Cato 04 - Die Brüder des Adlers
aufforderte, ihre Waffen abzugeben. Wir wollen nicht, dass sie uns Ärger machen. Ärger, den sie bald selbst bereuen würden.«
Das also war es, dachte Cato. Mit den Wölfen war es aus und vorbei, und falls sie zu deutlich protestierten, würden sie auf die eine oder andere Weise als Gruppe abgestraft werden. Er aber musste die schmutzige Arbeit für den neuen Prokurator erledigen. Schlimmer noch, ihm blieb in dieser Sache keine Wahl. Um seiner Männer willen musste Cato ihnen persönlich sagen, wie wenig Rom das Blut achtete, das die Atrebates für das Imperium vergossen hatten.
»Nun gut, Herr. Ich mache es.«
»Da bin ich aber ungemein dankbar«, erklärte Quintillus.
»Danke, Zenturio.« Vespasian nickte. »Ich wusste, dass du die Situation verstehen würdest. Am besten erledigst du es auf der Stelle.«
Cato machte kehrt, salutierte vor seinem Legaten, überging den Prokurator und marschierte aus dem Zelt, bevor dieser auf die Beleidigung reagieren konnte. Als er in die blendend helle Sonne trat und langsam um das Hauptquartiersgelände herumging, legte sich die Hitze wie eine Decke über ihn, doch dass er unter seiner Tunika schwitzte, störte ihn schon gar nicht mehr. Dafür fühlte er sich inzwischen viel zu elend. Elend, weil seine Männer kaltherzig betrogen wurden. Elend, weil die Wölfe nun ihn selbst hassen und verachten würden. Das Band der Kameradschaft, das sie einmal verbunden hatte, würde sich ihnen jetzt wie ein Messer in den Bauch bohren, und er selbst führte diese Waffe. Als Cato um die Ecke des Zeltkomplexes bog und steifbeinig auf die Überlebenden der Wolfskohorte zumarschierte, war jede Freude, die er sonst vielleicht über sein neues Kommando empfunden hätte, aus seinen Gedanken verschwunden. In einiger Entfernung von den atrebatischen Kriegern wurden einige Abteilungen Legionäre in voller Ausrüstung gedrillt. Für alle Fälle, dachte Cato mit einem bitteren Lächeln.
Sobald er den Zenturio erblickte, ließ Mandrax seine Männer Haltung annehmen. Das Geplauder verstummte und sie richteten sich auf, Speer und Schild vorschriftsmäßig auf dem Boden abgestellt. Sie nahmen die Schultern zurück, drückten die Brust heraus und hoben das Kinn, wie Macro es ihnen an ihrem ersten Ausbildungstag beigebracht hatte. Die Bronzehelme schimmerten in der Sonne, als Cato sich vor ihnen aufstellte.
»Rührt euch!«, rief er auf Keltisch und seine Männer entspannten sich. Einen Moment lang starrte er über ihre Köpfe hinweg in die Ferne und kämpfte gegen den Drang an, ihnen in die Augen zu sehen und seine Scham einzugestehen. Jemand hustete, und Cato beschloss, dass er das, was er zu tun hatte, am besten schnell tat.
»Kameraden«, begann er verlegen – diesen Ausdruck hatte er nie zuvor benutzt, doch in den Tagen ihres letzten verzweifelten Kampfes waren sie genau das geworden –, »ich bin zu einer anderen Einheit versetzt worden.«
Einige der Männer runzelten die Stirn, aber die meisten hielten die Augen weiter ausdruckslos gerade.
»Der Prokurator hat mich gebeten, euch für eure ausgezeichneten Dienste in den letzten Monaten zu danken. Selten haben Männer tapferer gegen eine solche Überzahl gekämpft. Jetzt ist es Zeit für euch, zu euren Familien zurückzukehren. Zeit, den Frieden zu genießen, den ihr euch so voll und ganz verdient habt. Zeit, die Bürde eurer Waffen niederzulegen und …« Cato ertrug die Farce nicht länger. Er schluckte, starrte zu Boden und blinzelte wütend die ersten verräterischen Tränen zurück. Er wusste, dass er in einen Tränenstrom ausbrechen würde, wenn er seine wahren Gefühle zuließ. Doch eher würde er sterben, als vor seinen Männern zu heulen, wie ungerecht, verletzend und beschämend die Situation auch sein mochte. Er schluckte wieder, biss die Zähne zusammen und blickte auf.
»Die Wölfe haben den Befehl erhalten, sich aufzulösen. Ihr müsst alle Waffen und eure Ausrüstung hier ablegen und das römische Lager verlassen … Es tut mir Leid.«
Die Männer blickten ihn einen Moment lang schweigend an, verwirrt und ungläubig. Mandrax ergriff als Erster das Wort. »Herr, das muss ein Irrtum sein. Es ist doch gewiss …«
»Es ist kein Irrtum«, antwortete Cato barsch, da er es nicht wagte, sein Mitgefühl zu zeigen oder auch nur eine Erklärung zu geben. »Legt jetzt Waffen und Ausrüstung nieder. Das ist ein Befehl.«
»Herr …«
»Ich erwarte Gehorsam!«, brüllte Cato, der bemerkt hatte, dass die Legionäre ihren Waffendrill
Weitere Kostenlose Bücher