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Catriona

Catriona

Titel: Catriona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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schienen einen Schatten gedämpfter und gaben die verschiedensten Antworten; aber in einem Punkte waren sie sich so ziemlich einig: daß James nur noch auf Begnadigung durch den König hoffen dürfe.
    »Um fortzufahren,« bemerkte ich, »wird es Schottland irgendwie nützen? Es gibt ein Sprichwort: der ist ein schlechter Vogel, der sein eigenes Nest beschmutzt. Ich erinnere mich, gehört zu haben, daß wir damals, als ich noch in den Windeln lag, in Edinburgh eine Revolte hatten, die die hochselige Königin veranlaßte, unser Land ein barbarisches Land zu nennen, und ich glaubte bisher immer, wir hätten dadurch mehr verloren als gewonnen. Dann kam das Jahr '45, und ich habe auch nie vernommen, daß die Revolution '45 uns genützt hätte. Jetzt kommen wir zu diesem Fall Balfour, wie Ihr ihn nennt. Sheriff Miller erklärt, Historiker würden ihre Schriften nach diesem Zeitpunkt datieren, was ich ihm gerne glauben will. Ich fürchte nur, sie werden die betreffende Periode als eine Zeit des Unglücks und des öffentlichen Vorwurfs bezeichnen.« Der geistig agile Miller witterte bereits, worauf ich hinaus wollte, und beeilte sich, den gleichen Weg einzuschlagen. »Sehr treffend bemerkt, Mr. Balfour,« meinte er. »Ein gewichtiges Argument, Sir.«
    »Dann müssen wir uns auch fragen, ob König Georg damit gedient ist«, fuhr ich fort. »Sheriff Miller scheint sich über diesen Punkt keine weiteren Gedanken zu machen; doch ich zweifle, ob man Seiner Majestät den Boden unter den Füßen wegziehen kann, ohne Seiner Majestät selbst dadurch ein, zwei Schläge zu versetzen, von denen einer oder der andere leicht tödlich sein könnte.« Ich ließ ihnen Zeit zu einer Entgegnung, aber keiner rührte sich. »Bezüglich derer, die durch diese Sache profitieren sollen,« fuhr ich fort, »hat Sheriff Miller eine Reihe von Namen genannt, unter denen er so gütig war, auch meinen anzuführen. Ich hoffe, er wird mir verzeihen, wenn ich gegenteiliger Ansicht bin. Ich glaube, keinerlei Bedenken gezeigt zu haben, als es sich darum handelte, ein Menschenleben zu retten, obwohl ich gestehe, daß ich mein eigenes Leben dabei als stark bedroht empfand. Ich bin aber bereit, zuzugeben, daß ich es für schade halte, wenn ein junger Mann, der selbst die juristische Karriere einzuschlagen gedenkt, sich den Ruf eines aufrührerischen, händelsüchtigen Burschen zuzieht, bevor er noch zwanzig Jahre alt ist. Und was James anbetrifft, so scheint ihm zur Zeit – da das Urteil so gut wie gesprochen ist – keine andere Hoffnung als die Gnade des Königs zu bleiben. Gibt es daher nicht eine Möglichkeit, sich Seiner Majestät in wirksamerer Weise zu nähern, den Ruf dieser hohen Beamten vor der Öffentlichkeit zu schützen und mich selbst einer Lage zu entziehen, die für mich, meiner Meinung nach, den Ruin bedeutet?«
    Alle saßen schweigend da, den Blick auf ihre Gläser gerichtet, und ich sah, meine Haltung war nicht nach ihrem Geschmack. Allein Miller war auch auf diese Eventualität vorbereitet. »Falls mir gestattet ist, unseres jungen Freundes Gedanken eine offizielle Form zu geben,« sagte er, »schlage ich vor, wenn ich ihn recht verstanden habe, daß wir die Tatsachen bezüglich seiner Gefangenhaltung sowie auch einige der wichtigsten Punkte der Zeugenaussage, die er bereit war abzulegen, in einer Denkschrift an die Krone zu Papier zu bringen. Dieser Plan birgt gewisse Elemente des Erfolges. Er wird unserem Klienten so gut (wenn nicht gar besser) helfen als irgendeiner. Vielleicht wird Seine Majestät sogar die Gewogenheit haben, allen denen gegenüber, die an einem derartigen Memorial beteiligt sind, das unschwer zum Ausdruck der taktvollsten Untertanentreue gestaltet werden kann, eine gewisse Dankbarkeit zu bezeugen; ja, ich glaube sogar, dieser Gesichtspunkt läßt sich bei der Abfassung ohne weiteres betonen.« Alle nickten einander, wenn auch nicht ohne Seufzer, zu, denn die frühere Alternative entsprach ohne Zweifel weit mehr ihren Neigungen.
    »Dann darf ich wohl um einen Bogen Papier bitten, Mr. Stuart,« fuhr Miller fort, »ich glaube, die Denkschrift kann in überaus passender Form von den fünf Anwesenden als von den ›Prokuratoren des Verurteilten‹ unterzeichnet werden.« »Jedenfalls kann sie keinem von uns schaden«, bemerkte Coulston mit einem zweiten Seufzer; er hatte sich in den letzten zehn Minuten bereits als Lord Staatsanwalt gesehen. Darauf machten sie sich, wenn auch ohne Begeisterung, ans Werk, das Memorial

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