Caylebs Plan - 6
noch hier sind, sollte Clyntahn immer noch recht zuversichtlich sein, uns ganz nach Wunsch jederzeit zu packen zu bekommen.«
»Diesen Gedanken empfinde ich als nicht sonderlich beruhigend«, bemerkte Hauwerd ernst.
»Ich weiß.« Samyl lächelte seinem Bruder zu und wusste, dass Hauwerd in seinem Blick würde lesen können, wie viel er ihm bedeute. »Es tut mir so Leid, dass ich dich da mit hineingezogen habe.«
»Unfug! Leuten wie Clyntahn und Trynair gewaltig auf die Nerven zu gehen ist doch schon, soweit ich zurückdenken kann, eine alte Familientradition. Eigentlich ist das sogar eine Spezialität der Familie Wylsynn seit dem Tag der Schöpfung selbst.«
Hauwerds Tonfall hatte sich ein wenig verändert, und nun blickte er mit gehobener Augenbraue seinen Bruder an.
»Ich weiß«, erwiderte Samyl nach kurzem Schweigen.
»Denkst du ...?«
»Nein.« Entschlossen schüttelte Samyl den Kopf.
»Samyl, wenn wir den Schlüssel nicht jetzt benutzen, wann sollen wir es denn dann tun?«
»Der Schlüssel war nie dafür gedacht, gegen jene eingesetzt zu werden, die zur Kirche gehören«, erwiderte Samyl. »Und nicht nur das, es ist die allerletzte Waffe, und sie kann nur ein einziges Mal genutzt werden. Das hat Schueler unmissverständlich zum Ausdruck gebracht. Und glaubst du wirklich, Cayleb und Charis hätten die Grenze, die er einst gezogen hat, schon überschritten?«
»Natürlich nicht!«, entgegnete Hauwerd. »Das war uns doch von Anfang an klar! Aber dieses Schisma geht tiefer und tiefer, Samyl. Wenn Clyntahn die Charisianer immer weiter so treibt, ist es doch allzu wahrscheinlich, dass ihr Handeln früher oder später in echte Ketzerei übergeht, was auch immer Staynair oder Cayleb eigentlich zu bewirken hoffen. Und wenn es für den ›Kreis‹ hart auf hart kommt, wenn niemand mehr übrig ist, um Cayleb aufzuhalten ...«
Er beendete den Satz nicht, und Samyl nickte düster.
»Ich weiß«, sagte er. »Ich weiß. Aber das ist einer der Gründe dafür, dass Paityr sich in Charis aufhält, Hauwerd.«
Einige Sekunden lang starrte Hauwerd sein Gegenüber nur schweigend an, dann seufzte er schwer.
»Es gibt Momente, da wünschte ich mir, in eine andere Familie hineingeboren zu sein«, sagte er mit einem schiefen Grinsen.
»So geht's mir auch ... manchmal«, pflichtete Samyl ihm bei. »Bedauerlicherweise ist dem nun einmal nicht so. Deswegen erfreuen wir uns ja auch im ganzen restlichen Vikariat so verdammt großer Wertschätzung.«
Leise lachte Hauwerd in sich hinein. Dann schüttelte er den Kopf.
»Weißt du, ich war von Anfang an froh darüber, dass Paityr in Charis geblieben ist, aber dabei hatte ich überhaupt nicht an den Schlüssel gedacht.«
»Weil ich dir nie erzählt habe, dass ich ihn Paityr gegeben habe«, erklärte Samyl. »Nicht, dass ich jemals damit gerechnet hätte, es könne so weit kommen, als ich Clyntahn dabei geholfen habe, diesen Auftrag für Paityr zu ›arrangieren‹. Ich würde lügen, wenn ich behauptete, irgendetwas von dem hier kommen sehen zu haben, als er zum ersten Mal nach Tellesberg aufgebrochen ist. Aber Gottes Wege waren schon immer unergründlich. Genau das muss der Herr im Sinn gehabt haben ... und wenigstens ist Paityr für Clyntahn derzeit unerreichbar.«
»Gebe Gott, dass es so bleibt!«, sagte Hauwerd leise. Er hatte keine Kinder, und angesichts der Vorstellung, was jemand wie Clyntahn mit den Familien seiner Gegner im Vikariat anstellen mochte, war er dafür unendlich dankbar.
»Ich werde Lyzbet über Ahnzhelyk eine Nachricht zukommen lassen«, sagte Samyl leise. »Ich sage ihr, sie solle zuhause bleiben und dafür sorgen, dass die anderen Kinder bei ihr blieben, statt sie in diesem Winter nach Zion zu bringen.«
»Denkst du denn, Clyntahn behält sie nicht im Auge?«
»Ich weiß, dass Clyntahn sie sehr wohl im Auge behält.« Samyls Stimme klang sehr bitter. »Aber ich weiß, dass er seinerzeit auch Adorai Dynnys und ihre Jungs im Auge behalten hat, und Ahnzhelyk hat dennoch dafür gesorgt, dass sie das Land verlassen konnten. Ich denke, für uns wird sie das Gleiche zuwege bringen. Zumindest bete ich darum.«
»Willst du Lyzbet nach Charis schicken?«
»Wohin sonst könnte ich sie denn bringen, wenn ich sie auch nur ansatzweise in Sicherheit wissen will?«
»Mir fällt auch nichts Besseres ein«, gab Hauwerd zu.
»Natürlich werde ich Lyzbet sagen, dass Ahnzhelyk unbedingt auch für sich selbst entsprechende Vorkehrungen treffen sollte«, fuhr Samyl
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