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Catriona

Catriona

Titel: Catriona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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oder ihnen einen Teil der Verantwortung, die ihnen von Rechts wegen zufällt, zu ersparen brauche. Die nackte Wahrheit ist: alle waren für einen Prozeß, der aufsehenerregende Folgen im Parlamentshaus haben und für sie selbst einen fetten Bissen abgeben sollte (um einen ihrer eigenen Ausdrücke zu gebrauchen). Vor meiner Intervention waren sie, glaube ich, dabei, unter sich die verschiedenen Ämter der Justizverwaltung zu verteilen. Unser Freund, Mr. Simon, sollte auf Grund irgendeines Vergleichs übernommen werden.«
    Prestongrange lächelte. »Das sind nun unsere Freunde«, bemerkte er. »Und was bewog Euch, es abzulehnen, Mr. David?« Ich berichtete ihm ganz offen, schob aber dabei die Bedenken, die Prestongrange selbst betrafen, in den Vordergrund. »Ihr laßt mir dabei nur Gerechtigkeit widerfahren«, sagte er. »Ich habe für Euch so hart gekämpft wie Ihr für mich. Und wie kommt es, daß Ihr heute schon hier seid?« forschte er. »Als der Prozeß sich in die Länge zog, begann ich schon zu befürchten, ich hätte den Spielraum zu knapp bemessen; ich erwartete Euch bereits morgen. Aber gar heute – das habe ich mir nicht träumen lassen.«
    Ich dachte natürlich nicht daran, Andie zu verraten.
    »Ich vermute, Ihr würdet unterwegs einige recht abgehetzte Pferde finden«, entgegnete ich.
    »Hätte ich Euch als einen derartigen Strauchdieb erkannt, ich hätte Euch den Aufenthalt auf Baß gründlich auskosten lassen«, erwiderte er.
    »Dabei fällt mir ein; hier ist Euer Lordschaft Brief.«
    Und ich reichte ihm den Zettel mit der verstellten Handschrift. »Da war noch ein versiegelter Umschlag.«
    »Ich habe ihn nicht mehr. Er trug nur die Adresse und konnte keine Katze kompromittieren. Dagegen befindet sich die zweite Einlage noch in meinem Besitz, und ich möchte sie, mit Eurer Erlaubnis, behalten.« Ich glaube, er war unangenehm berührt, ohne mir jedoch zu widersprechen. »Morgen«, fuhr er fort, »wird unser Geschäft hier beendet sein, und ich reise nach Glasgow weiter. Ich werde mich sehr freuen, wenn Ihr mich begleitet, Mr. David.«
    »Mylord –«, hub ich an. »Ich leugne nicht, Ihr würdet mir damit einen Dienst erweisen«, unterbrach er mich. »Ich wünsche sogar, daß Ihr in Edinburgh in meinem Hause absteigt. Ihr habt an den Fräulein Grants sehr warme Freundinnen gefunden, sie werden entzückt sein, Euch bei sich zu haben. Wenn Ihr glaubt, ich wäre Euch nützlich gewesen, könnt Ihr Euch auf diese Art sehr leicht revanchieren und, statt zu verlieren, obendrein einigen Vorteil daraus ziehen. Nicht jeder junge Unbekannte wird durch den Kronanwalt in die Gesellschaft eingeführt.« Häufig genug (trotz unserer kurzen Bekanntschaft) hatte dieser Gentleman erreicht, daß mir der Kopf sich drehte; zweifellos brachte er auch jetzt einige Sekunden lang diese Wirkung zustande. Hier sah ich ihn wieder einmal die alte Fiktion aufrechterhalten, daß ich mich bei seinen Töchtern besonderer Gunst erfreue; dabei war die eine so freundlich gewesen, mich auszulachen, während die anderen beiden kaum die Gnade gehabt hatten, von meiner Existenz Notiz zu nehmen. Und jetzt sollte ich mit Mylord nach Glasgow reiten und in Edinburgh bei ihm wohnen, sollte unter seiner Protektion in die Gesellschaft eingeführt werden! Daß er so gutmütig war, mir zu verzeihen, war an sich schon wunderbar genug; daß er aber meine Bekanntschaft pflegen und mir dienen wollte, schien unfaßbar, und ich begann nach seinen Gründen zu forschen. Das eine war klar: wurde ich sein Gast, dann war jede Umkehr unmöglich; niemals konnte ich meine jetzigen Absichten bereuen und ein Verfahren gegen ihn einleiten. Außerdem – würde nicht mein Aufenthalt in seinem Hause dem Memorial die ganze Stoßkraft rauben? Die Beschwerde konnte nicht allzu ernst genommen werden, wenn die Person, der am meisten unrecht geschehen, der Gast des am stärksten inkriminierten Beamten war. Als ich das bedachte, konnte ich mich eines Lächelns nicht erwehren. »Das soll eine Art Aktion gegen das Memorial sein?« fragte ich. »Ihr seid schlau, Mr. David,« meinte er, »und habt nicht so ganz daneben geraten. Die betreffende Tatsache wird mir meine Verteidigung erleichtern. Vielleicht unterschätzt Ihr aber auch meine freundschaftlichen Gefühle, die wirklich vollkommen echt sind. Ich habe vor Euch Respekt, Mr. David, untermischt mit Angst«, fügte er lächelnd hinzu.
    »Ich bin mehr als bereit, ja begierig, Euren Wünschen entgegenzukommen«, sagte ich. »Ich

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