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Catriona

Catriona

Titel: Catriona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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nährtet.«
    »Das heißt tatsächlich die Katze aus dem Sack lassen«, dachte ich. Dies war auch der allgemeine Eindruck. Man mußte sich wundern, zu sehen, wie die grünen Anwaltjungen jene Rede aufgriffen und verspotteten; wie kaum eine Mahlzeit vorbeigehen konnte, ohne daß irgend jemand die Worte einschmuggelte: »Dann hättet Ihr Euch satt trinken können.« Zahlreiche Augenblickslieder wurden gedichtet und fast alle wieder vergessen. Ich erinnere mich, das eine begann:
     
    »
Von wem wollt Ihr trinken das Blut, ja das Blut?
Ist's ein Name, sagt, ist es ein Clan?
Oder ist's gar ein wilder Hochlandsmann,
Von dem Ihr wollt trinken das Blut, ja das Blut

     
    Ein anderes wurde nach meiner alten Lieblingsmelodie »The House of Airlie« gesungen:
     
    »
Es begab sich an dem Tag, da Argyle präsidierte,
Daß man ihm einen Stuart zum Abendbrot servierte

     
    Und einer der Verse lautete:
     
    »
Und auf stand der Herzog und sprach zu seinem Koch:
Ich eracht es als mein heißestes Bestreben,
Mir zu füllen den Schlauch
Und zu stopfen den Bauch
Mit dem Blute der feindlichen Leben

     
    James wurde so offenkundig ermordet, als hätte der Herzog ihn mit seiner Jagdflinte niedergeknallt. Das alles wußte ich genau, aber andere wußten es nicht. Um so größer war die Empörung über gewisse skandalöse Einzelheiten, die im Verlauf des Prozesses durchsickerten; darunter an erster Stelle dieser Hieb des Vorsitzenden. Mit ihm wetteiferte die ausfallende Bemerkung eines Geschworenen, der ein Plädoyer Coulstons mit den Worten unterbrach: »Ich bitte Euch, Sir, faßt Euch kurz, wir haben die Sache satt.« Das mußte als der Gipfel der Unverfrorenheit und Einfalt erscheinen. Doch einige meiner neuen Freunde unter der Anwaltschaft fühlten sich noch mehr vor den Kopf gestoßen durch einen neuen Brauch, der diesen Prozeß verunglimpfte, wenn nicht gar schändete. Der eine Zeuge wurde niemals aufgerufen. Zwar stand sein Name auf der vierten Seite der Zeugenliste, wo er auch heute noch zu finden ist, als »James Drummond, alias MacGregor, alias James More, weiland Pächter auf Inveronachile«, und sein Vorverhör war, der Sitte gemäß, protokolliert. Er hatte darin Material beigebracht oder erdichtet, (Gott helfe ihm), das, wie ich erkannte, Blei in James' Schuhe goß, während es seinen eigenen Schwingen anheftete. Nun war es zwar äußerst wünschenswert, diese Aussagen der Jury zu unterbreiten, jedoch ohne den Zeugen selbst der Gefahr eines Kreuzverhörs auszusetzen; und der Ausweg, den man wählte, bot allen die größte Überraschung. Das Schriftstück wurde (gleich einer Kuriosität) von Hand zu Hand weitergegeben, wanderte zur Geschworenenbank, wo es seine Arbeit verrichtete, und verschwand wieder (wie zufällig), ehe es die Rechtsbeistände des Gefangenen erreichte. Diese Machenschaft wurde als besonders hinterlistig angesehen; und daß mit ihr der Name James More verknüpft war, füllte mich mit Scham für Catriona und mit Sorge um mich selbst. Am folgenden Tage brachen Prestongrange und ich, begleitet von einem ziemlich großen Anhang, nach Glasgow auf, wo wir uns (ganz gegen meinen Willen) teils in Geschäften, teils zum Vergnügen ziemlich lange aufhielten. Ich wohnte zusammen mit Mylord und wurde zu intimem, persönlichem Umgang herangezogen. Ich war zu allen Gesellschaften eingeladen und wurde den wichtigsten Gästen vorgestellt, kurz, wurde hofiert in einem Maße, wie es weder meinen Verdiensten noch meinem Range entsprach, so daß ich oft in Gegenwart von Fremden für Prestongrange errötete. Ich muß gestehen, die Weltanschauung, die ich mir in den letzten Monaten gebildet hatte, drohte mich melancholisch zumachen. Vielen war ich begegnet, die durch Geburt oder Talent den Edelsten der Nation angehörten; und wer von ihnen allen hatte reine Hände gehabt? Was die Browns und Millers anbetraf, so hatte ich sie derart streberisch gefunden, daß ich sie nicht länger zu achten vermochte. Prestongrange war von allen noch der Beste; er hatte mich gerettet oder verschont, wo andere geplant hatten mich kaltblütig zu ermorden. Allein, an seinen Händen klebte das Blut James', und ich fand seine Verstellung bezüglich meiner Person unverzeihlich. Daß er an meiner Unterhaltung Freude zu haben vorgab, ging fast über meine Geduld. Ich saß dann da und beobachtete ihn, während in meinem Innern eine Art langsamen Feuers schwelte. »Ach Freundchen, Freundchen,« dachte ich im Stillen, »hättest du dich erst durch

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