Charles
und drehte einen Becher um.
Ben, der ein alter Freund von ihm war, griff sofort zur Kaffeekanne. „Scheint so, als könntest du einen Schluck gebrauchen.“ „Stimmt. Sag mal, sind eigentlich alle hier verrückt geworden oder nur ich?“
„Wovon redest du überhaupt?“
„Von den Frauen natürlich. Ich war gerade in Valdez, und es ging mir gut. Eines Morgens habe ich die Zeitung aufgeschlagen, und was habe ich gesehen? Ein Foto von Sawyer und eins von Christian. Dann war da dieser Artikel über ihre Schnapsidee, Frauen nach Hard Luck zu holen.“
„Soweit ich weiß, gibt es in Anchorage ein paar Frauen, die wütend waren, weil Christian dort keine Bewerbungsgespräche geführt hat.“
„Das ist nicht dein Ernst!“
„So habe ich es jedenfalls gehört.“ Ben lehnte sich an den Tresen. „Möchtest du etwas essen?“
Charles schüttelte den Kopf. Es verwirrte ihn, dass der einzige Mensch, von dem er eine ehrliche Antwort erwartet hatte, offenbar genauso verrückt war wie alle anderen auch.
„Mach doch nicht so ein Gesicht“, sagte Ben. „So schlimm ist es nun auch wieder nicht.“ Dann ging er in die Küche.
„Übrigens, hast du sie schon gesehen?“ rief er nach einer Weile. „Wen?“
„Die Frau, die gerade nach Hard Luck gekommen ist. Hübsches Ding. Sie hat langes blondes Haar und eine süße Nase. Aber sie ist jung – höchstens dreiundzwanzig. Duke hat sie vorhin hergeflogen, und Scott hat sie mit ins Büro genommen. Wahrscheinlich ist sie die neue Sekretärin, die Christian eingestellt hat. Wenn ich von ihrer Ankunft gewusst hätte, hätte ich einen Kuchen gebacken. In letzter Zeit haben alle nur noch Sawyers und Abbeys Hochzeit im Kopf.“ Ben machte eine Pause und fuhr sich übers Kinn. „Ich kann mich gar nicht erinnern, wann wir hier das letzte Mal eine Hochzeit hatten. Du?“
„Nein“, entgegnete Charles unwirsch und stand auf. Sogar Ben hatte jeden Bezug zur Realität verloren. Anscheinend hatten alle Männer im Umkreis von zweihundert Meilen nur noch die Liebe im Kopf. Merkten sie denn gar nicht, wie lächerlich sie sich machten?
„Du hast sie also noch nicht kennen gelernt“, stellte Ben fest.
„Nein.“
„Weißt du dann, wo sie wohnt?“
„Keine Ahnung.“
Ben runzelte die Stirn. „Hoffentlich hat jemand daran gedacht, sie herumzuführen. Schließlich soll sie uns nicht für ungastlich halten.“
In dem Fall legte Charles umso mehr Wert darauf, sich von dieser Frau fern zu halten.
Leise vor sich hin schimpfend, verließ er das Café, um nach Hause zu gehen. Plötzlich hörte er, wie jemand nach ihm rief.
„Charles, sieh mal!“
Als er sich umdrehte, sah er den neunjährigen Scott Sutherland auf einem alten Fahrrad, das einmal Sawyer gehört hatte. Hinter ihm stand eine blonde Frau, neben sich einen Koffer. Zweifellos war es die, von der Ben gesprochen hatte.
Der Wind wehte ihr das Haar ins Gesicht. Sie trug ein ärmelloses blassblaues Sommerkleid und einen Strohhut. Es gab nicht viele Frauen, die Hüte trugen, aber er stand ihr sehr gut.
Eagle Catcher lief bellend neben Scott her.
Charles winkte dem Jungen zu, wobei er sich ein Lächeln verkneifen musste, und wandte sich dann ab.
„Warte doch!“ rief Scott. „Du musst Lanni kennen lernen.“
Da Charles nicht die geringste Lust dazu hatte, steckte er die Hände in die Hosentaschen und ging weiter.
„Onkel Charles!“
In diesem Moment wurde ihm zum ersten Mal klar, dass er bald Onkel sein würde. Der Gedanke gefiel ihm, denn Charles mochte den Jungen. Daher drehte er sich wieder um.
„Hallo“, grüßte Lanni, während sie auf ihn zukam.
„Hallo.“ Ben hatte Recht gehabt. Sie war wirklich hübsch. Sie strahlte übers ganze Gesicht, und das Blau ihrer Augen wirkte durch die Farbe des Kleides noch intensiver. Ihr Mund war sehr ausdrucksvoll.
„Charles O’Halloran.“ Charles nahm die Hände aus den Taschen und streckte ihr die Hand entgegen. Auf keinen Fall wollte er dabei ertappt werden, wie er die Frau anstarrte.
Die Frau blinzelte einmal, bevor sie ihm die Hand gab. „Lanni Caldwell.“ Offenbar wartete sie darauf, dass er etwas sagte. Als er es nicht tat, schien sie jedoch erleichtert.
„Freut mich, Sie kennen zu lernen, Charles“, fügte sie schließlich hinzu.
„Ganz meinerseits.“ Ihr Lächeln verfehlte seine Wirkung nicht. Charles runzelte unwillkürlich die Stirn. Die Gefühle, die er verspürte, gefielen ihm ganz und gar nicht. Außerdem hatte er keine Lust, Smalltalk mit einer
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