Cato 09 - Gladiator
errichtet hatten und versuchten, ein bisschen Geld für den Unterhalt ihrer Familie einzunehmen. Obwohl sie um diese Tageszeit normalerweise längst geschlossen hatten, warteten die Händler heute noch immer geduldig auf Kunden, obwohl kaum jemand unterwegs war. Ein Stück weiter lag der Eingang des Statthalterpalastes. Die beiden römischen Offiziere und der Karren wurden durchgewinkt. Auf dem Hof angelangt, stellte Cato fest, dass der Palast von Hilfstruppen bewacht wurde. Stadtwächter und Leibwächter waren keine zu sehen, denn die standen loyal zu Glabius.
Macro rief einen der Haushaltssklaven des Senators herbei. »Wo ist Senator Sempronius?«
»Dort drüben, Herr.« Der Sklave verneigte sich und deutete auf die Stallungen.
»Nimm die Pferde«, befahl Macro und reichte die Zügel dem Sklaven. Cato half Julia beim Absteigen, dann gingen sie alle drei zu den Stallungen hinüber. Dort warteten keine unruhigen Menschenscharen mehr auf Behandlung ihrer Verletzungen, und in den Gebäuden und Lagerräumen beiderseits des Hofes herrschte eine ruhige Atmosphäre. Die Räumlichkeiten zur Rechten dienten noch immer als Lazarett, in denen zur Linken hatte Sempronius sein Hauptquartier eingerichtet. Als Macro, Cato und Julia in eine Sattelkammer geleitet wurden, schaute der Senator vom Schreibtisch auf, der an der gegenüberliegenden Wand stand. Vor ihm lag ein Stapel von Wachsplatten mit Berichten. Er legte den Kupferstift weg, und ein breites Lächeln breitete sich über seine müden Züge. Julia ließ Catos Hand los, lief zu ihrem Vater und umarmte ihn.
»Gemach, meine Liebe!« Er lachte und küsste sie zärtlich auf die Wange. Macro und Cato warteten verlegen an der Tür, bis Sempronius sie näher winkte. Julia richtete sich auf und setzte sich auf die Bank des Sekretärs, die neben dem Schreibtisch stand.
»Schön, euch wiederzusehen, meine Herren«, sagte Sempronius. »Setzt euch. Wie sieht es in Matala aus, Cato?«
»Gar nicht so schlecht, Herr. Die Nahrung wird rationiert, und die Vorräte reichen noch ein paar Tage. Die Menschen sind nicht glücklich, aber einstweilen haben wir noch alles im Griff.« Er sah kurz Cato an. »Das größte Problem ist der Sklavenaufstand.«
»Ein Aufstand?« Sempronius runzelte die Stirn. »Bei ein paar kleinen Scharmützeln kann man wohl kaum von einem Aufstand sprechen.«
»Es geht nicht nur um Scharmützel, Herr.« Macro berichtete kurz vom Angriff auf die Kolonne und erwähnte, dass die Sklaven von einem Mann mit einer Lederkappe angeführt würden.
»Ein Gladiator, sagst du?«, meinte Sempronius nachdenklich, als Macro geendet hatte.
»Das ist meine Vermutung. Falls ich Recht habe, sollte er leicht zu identifizieren sein. Ich werde deinen Schreibern eine Beschreibung geben, dann warten wir ab, ob ihn jemand wiedererkennt.«
»Das könnte schon sein, aber was würde es uns nutzen?«
»Aber, Herr«, entgegnete Macro erstaunt, »es ist immer von Nutzen, wenn man weiß, mit wem man es zu tun hat.«
»Aber du hast gemeint, er würde dich kennen.«
»Den Eindruck hatte ich, aber ich erinnere mich nicht an ihn. Jedenfalls bis jetzt noch nicht. Wenn ich mehr über ihn erfahre, könnte ich den Mann vielleicht einordnen und einschätzen, wie groß die Gefahr ist, die von ihm ausgeht.«
Nach kurzem Überlegen nickte Sempronius. »Na schön. Ich werde veranlassen, dass die Beschreibung in Umlauf kommt. Allerdings kann ich mir schlecht vorstellen, wie ein Gladiator meine Pläne zur Wiederherstellung der Ordnung auf Kreta vereiteln sollte. Von ihm geht nicht mehr Gefahr aus als von den Pöbelhaufen, die sich in den Bergen herumdrücken.«
Julia neigte sich vor. »Vater, dies wäre nicht das erste Mal, dass Rom die Gefahr unterschätzt, die von einem entlaufenen Gladiator ausgeht. Centurio Macros Besorgnis ist berechtigt.«
Sempronius runzelte die Stirn, dann schüttelte er den Kopf und lachte auf, als er begriff, worauf sie hinauswollte. »Das hier ist Kreta, meine Liebe, nicht Campania. Die Gladiatorenschulen sind hier dünner gesät als in der Gegend um Capua. Mit einem zweiten Spartakus ist hier nicht zu rechnen. Außerdem glaube ich, dass inzwischen jeder Sklave des Reiches über Spartakus’ grausames Ende Bescheid weiß. Sie können weglaufen und sich verstecken, aber die entlaufenen Sklaven haben zu viel Angst, um einen allgemeinen Aufstand anzuzetteln. Man wird sie in Kürze wieder einfangen, sie ihren Besitzern übergeben und bestrafen.«
Macro sog scharf den Atem
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