Chancen, Risiken, Folgen 4
dabei zumachen?“ Meine Stimme klingt bettelnd, doch ich schäme mich nicht dafür.
„Nein. Das möchte ich nicht“, flüstert Matt, dabei streicht er mir durchs Haar. „Bitte, respektiere das.“
Seufzend verabschiede ich mich von meinem Wunsch und verwöhne uns zusammen, Matt auf mir liegend, unsere Schwänze in meiner Faust. Das ist auch schön, wenn er nur nicht wieder auf dem Gipfel die Augen schließen und den Kopf wegdrehen würde.
Es ist mein letzter Tag hier, morgen müssen Hassan und ich abreisen. Mein Herz wird mit jeder Minute schwerer, die ich mit Matt verbringe. Wir faulenzen die meiste Zeit auf der Veranda der Hütte, kühlen uns nur gelegentlich im Meer ab. Meist schweigen wir, einfach deshalb, weil jedes Wort zu viel wäre und ich befürchte, mich doch noch zu verraten.
Gegen Abend halte ich es einfach nicht mehr aus. Nach dem Abendessen haben wir uns wieder auf der Veranda verkrochen, dem Sonnenuntergang zugesehen und nun brennt eine Kerze, malt weiche Konturen auf Matts mir zugewandtes Profil.
„Matt, warum können wir es nicht versuchen? Ich meine, Frankfurt ist doch nur fünf Bahnstunden entfernt. Ich könnte am Wochenende zu dir kommen oder umgekehrt. Was spricht denn dagegen?“
Er dreht mir sein Gesicht zu, runzelt die Stirn und nickt schließlich. „Ich schreibe dir meine Adresse und Telefonnummer auf, dann werden wir weitersehen“, flüstert er. „Aber danach reden wir bitte nicht mehr davon.“
Ich stecke den Zettel mit den kostbaren Daten sogleich in meine Brieftasche, dann regiert zwischen Matt und mir nur noch die Lust.
Am nächsten Tag fällt unser Abschied nicht so schmerzlich aus, wie ich befürchtet habe, da ich mir sicher bin, ihn wiederzusehen. Ich werde nicht mehr von ihm ablassen, werde Matt so lange weichklopfen, bis er mich auch in sein Herz schließt, vorher gebe ich nicht auf. Mit dieser Überzeugung und voller Vorfreude, aber auch mit ein wenig Bedauern steige ich ins Flugzeug.
Hassan hat es besser getroffen als ich, denn seine Vanessa und ihre Freundinnen reisen mit uns zurück. Mein Ex ist total verliebt und quatscht mich während des ganzen Fluges voll, was ich gutmütig über mich ergehen lasse, da ich in Gedanken ohnehin bei Matthew und unserer gemeinsamen Zukunft bin.
Eine Woche später könnte ich mich für meine Leichtgläubigkeit in den Hintern beißen. Ich stehe in Frankfurt vor der Adresse, die Matt aufgeschrieben hat, aber in dem Haus wohnt kein Herr Vandergast, sondern eine Familie mit anderem Namen. Ich habe sogar geläutet und nach ihm gefragt, doch sie haben nur verständnislos den Kopf geschüttelt.
Auch die Telefonnummer war eine Sackgasse, an deren Ende eine computeranimierte Stimme erklärte, die Nummer sei nicht vergeben. So ein mieses Schwein!
Unverrichteter Dinge muss ich zurück nach Hamburg fahren und suhle mich in Liebeskummer, dabei hasse ich mich selbst dafür, dass ich so dumm gewesen bin. Was muss sich Matthew amüsiert haben, mich auf die falsche Fährte zu locken. Verabscheut er mich so sehr, dass er mich wie einen Trottel dastehen lässt?
Zuerst will ich die Flinte ins Korn werfen und nähre meine Wut auf den Kerl, aber das dauert nur wenige Stunden an. Die Verzweiflung frisst sich in jede meiner Zellen und ich grübele über einen Ausweg nach. Jeder Mensch kann gefunden werden, und sei es im Internet.
Nach zehn vergeblichen Versuchen finde ich Matthew bei Facebook, allerdings unter dem Namen Matvand, doch das Foto zeigt eindeutig ihn. Seine Aktivitäten sind beschränkt, nur wenige Freunde in seiner Liste. Ich starre eine Weile auf sein Bild, dann tippe ich eine Nachricht, lösche sie, tippe neu, lösche und hole erst mal tief Luft.
Was will ich ihm denn mitteilen? Am liebsten würde ich eine Hasstirade auf ihn loslassen, an deren Ende ich um seine Gunst bettele, doch das erscheint mir nicht ratsam. Ich tüftele also herum und lege mir erst mal ein Profil auf der Plattform an, natürlich unter falschem Namen. Zwischendurch gucke ich in Matts Daten und stelle fest, dass dieser gemeine Kerl in Hamburg wohnt. Sollte ich doch aufgeben? Es ist offensichtlich, dass er mich nicht treffen will, oder?
Nein. Ich will ihm zumindest persönlich sagen, wie ich seine Lügerei finde, am besten schreiend. Die Wut übertüncht den Kummer, sodass ich keinerlei Hemmungen habe, dem lieben Matt eine Freundschaftsanfrage zu schicken und gleich eine Nachricht hinterher.
„Lieber Matvand, ich bin auch gehandicapt und würde mich
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