Century Love - Tödliches Fieber: Roman (German Edition)
Gleichgültigkeit reagierte.
Seth kaute deprimiert an seinem Brot. Ging Liv-, äh Eva ihm etwa aus dem Weg? Er verstand nicht, wie er das schöne Gefühl, das ihn in ihrer Gegenwart überwältigte, mit derwachsenden Überzeugung, dass sie nichts mit ihm zu tun haben wollte, in Einklang bringen sollte.
Seth blickte auf sein Tablett. Ihm war nicht nach Frühstück zumute. Er wollte gerade aufstehen und alles wieder abräumen, als das Tischgespräch sein Interesse weckte. Das lag natürlich nur daran, dass jemand ihren Namen gesagt hatte.
»Nein, das war, als ich Eva beinahe fallen gelassen hätte! Oh Gott, war das schrecklich …«
»Wie soll das erst bei der Premiere werden? Das klappt nie!«
»Kannst du endlich deinen Text, Harry?«
»Ich habe heute Nacht bis zwei Uhr gelernt. Mehr war nicht drin.«
»Wann ist denn die Premiere?«, fragte Ruby.
»Heute Abend. Bitte komm nicht, wir sind noch zu schlecht. Warte bis Freitag.«
Ruby lachte mit funkelnden Augen. »Stell dich nicht so an, Harry. Es wird bestimmt super. Ich komme heute Abend … und du willst Harrys Auftritt doch sicher auch nicht verpassen, oder, Seth?«
»Oh nein, Seth will mich bestimmt nicht auf der Bühne sehen«, sagte Harry rasch.
»Und ob, nicht wahr, Seth?« Ruby ließ nicht locker.
Seth zuckte die Achseln. »Meinetwegen.«
»Super!« Ruby grinste. »Ich besorge Karten. Es fängt um halb acht an, oder, Harry?«
Harry nickte kläglich.
»Dann treffen wir uns um Viertel nach sieben am Eingang, Seth.«
Ruby räumte schnell ihr Frühstück ab und ging, ehe Seth seine Meinung ändern konnte. Triumphierend kehrte sie in ihr Zimmer zurück: Sie hatte sich gerade einen ganzen Abend mit Seth Leontis erschlichen. Einen ganzen schrecklichen Theaterabend mit der miesen Eva Koretsky in einer der Hauptrollen. Nach der Aufführung würde Seth Leontis endlich ihr gehören!
Drama
St. Magdalene’s
2013 n. Chr.
Ich stand auf der Seitenbühne und wischte mir wütend die Augen. Die Wahnsinns -Szene lag gerade hinter mir und sie war mir selbst wirklich zu Herzen gegangen. Zum ersten Mal fühlte ich Ophelias Verlust am eigenen Körper: Man hatte ihren Vater umgebracht und jetzt wandte sich auch noch Hamlet gegen sie – der Junge, den sie liebte und nicht mehr treffen durfte (wieso kam mir das bekannt vor?). Die ganze Szene lang hatte ich Seths Gesicht vor Augen und hätte am liebsten geschrien, als ich mir vorstellte, er würde sich gegen mich wenden. In diesem Augenblick begriff ich, dass meine Gefühle für ihn über eine harmlose Schwärmerei weit hinausgingen. Da alles so hoffnungslos war, brauchte ich meinen Zusammenbruch am Bühnenrand gar nicht mehr zu schauspielern. Und deshalb konnte ich jetzt nicht aufhören zu heulen. Doch wenn Will gleich von der Bühne kam, war es Zeit für die Beerdigungs -Szene, in der ich als Leiche reglos auf meiner Gruft liegen musste. Eine Leiche, der ständig die Tränen hinunterliefen, wäre so was von realistisch!
Ich schniefte und auf einmal war Astrid da. Sie rammte mirden Ellbogen in die Rippen und reichte mir einen Haufen Taschentücher. Ich lächelte dümmlich und tupfte mein Gesicht ab, während ich versuchte, mich zusammenzureißen. Ein, zwei Minuten blieben mir noch. Will gab auf der Bühne Hamlets wütende Tirade zum Besten – zum Glück konnte er heute seinen Text.
Ich atmete durch. Das würde ich auch noch schaffen.
Dann kam mein Einsatz. Ich wischte mir die letzten Tränen ab und holte tief Luft.
Als das blaue Licht aufleuchtete, trugen Louis und Harry mich ziemlich professionell zum Tisch (der Gruft), wo ich für den Rest der Szene reglos liegen bleiben sollte.
Zu diesem Zeitpunkt reglos dazuliegen, war der schwerste Teil der Rolle. Denn ich musste nicht nur jeden Impuls unterdrücken, tief Luft zu holen, zusammenzuzucken oder mich irgendwo zu kratzen, wo es plötzlich juckte, sondern musste außerdem das Gefühl abgrundtiefer Verzweiflung verdrängen.
Als der Beerdigungsmarsch ertönte, hatte ich alles einigermaßen unter Kontrolle. Harry (der meinen Bruder Laertes spielte) hatte gerade mit seiner Trauerrede begonnen, als jemand weiter vorn stöhnte. War einer von uns von der Bühne gefallen? Ich brauchte all meine Selbstbeherrschung, um mich nicht zu rühren. Die Augen durfte ich natürlich keinesfalls öffnen, und deshalb hatte ich keine Ahnung, was vor sich ging. Aus dem Publikum kam nur leises Gemurmel, bis eine Tür schlug und es wieder ruhig wurde. Kurz darauf stammelte Harry sich
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