Cato 05 - Beute des Adlers
War sie erst einmal durchbrochen, war der Vorteil der engen Formation und der eisernen Disziplin, die die römische Armee so effektiv machte, dahin. Dann würde ein ungeordnetes, rohes Handgemenge losbrechen, in dem nur Körperkraft und wilde Brutalität zählten.
Langsam gab die Kohorte unter der ständig wachsenden Zahl der Feinde nach. Obwohl es mit dem bloßen Auge kaum wahrzunehmen war, konnte Cato, der am Ende der Formation noch nicht in die Kampfhandlungen verwickelt war, erkennen, wie die Mitte der römischen Verteidigungslinie allmählich zurückwich. Maximius hatte es ebenfalls bemerkt und wandte sich an den Decurio und die anderen Überlebenden des Spähtrupps.
»Reitet zum Legaten und schildert ihm unsere Lage. Los!«
Der Decurio salutierte, wendete sein Pferd und bedeutete seinen Männern, ihm flussabwärts zu folgen. Er sah sich ein letztes Mal zu seinen Kameraden um. »Viel Glück, Männer!«
Dann war er verschwunden, und das Hufgetrappel wurde vom Waffenklirren und den wilden Schreien der unbarmherzig kämpfenden Männer übertönt.
»Haltet stand!«, brüllte Maximius und stieß sein Schwert in Richtung des Feindes durch die Luft. »Haltet stand, ihr Hurensöhne! Gebt ihnen keinen Fingerbreit!«
Der Zorn, der in seinen Worten lag, war nichts gegen die wütenden Anstrengungen der Angreifer. Schritt um Schritt wurden die Römer zurückgedrängt. Schon sahen sich die ersten Legionäre, zum Großteil Frischlinge, die noch nicht an die grausame Wirklichkeit einer Schlacht gewöhnt waren, nervös um. Cato, der die letzte Reihe der Verteidiger im Blick hatte, beobachtete, wie ein Soldat aus der Formation trat. Der Kohortenkommandant hatte es ebenfalls bemerkt, rannte auf den Mann zu und schlug ihm mit der flachen Seite des Schwertes auf den Kopf.
»Zurück ins Glied!«, brüllte Maximius. »Noch einen Schritt, und ich schlage dir deinen beschissenen Kopf ab!«
Der Legionär sprang wieder vor. Die Angst vor seinem Kommandanten war einen Augenblick lang größer als die vor dem Feind. Doch mit seiner Furcht, von den Briten abgeschlachtet zu werden, stand er nicht allein da. Die Römer wurden immer weiter zurückgedrängt, und mehr und mehr Köpfe drehten sich auf der Suche nach einem Ausweg um.
Am anderen Ende der Verteidigungslinie sah Cato, wie einer der Männer aus der von Maximius ’ persönlich befehligten Kohorte seinen Schild wegwarf, sich umdrehte und davonlief. Maximius nahm die plötzliche Bewegung war und wirbelte herum.
»Zurück ins Glied!«
Der Mann drehte sich zu der Stimme um, dann versuchte er, die Lederbänder seines Helms zu lösen. Er riss sich den Helm vom Kopf, warf ihn beiseite und rannte auf ein kleines Dickicht aus Ginster und Baumstümpfen zu.
Außer sich vor Wut schlug Maximius mit der flachen Seite seines Schwertes gegen seine silberbeschlagenen Beinschienen. »Lauf nur, du Stück Dreck!«, brüllte er dem Fliehenden hinterher. »Du Feigling. LAUF ! Du entkommst mir nicht. Wenn das hier vorbei ist, werde ich dich höchstpersönlich steinigen!«
Doch der Knoten war geplatzt. Cato sah, wie die Männer langsam und mit schuldbewusstem Blick von der Seite ihrer Kameraden wichen. Dadurch verloren die Römer noch weiter an Boden, und die Briten nutzten diesen Vorteil geschickt aus. Sie trieben ihre Gegner aus der Furt und vergrößerten so die Front, um immer weitere Männer in die Schlacht werfen zu können. Nicht lange, und sie hatten die Flanken der Kohorte vom Ufer gedrängt. Und dann würden sie die Legionäre umzingeln und niedermachen.
Maximius war die drohende Gefahr nicht entgangen. Er musste rasch handeln, wollte er seine Kohorte nicht verlieren. Und er musste die Erste und Sechste Centurie, die noch nicht an den Kämpfen beteiligt waren, mit Bedacht einsetzen.
»Erste Centurie! Von der linken Flanke zurückziehen!«
Während sich seine Einheit zurückwarf und sich im rechten Winkel zu Tullius ’ Centurie aufstellte, eilte Maximius zum anderen Ende der Verteidigungslinie. »Sechste Centurie!«, brüllte er Cato zu. »An linker Flanke aufstellen!«
»Los!«, rief Cato seinen Männern zu. »Im Laufschritt!«
Sie marschierten hinter der Kohorte vorbei und bezogen, ebenfalls im rechten Winkel, hinter Maximius ’ Centurie und parallel zu den Kämpfenden Position. Sobald das Manöver vollzogen war, sah sich Maximius noch einmal um, bevor er den entscheidenden Befehl gab.
»Kohorte! Alle Mann nach rechts!«
Schritt für Schritt verlagerte sich die Kohorte
Weitere Kostenlose Bücher