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Catriona

Catriona

Titel: Catriona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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diese Memorialaffäre durchgewunden, mit einem Fußtritt flöge ich auf die Straße.« Darin tat ich ihm, wie spätere Ereignisse zeigten, schweres Unrecht; ich glaube vielmehr, er war gleichzeitig weit aufrichtiger und ein viel geschickterer Schauspieler, als ich vermutete. Doch ein Teil meines Mißtrauens wurde durch das Benehmen einer Korona von jungen Anwälten gerechtfertigt, die den Lord Staatsanwalt in der Hoffnung auf Protektion umschwärmten. Die plötzliche Gunst, zu der ein junger Bursche ausrückte, von dem sie früher nie gehört hatten, stürzte sie in Unruhe. Keine zwei Tage waren vergangen, da sah ich mich plötzlich mit Schmeicheleien und Aufmerksamkeiten überschüttet. Ich war inzwischen weder besser noch hübscher geworden, ja, war immer noch derselbe junge Mann, dem sie vor einem Monat die kalte Schulter gezeigt hatten, und jetzt war keine Artigkeit für mich zu gut! Derselbe, sage ich? Durchaus nicht; das bestätigte mir der Spitzname, den sie mir hinter meinem Rücken gaben. Da sie mich in des Lord Staatsanwalts Gunst fest verankert fanden und überzeugt waren, ich würde noch weit und hoch fliegen, wählten sie eine Bezeichnung aus der Golfsprache und nannten mich »den Schwungball«. Sie erklärten mir, jetzt sei ich »einer von ihnen«; ich, der ich ihre rauhe Schale gespürt hatte, sollte jetzt den süßen Kern kosten. Ja, ein junger Mann, dem ich in Hope Park vorgestellt worden war, besaß die Unverfrorenheit, mich an jene Zusammenkunft zu gemahnen. Ich sagte ihm, ich hätte nicht das Vergnügen, mich daran erinnern zu können. »Aber Miß Grant hat mich Euch persönlich vorgestellt«, protestierte er. »Mein Name lautet Soundso.« »Ich will es Euch gern glauben, Sir«, entgegnete ich; »leider habe ich es jedoch vergessen.«
    Da ließ er mich in Ruhe, und ich empfand inmitten des Ekels, der mich gemeinhin zu ersticken drohte, so etwas wie Freude. Allein ich habe nicht die Langmut, bei jener Zeit zu verweilen. Befand ich mich in Gesellschaft dieser jungen Diplomaten, so überwältigten mich Scham über mich selbst und mein ungehobeltes Wesen und Verachtung ihrer Doppelzüngigkeit. Von beiden Übeln hielt ich Prestongrange für das geringere, und ob ich auch den jungen Modeherren stets eine stocksteife Front präsentierte, verbarg ich doch so ziemlich meine bitteren Gefühle gegen den Lord Staatsanwalt und war (um mit Mr. Campbell zu reden) dem »Herrn des Hauses gegenüber gefügig«. Prestongrange selbst stellte mich des Unterschiedes wegen zur Rede und forderte mich auf, mich meinem Alter entsprechend zu benehmen und mit meinen jungen Kameraden Freundschaft zu schließen.
    Ich sagte ihm, daß ich mich nur schwer jemandem anschlösse. »Ich nehme das Wort zurück«, erwiderte er. »Es gibt auch so etwas wie ›Schön guten Abend und guten Tag‹, Mr. David. Das sind hier die nämlichen jungen Männer, an deren Seite Ihr Eure Tage verbringen und Euch durchs Leben schlagen sollt. Eure Zurückhaltung schmeckt nach Arroganz, und ich fürchte, Ihr werdet auf Eurem Wege Schwierigkeiten begegnen, wenn Ihr nicht ein wenig mehr Schmiegsamkeit annehmt.« »Es ist ein undankbar Geschäft, aus einem Schweinsohr eine seidene Börse schneidern wollen«, lautete meine Antwort. Am Morgen des 1. Oktober wurde ich durch das Pferdegetrappel eines reitenden Boten aus dem Schlafe geschreckt; fast noch ehe er abgesessen hatte, stand ich schon am Fenster und erkannte, daß der Mann scharf geritten war. Später wurde ich zu Prestongrange befohlen, der in Schlafrock und Nachtmütze vor einem Haufen Briefe saß. »Mr. David,« sagte er, »ich habe für Euch Neuigkeiten. Sie betreffen Freunde von Euch, derer Ihr Euch, wie ich manchmal glaube, ein wenig schämt, denn Ihr habt niemals ihre Existenz erwähnt.«
    Ich errötete vermutlich. »Ich sehe, Ihr habt mich verstanden; Ihr gebt das richtige Antwortsignal. Übrigens mein Kompliment – Ihr versteht Euch vortrefflich auf Frauenschönheit. Wißt Ihr jedoch, Mr. David, daß wir es anscheinend mit einem höchst unternehmungslustigen jungen Frauenzimmer zu tun haben? Sie kommt uns von allen Seiten in die Quere. Die Regierung von Schottland weiß, wie es scheint, dank der Jungfer Katharina Drummond weder ein noch aus, ganz wie es (vor kurzem erst) mit einem gewissen Mr. David Balfour der Fall war. Würden die beiden nicht ein passendes Paar abgeben? Des Fräuleins erster Eingriff in die Politik – aber ich darf jene Geschichte nicht verraten; die Behörden haben

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