Cato 10 - Die Legion
schweifen und betrachtete die feindliche Front, die auf sie zu stapfte. Der von den Nubiern aufgewirbelte Staub trübte bereits die Luft über ihnen. Macro wandte dem Feind den Rücken zu und musterte die Männer der Ersten Kohorte: lauter handverlesene Leute, die besten der Legion; sie würden die ersten Infanteristen sein, die Feindberührung hatten. Macro holte tief Luft und sprach zu ihnen: »In diesem Augenblick wird es so weit sein, dass einige von euch die Entscheidung infrage stellen, eine militärische Laufbahn eingeschlagen zu haben.«
Die Bemerkung rief bei vielen der Männer, die er im fahlen Licht deutlich erkennen konnte, ein angespanntes Lächeln hervor; einige lachten sogar. Aber ihm fiel auch auf, dass die Mienen mancher Soldaten starr blieben.
»Diesen Männern verspreche ich, dass ich ihre Bitte um Entlassung überdenken werde, sobald mein Dienst heute endet. Gerechterweise sollte ich euch aber sagen, dass ihr euch heute Abend verdammt nochmal wie Helden fühlen werdet. Ihr habt dann eure erste größere Schlacht hinter euch, einen Krug Wein im Bauch und eure Kriegsbeute im Tragebeutel. Der Gedanke, um eure Entlassung nachzusuchen, wird das Letzte sein, was euch dann in den Sinn kommt!« Macro hielt inne. »Ihr habt euch für den Dienst bei den Schakalen entschieden. Die Legion hat euch die beste Kampfausbildung zuteilwerden lassen, die ein Soldat nur bekommen kann. Ihr seid so gut ausgerüstet wie keine andere Armee, und jetzt bekommt ihr, den Göttern sei Dank, endlich die Gelegenheit, alles, was ihr gelernt habt, in die Praxis umzusetzen. Genießt diesen Moment, Männer! Dies hier ist die größte Prüfung eures Lebens. Heute findet ihr heraus, was es bedeutet, ein Legionär zu sein und euren Platz in der großartigsten Bruderschaft von Kriegern in der ganzen uns bekannten Welt einzunehmen!« Macro deutete mit dem Daumen auf den Feind. »Dieser Haufen glaubt, er könnte uns zum Frühstück verspeisen. Sie wissen, dass sie uns zahlenmäßig überlegen sind, und sie glauben, von all diesen Hörnern und Trommeln würden uns die Knie zittern.« Macro lachte höhnisch. Er machte eine kurze Pause und sprach dann mit harter Stimme weiter. »Ich sage euch jetzt, dass es nichts Gefährlicheres gibt als ein römisches Armeeschwert und einen gut ausgebildeten Mann, der weiß, wie man es einsetzt.« Er zog sein Schwert und hielt es nach oben. »Macht ihnen also klar, mit wem sie es zu tun haben. Macht ihnen klar, wer sie zum Untergang verurteilt. Macht es ihnen klar, damit die wenigen, die den heutigen Tag überleben und vom Schlachtfeld flüchten, die Nachricht über die Männer verbreiten, von denen sie vernichtend geschlagen wurden! Ein Hoch auf die Schakale!«, brüllte Macro und stieß erneut sein Schwert in die Luft. »Ein Hoch auf die Schakale!«
Die Männer griffen den Ruf auf, die meisten mit echter Begeisterung. Die übrigen folgten ihrem Beispiel, bis auch sie im Chor mit den anderen brüllten und ihr Puls sich vor Erregung beschleunigte.
Die Jubelrufe breiteten sich durch die gesamte Legion aus, und dann stimmten auch die Hilfskohorten, die der Zweiundzwanzigsten angeschlossen waren, in den Chor ein. Das Geschrei der Römer hallte den Hörnern, Trommeln, Becken und den heulenden Rufen des feindlichen Heeres entgegen, das nun über die Ebene auf sie zu marschierte. Macro wandte sich um, betrachtete die Nubier kurz und schritt dann durch die Reihen zurück zum Standartenträger der Kohorte.
Cato blickte zu seinem Freund hinüber und fand einen schwachen Trost in dem Wissen, dass Macro die von ihm geführten Männer dazu motivieren würde, seinem Beispiel zu folgen. Es war entscheidend, dass die Erste Kohorte nicht unter der Wucht des feindlichen Angriffs zusammenbrach. Der Sieg hing davon ab, dass das entscheidende Manöver zur richtigen Zeit erfolgte. Nicht nur der Sieg, überlegte Cato, sondern tatsächlich ihr Überleben und der Weiterbestand der Provinz Ägypten. Der Horizont zu Catos Linken erstrahlte jetzt in einem dunstigen Orangerot. Die Sonne würde gleich aufgehen und die Geburt eines neuen Tages verkünden. Für viele Männer auf beiden Seiten würde dieser Tag der letzte sein. Cato spürte, wie ihm ein Schauer über die Kopfhaut rieselte, und er betete, dass das keine Vorahnung seines eigenen Todes war. Für einen Augenblick erfüllte ihn der Gedanke an Julia ganz und gar, und ihn überkam ein leidenschaftliches Begehren, wie er es nicht mehr gefühlt hatte, seit er sie zum
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