte des Feindes und drängten ihn auf das zerklüftete Hochland der Silures zu. Dennoch konnte man die Sicherheit der römischen Nachschublinien keinem einheimischen Regenten mehr anvertrauen, wie sehr dieser auch seine Treue zu Rom beteuern mochte. Daher wurde das Königreich der Atrebates annektiert, sobald Vespasian und seine Legion ihr Lager vor Callevas Toren aufgeschlagen hatten.
Einige Tage nach der Rückkehr erhielt Zenturio Cato den Befehl, im Armeehauptquartier Bericht zu erstatten. Es war ein schwülwarmer Tag, und nur mit seiner Tunika bekleidet schlug Cato den Weg vom Lager der Zweiten Legion zum Nachschublager ein. Als er das Tor durchschritt, stellte er zu seiner Überraschung fest, dass die Fachwerkrahmen der Gebäude, die als Wohnhaus des Prokurators und als Hauptquartier vorgesehen waren, schon standen und nicht nur das seit jeher bebaute Gelände, sondern auch einen großen Teil des Exerzierplatzes einnahmen. Ganz offensichtlich hatte Tribun Quintillus …
Cato lächelte. Quintillus war aus der Armee ausgeschieden. Inzwischen war er kaiserlicher Prokurator, gehörte damit zur Elite des Imperiums und stand auf der ersten Karrieresprosse einer Leiter, die ihn irgendwann zu den höchsten Staatsämtern führen würde. Quintillus würde mit den beiden in Calleva stationierten batavischen Kohorten sogar über eine eigene kleine Armee verfügen.
Auf einer Seite des Exerzierplatzes stand eine Reihe von Zelten, in denen der Legat ein vorläufiges Hauptquartier für sich selbst und den neuen Prokurator eingerichtet hatte. Das Lager wurde von Vespasians Prätorianereinheit schwer bewacht, und Cato musste trotz seines Rangs außerhalb des mit Seilen abgetrennten Gebiets warten. Während fünf Wachleute ihn genau im Auge behielten, eilte der sechste davon, um Anweisungen bezüglich des Zenturios einzuholen. Mindestens hundert Bewaffnete schienen sich auf diesem Gelände aufzuhalten, das den ranghöchsten Offizieren und ihrem
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