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Catriona

Catriona

Titel: Catriona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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beschlossen, sie Euch durch einen anderen, lebhafteren Berichterstatter wissen zu lassen. Dieser neue Fall ist indes schwerwiegender, und ich fürchte, ich muß Euch durch die Nachricht beunruhigen, daß das Fräulein sich zur Zeit im Gefängnis befindet.«
    Ich schrie auf. »Ja,« bestätigte er, »das kleine Fräulein sitzt im Gefängnis. Aber Ihr braucht deswegen nicht zu verzweifeln. Wenn Ihr (samt Euren Freunden und Eurem Memorial) nicht meinen Sturz herbeiführt, wird ihr kein Leid geschehen.« »Was hat sie getan? Welches ist ihr Vergehen?« rief ich.
    »Hm – man könnte es fast als Hochverrat bezeichnen,« antwortete er, »sie ist in das Königliche Schloß von Edinburgh eingebrochen.«
    »Ich – bin von Herzen – der Dame Freund«, sagte ich. »Ich weiß; Ihr würdet meiner nicht spotten, wäre die Sache ernst.« »Und doch ist sie das in gewissem Sinne,« entgegnete er, »denn diese Schelmin Katharina oder Katrin, wie wir sie ruhig nennen dürfen – hat jene höchst zweifelhafte Persönlichkeit, ihren Herrn Papa, von neuem gegen die Welt losgelassen.«
    Also war eine meiner Vermutungen Wahrheit geworden: James More hatte die Freiheit wiedererlangt. Er hatte seine Leute hergegeben, um mich gefangenzuhalten; er hatte in der Appiner Mordsache sein Zeugnis angeboten, und das Zeugnis war (einerlei durch welche Schliche) dazu benutzt worden, die Jury zu beeinflussen. Seine Belohnung war fällig – er wurde freigelassen. Mochten die Behörden der Affäre das Mäntelchen einer Flucht umhängen – ich wußte es besser; ich wußte, das Ganze war nur die Erfüllung eines Paktes. Dieser Gedankengang nahm mir auch den letzten Rest Sorge um Catriona. Mochte man ruhig glauben, sie sei in ihres Vaters Gefängnis eingebrochen; mochte sie es ruhig selbst glauben. Die führende Hand in dieser Sache war die Hand Prestongranges, und ich war überzeugt, er würde es nicht einmal zu einer Gerichtsverhandlung, geschweige denn zu einer Verurteilung kommen lassen, worauf mir sogleich der nicht sehr diplomatische Ruf entschlüpfte:
    »A! Das hatte ich erwartet!« »Und doch leidet Ihr mitunter an einem Übermaß von Diskretion!« lautete Prestongranges Antwort.
    »Was beliebt Euer Lordschaft damit sagen zu wollen?« »Ich wundere mich nur, daß Ihr, nun Ihr so klug seid, diese Schlüsse zu ziehen, sie nicht auch klugerweise für Euch behaltet. Doch Ihr wünscht vermutlich Näheres über die Angelegenheit zu hören. Ich habe zwei verschiedene Fassungen erhalten: die inoffizielle ist die ausführlichere und zugleich weit unterhaltsamer, da sie der munteren Feder meiner ältesten Tochter entstammt. ›Zur Zeit hat ein recht sauberes Schelmenstückchen die ganze Stadt in Aufruhr versetzt‹, schreibt sie, ›und, was die Sache noch anrüchiger macht, wenn es die guten Leute wüßten – die Spitzbübin ist eine Protegée Seiner Lordschaft, meines Herrn Papas. Ich bin überzeugt, Euer Herz ist (abgesehen von allem andern) allzusehr eins mit Eurer Pflicht, als daß Ihr der »Grauen Augen« vergessen hättet. Was tut nun das Mädchen! Schafft sich einen breitrandigen Hut mit heruntergeschlagenen Ohrenklappen, einen langen, zottigen Männermantel und eine stattliche Krawatte an, schürzt sich die Röcke hoch bis Gott weiß wohin, zieht sich zwei Paar Gamaschen über die Beine und marschiert, ein Paar geflickter Nagelschuhe in der Hand, gen's Schloß! Dort gibt sie sich aus als einen Schuhmacher in Diensten von James More und wird in seine Zelle gelassen, wobei der Herr Leutnant (der ein recht scherzfroher Mann zu sein scheint) sich mit seinen Kerls über des Schusters Paletot amüsieret. Bald darauf hört man drinnen Streit, zudem Lärm von Hieben. Heraus fliegt der Schuster mit flatternden Rockschößen, die Ohrenklappen fest ums Gesicht gezogen, und Leutnant und Soldaten lachen hinter ihm drein. Sie lachten nicht ganz so herzhaft, als sie das nächstemal die Zelle inspizierten und niemanden dort fanden als ein großes, hübsches, grauäugiges Mädchen in Frauenzimmerkleidern! Was nun den Schuster anbetrifft, so ist er längst über alle Berge, und es heißt, unser armes Schottland müsse sich ohne ihn trösten. Ich habe in jener Nacht öffentlich auf Catrionas Wohl getrunken. Wahrhaftig, die ganze Stadt bewundert sie; ich glaube, die Herren Galans würden Stücke ihres Strumpfbandes im Knopfloch tragen, könnten sie nur etliche bekommen. Ich hätte sie auch im Gefängnis besucht, wäre mir nicht rechtzeitig eingefallen, daß ich

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