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Catwalk in den Tod

Catwalk in den Tod

Titel: Catwalk in den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koglin
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stammt. Auffallend hübsch sei sie gewesen. Das will ich meinen. Hinweise dringend erbeten. Und dann die Schaufensterpuppe. Die hat eine richtige Geschichte. Mit Geburtsurkunde, Seriennummer, Arbeitsplatz und dass sie vor ein paar Tagen aus einer Pöseldorfer Modeagentur geklaut worden sein soll. Immerhin schreibt man nicht »entführt«.
    Der Laden gehört einem Modeschöpfer. Feine Gesellschaft. Sitzt jeden Monat in irgendeiner Talkshow und erzählt aus seinem Leben. Wie er von den Drogen loskam und was für eine tolle Mama er hat und wie die immer in den finstersten Finsterzeiten zu ihm gehalten hat und wie wohl er sich in seinem Penthouse in New York fühlt. Der Mann sei entsetzt schreibt die Zeitung und auf dem Foto sieht er auch so aus. Aufgerissene Augen und die Lippen ganz schmal. Sieht aus, als hätte er seit Kriegsende nicht mehr geschlafen. Gottseidank denk ich nicht so viel.
    In meinem Kopf tanzen die Fragezeichen. Warum wirft jemand eine Leiche zusammen mit einer Schaufensterpuppe in die Alster? Und warum versucht man, einen Obdachlosen um die Ecke zu bringen? Und wo um Himmelswillen hat sie die Kinder untergebracht? Womöglich rackern die sich jetzt ganz alleine beim Versuch ab, meinen Alu-Stern in den Himmel zu werfen und sind ganz erschöpft und niemand ist da, der ihnen hilft.
    Der Student reicht mir eine Flasche Rotwein.
    »Das wärmt«, sagt er und nickt.
    Nichts für mich. Nebel im Kopf kann ich nicht gebrauchen. Saufen hab ich längst aufgegeben. Ist auf der Straße lebensgefährlich. »So-Fort« muss auch immer gleich kotzen. Außerdem, wenn dir einer ein Messer in den Rücken sticht, sieht man sich schon mal auf der Straße um. Mit Alkohol im Kopf wird dir dabei doch ganz schwindlig.
    »Was war’s denn?«, sagt der junge Mann und nimmt einen kräftigen Schluck.
    »Was war was?«
    »Ehescheidung, Knast? Gibt doch immer einen Grund, warum man auf der Straße landet.«
    »Einfach so.«
    »Du willst nicht drüber reden.«
    »Ich bin hier nur auf Durchreise. Nächsten Monat geht’s wieder nach Westerland. Da bin ich zu Hause.«
    Der Student runzelt die Stirn.
    »Westerland«, sagt er und verzieht das Gesicht.
    »Doch, doch, da liegt meine Decke. In der Friedrichstraße. Allererste Adresse. Im Moment wird da gerade renoviert.«
    »Im Urlaubsparadies der Kaufhaus-Abteilungsleiter?«
    »Gute Kundschaft«, sage ich und erzähle ihm, dass ich auf Sylt herrenlosen Hunden ein gemütliches Zuhause verschaffe.
    »Auch ein Hund will dazugehören. Und Hunde, die nun nicht mehr mit einem Penner leben müssen, sind was ganz Besonderes. Zumindest in Westerland.«
    »Du verkaufst den Touristen deine Welpen und die lassen dafür was springen? Geile Geschäftsidee.«
    Da muss ich wohl einen Wirtschaftsstudenten getroffen haben.
    Und auch ich hab was begriffen. Ich muss eine weite, weite Reise machen. Gleich zweimal um den Globus. Rein in ein ganz anderes Leben. Wer will hier schon eine Zielscheibe abgeben? Sterben, schön und gut, aber wenn du noch nicht einmal weißt, warum dir wildfremde Leute ein Messer in den Rücken rammen, darfst du zumindest in Deckung gehen. Ob es hilft, steht auf einem anderen Blatt. Mit unsichtbarer Tinte. Gottseidank denk ich ja nicht so viel.
     
    *
     
    Ich bettele mir also ein paar Münzen für den Schönheitssalon zusammen. Haare schneiden und färben, rasieren und neue Klamotten aus dem Rotkreuz-Container. Mehr brauchst du nicht, um ein neuer Mensch zu werden. Halt, Schuhe sind wichtig. Hat schon meine Mama immer gesagt. Beim Schuster gibt’s immer ein paar vergessene Paare, die man gegen die Begleichung der Reparaturkosten günstig mitnehmen darf.
    Am Container entscheide ich mich für ein Siebziger-Jahre-Outfit. Kommt immer gut an. Schließlich muss ich in die Höhle des Löwen. Und bei diesem Löwen kann nur mitbrüllen, wer im Armani-Anzug oder auch schräg gewandet durch die Tür spaziert. Eine Masche braucht der Mensch. Ich hätte ja auch Armani genommen, aber beim Roten Kreuz ist gerade keiner im Angebot.
     
    *
     
    Sicher, ich hätte mich auch nach Westerland verziehen können. Und wenn ich mir sage: »Omen, kauf dir ein Ticket«, genau dann tauchen vor meiner inneren Videokonferenz die beiden Kinder auf. Ist ne richtige Macke von mir und wenn ich mehr Geld hätte, würde ich deswegen ja auch zum Arzt gehen. Aber kaum hab ich die Praxisgebühr zusammen, krieg ich Hunger oder treff eine arme Sau, der es richtig schlecht geht. Ich leb also mit `ner Macke und seh die Kinder

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