Cato 09 - Gladiator
Eventualitäten gefasst sein, also auch darauf. »Er wird es schon schaffen.«
Während die Sonne immer höher stieg, folgte die Kolonne wachsam der Straße nach Gortyna. Hin und wieder machten die Reiter in der Ferne abgerissene Gestalten aus, die ihr Fortkommen beobachteten. Banden von Aufständischen waren keine zu sehen, und als Cato sich überzeugt hatte, dass keine unmittelbare Gefahr drohte, zügelte er sein Pferd, wartete, bis Julias Wagen zu ihm aufgeschlossen hatte, und ritt dann neben ihr her.
»Ich habe mich schon gefragt, wann du mir die Ehre deiner Gesellschaft zuteilwerden lassen würdest.« Julia lächelte. Sie senkte die Stimme und fuhr im selben unbeschwerten Ton fort: »Nach unserer, äh, Begegnung habe ich schon befürchtet, du wärst einer dieser Typen nur für eine Nacht. Genau wie dein Freund Macro.«
Cato erwiderte ihren leidenschaftlichen Blick und lächelte bei der Erinnerung an die vergangene Nacht.
Sie hatten im kleinen, vernachlässigten Terrassengarten gesessen, der einmal der ganze Stolz des von Heimweh nach seiner Villa in Spanien geplagten Garnisonskommandanten gewesen sein musste. Zu ihren Füßen lagen dort, wo früher die Häuser von Fackeln und flackernden Öllampen erhellt worden waren und wo rund ums Forum die Menschen in den Kneipen gefeiert hatten, die dunklen, formlosen Ruinen der Stadt. Alles war still, und selbst aus dem Lager drang kein Laut, bis schließlich eine kleine Gruppe von Flüchtlingen, die sich an einem Feuer versammelt hatte, ein Lied anstimmte, dessen muntere Melodie bis zu ihnen herübertönte. Julia lehnte den Kopf an seine Schulter, und Cato hüllte sie beide in seinen Umhang.
»Seltsam, dass sie singen«, sagte sie leise. »Nachdem sie so viel verloren haben.«
»Ja, aber vielleicht ist der Gesang eines der wenigen Dinge, die das Erdbeben ihnen nicht rauben konnte.« Cato wandte den Kopf und küsste sie zärtlich auf die Stirn, atmete mit geschlossenen Augen den Duft ihres Haares ein. Er spürte, dass sie zitterte. »Was hast du?«
»Nichts.«
»Nichts? Dafür kenne ich dich zu gut.«
Julia drehte sich zu ihm herum und betrachtete sein Gesicht, das vom Sternenlicht schwach erhellt wurde. Sie legte die Hand auf seine Wange. »Cato, mein Liebster, in der Nacht, als die Flutwelle über uns hereinbrach, hätte ich dich fast verloren. Als das Wasser über uns zusammenschlug, habe ich geglaubt, unser Schicksal wäre besiegelt. In der kalten Finsternis des Meeres bin ich der Verzweiflung erlegen. Im letzten Moment habe ich mich mit der Vorstellung getröstet, dass wir wenigstens nach dem Tod vereint sein würden.« Sie schluckte. »Als das Schiff wieder auftauchte, wurde mir klar, dass du nicht mehr warst. Ich lebte noch, aber du warst mir genommen worden.« Sie schaute weg, wischte sich die Augen trocken. »In diesem Moment hatte ich das Gefühl, das Herz würde mir aus dem Leib gerissen. Ich wollte sterben. Mich ins Meer stürzen, um bei dir zu sein. Einen Moment lang war dieses Verlangen nahezu übermächtig.«
»Ich bin froh, dass du es nicht getan hast.«
»Cato, das ist nicht lustig. Es ist mein voller Ernst. Bis zu dem Moment, da ich dich tot glaubte, hatte ich gar nicht gewusst, wie viel du mir bedeutest.«
»Aber ich habe überlebt, den Göttern sei Dank.« Er küsste sie in die Handkuhle. »Wir sind beide quicklebendig, und es liegt noch alles vor uns.«
»Ich weiß.« Julia nickte. »So gesehen hatte das Unglück auch sein Gutes.«
Sie blickten zum Flüchtlingslager am gegenüberliegenden Hang hinüber. Ein paar Leute hatten sich um das Lagerfeuer versammelt und in den Gesang eingestimmt. Die Melodie war jetzt deutlicher zu hören, und Cato und Julia lauschten ihr eine Weile. Der Gegensatz zwischen der tragischen Situation und der beschwingten Fröhlichkeit des Liedes, das die auf der hügeligen Landschaft lastende Dunkelheit durchdrang, rührte ihn. Er zog Julia an sich und flüsterte ihr ins Ohr.
»Ich will dich.«
»Jetzt?«, fragte sie. »Hier?«
»Ja.«
Sie sah ihm in die Augen, dann küsste sie ihn auf die Lippen, legte ihm die Hand zärtlich um den Kopf, zog ihn an sich und legte sich ins kühle Gras des Terrassengartens zurück. Hitze schoss Cato in die Lenden, und er wurde steif. Sie küssten sich, schwelgten in der Nähe, dem Duft und der Wärme des anderen. Dann umschlang Julia ihn mit den Beinen und sagte: »Jetzt, Cato. Jetzt. Ich will dich in mir spüren. Aber pass auf deine Verletzung auf …«
Die Erinnerung ließ bei
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