Cato 09 - Gladiator
von Narben entstellt. Außerdem war er der mit Abstand jüngste Centurio, dem der griechische Kapitän je begegnet war, nämlich gerade mal Anfang zwanzig, und unwillkürlich fragte er sich, ob der junge Mann vielleicht nur deshalb befördert worden war, weil er von einem mächtigen Freund protegiert wurde. Die Orden an der Rüstung des Centurios aber legten Zeugnis ab von tatsächlichen, hart errungenen militärischen Leistungen. Offenbar steckte doch mehr hinter dem Centurio Cato, als es den Anschein hatte. Centurio Macro hingegen war der typische harte Kämpfer. Zwar einen Kopf kleiner als Cato, hatte er jedoch die Statur eines Bullen und muskulöse, zernarbte Arme und Beine. Er war etwa fünfzehn Jahre älter als sein Kamerad, trug sein dunkles Haar ganz kurz und hatte durchdringende braune Augen, doch seine Gesichtsfalten deuteten darauf hin, dass er bei Gelegenheit auch humorvoll sein konnte.
Mit einem Anflug von Neid wandte der Kapitän seine Aufmerksamkeit wieder dem jüngeren Offizier zu. Wenn er in eine Senatorenfamilie einheiratete, hatte der Centurio für den Rest seines Lebens ausgesorgt. Geld, gesellschaftliches Ansehen und eine Vorzugsbehandlung bei anstehenden Beförderungen waren ihm dann sicher. Gleichwohl war nicht zu übersehen, dass der junge Centurio und die Senatorentochter einander innig zugetan waren. Jeden Abend standen sie Arm in Arm an Deck und betrachteten den Sonnenuntergang und die glitzernden Wogen.
Als es Abend wurde, segelte die Horus parallel zur Küste an einer der Buchten vorbei, die der Kapitän in der langen Zeit, in der er auf Handelsschiffen kreuz und quer durchs Mittelmeer gesegelt war, gut kennengelernt hatte. Als die Sonne hinter dem Horizont versank und die Berge und Hügel der Insel in ein goldenes Licht tauchte, blickten alle ans Ufer. In Strandnähe lag ein großer Landsitz, und in der fallenden Dämmerung kehrten lange Kolonnen von Sklaven von der Arbeit auf den Feldern, in den Wäldern und in den Weinbergen zurück. Müde schlurfend wurden sie von Aufsehern mit Peitschen und Stöcken zu ihren Unterkünften geleitet.
Cato spürte, dass Julia an seiner Seite zitterte. »Ist dir kalt?«
»Nein. Es ist deswegen.« Sie deutete auf die Sklaven, die auf den Hof traten, worauf das Tor geschlossen und verriegelt wurde. »Ein schreckliches Leben für jeden Mann und jede Frau.«
»Aber ihr habt daheim doch auch Sklaven.«
»Schon, aber die werden gut behandelt und genießen in Rom eine Menge Freiheiten. Ganz anders als diese armen Geschöpfe. Müssen von früh bis spät schuften. Werden nicht besser behandelt als das Vieh.«
Cato überlegte einen Moment, dann sagte er: »Das ist nun mal das Los der Sklaven. Ganz gleich, ob sie auf Besitzungen wie dieser, in Bergwerken oder auf Baustellen arbeiten. Nur ein kleiner Teil hat das Glück, in Haushalten wie deinem zu leben oder in einem Gladiatorenlager trainieren zu dürfen.«
»Gladiatoren?« Julia wölbte die Brauen. »Glück? Wie kannst du jemanden glücklich schätzen, der ein solches Schicksal zu erleiden hat?«
Cato zuckte mit den Schultern. »Die Ausbildung ist hart, aber wenn sie erst mal hinter ihnen liegt, haben sie es gar nicht so schlecht. Ihre Besitzer sorgen gut für sie, und die besten Kämpfer erwerben ein kleines Vermögen und genießen das flotte Leben.«
»Solange sie in der Arena überleben.«
»Wohl wahr, aber dabei riskieren sie nicht mehr als jeder Legionär und führen ansonsten ein weit angenehmeres Leben. Wenn sie lange genug durchhalten, können sie die Freiheit erlangen und als reicher Mann den Ruhestand genießen. So weit bringen es nur ganz wenige Soldaten.«
»Wo du Recht hast, hast du Recht«, knurrte Macro. »Ich frage mich, ob ich nicht auf Gladiator umschulen soll.«
Julia musterte ihn entgeistert. »Das ist doch nicht dein Ernst?«
»Wieso nicht? Wenn ich schon Leute umbringen soll, kann ich mich ebenso gut ordentlich dafür bezahlen lassen.«
Senator Sempronius lachte glucksend über das Gesicht, das seine Tochter machte. »Glaub ihm kein Wort, mein Kind. Centurio Macro scherzt nur. Er kämpft für den Ruhm Roms, nicht für Sklavenlohn, selbst wenn er in Gold ausgezahlt würde.«
Macro wölbte eine Braue. »Ich frage mich, wer da Scherze macht.«
Cato blickte lächelnd ans Ufer. Die Sklavenunterkunft war ein Schandfleck am Hang des Hügels, der die Bucht abschloss. Nichts regte sich dort, abgesehen von einer flackernden Fackel über dem Tor, die den Wachposten beleuchtete. Dies
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