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Charlie + Leo

Charlie + Leo

Titel: Charlie + Leo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Till
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enttäuscht ganz tief aus allen Wolken fallen, wenn sie erfährt, dass ich es doch bin. War vielleicht keine so gute Idee. Aber was hätte ich denn sonst machen sollen?
    Am meisten ärgert mich an der ganzen Sache allerdings, dass ich sie gerade angelogen habe. Ja, schon klar, das war eine reine Notlüge, trotzdem ein blödes Gefühl, dass quasi das Erste, was ich überhaupt zu ihr gesagt habe, eine glatte Lüge war. Ich meine, so fängt man doch nicht die größte Liebesgeschichte aller Zeiten an, oder? Haha. Das nennt man dann wohl Galgenhumor. Weil man sich genauso gut gleich aufhängen könnte.
    »Okay«, sagt sie und lächelt ein bisschen. »Kann ich absolut nachvollziehen, geht mir ähnlich.«
    Ich weiß nicht, was ich darauf sagen soll, also stehe ich einfach nur blöd da und starre in die Gegend.
    »Aber sag mal«, bricht sie das unangenehme Schweigen. »Gibt es zufällig bei uns in der Klasse jemanden, der gut zeichnen kann? Ich meine, so richtig gut?«
    Diesmal ist es das Herz des anonymen Zeichners, das sich infarktmäßig überschlägt, und zwar vor Freude. Yes! Geschafft! Sie versucht tatsächlich aktiv herauszufinden, wer ich bin! Das bedeutet, sie hängt am Haken! Der anonyme Zeichner hat also bisher alles richtig gemacht. Im Gegensatz zu Charlie Braun. Oh Mann, jetzt bin ich schon schizophren. Wenn das so weitergeht, werde ich bestimmt bald eingewiesen. Du musst ihr noch antworten, Charlie Brown. Oh, stimmt ja! Wie war die Frage noch mal? Ach ja, ob ich jemanden aus unserer Klasse kenne, der gut zeichnen kann. Jemanden . Na, da habe ich doch glatt eine passende Antwort parat.
    »Ja«, sage ich und Leos Pupillen erweitern sich erwartungsvoll. »Claudia kann ziemlich gut zeichnen. Sie hat immer eine Eins in Kunst.«
    Ihrem Gesicht ist sehr deutlich anzusehen, dass sie diese Antwort nicht gerade zufriedenstellt.
    »Claudia, aha«, sagt sie leicht enttäuscht. »Sonst noch jemand?«
    Vergiss es. Du wirst keinen Jungennamen von mir zu hören kriegen. Hihi, das macht ja richtig Spaß.
    »Nein, sonst fällt mir niemand ein«, antworte ich schulterzuckend. »Wieso?«
    »Och, nur so«, antwortet sie. »Ich dachte nu r … Von wegen Nachhilfe oder s o … Damit ich ein bisschen besser werd e … in Kunst, meine ich.«
    Glatt gelogen. Nachhilfe in Kunst. Hab ich ja noch nie gehört. Aber jetzt sind wir wenigstens quitt, was die Notlügen betrifft. Wobei ich sie eigentlich noch ein bisschen dafür büßen lassen kann.
    »Soll ich Claudia mal für dich fragen?«, schlage ich vor. »Die gibt dir bestimmt gern Nachhilfe.«
    »Ach, nee, lass mal«, erwidert sie schnell und winkt ab. »Das mach ich dann schon selbst.«
    »Okay, wie du willst«, sage ich noch und dann fällt mir erst mal nichts mehr ein und wir stehen wieder schweigend da.
    Die Schlange bewegt sich ein Stück vorwärts. Oh Mann, muss das denn ausgerechnet jetzt sein? Das bedeutet, ich muss nachrücken und mich ein Stück von Leo entfernen. Und wenn ich das mache, betrachtet sie unser Gespräch mit Sicherheit als beendet und geht. Sag etwas, Charlie Brown! Ja, will ich doch! Aber was? Das Thema Kunst ist abgehakt und über meine unendlich große Verliebtheit in sie kann ich nicht sprechen. Was bleibt da noch? Das Wetter? Lahmer geht’s ja wohl nicht. Musik? Verdammt, ich muss endlich mal Emo googeln, dann kann ich dazu vielleicht auch etwas sagen. Sport? Ja, genau, das ist es!
    »Du hast übrigens einen saustarken Wurf drauf«, sage ich, während ich ein klitzekleines Stück in der Schlange nach vorne rücke.
    Sie sieht mich leicht verwirrt an.
    »Vorhin in Sport, meine ich«, füge ich erklärend hinzu. »Viola tut bestimmt jetzt noch der Hintern weh.«
    »Ich hoffe, nicht nur der Hintern«, knurrt Leo. »Diese blöde Kuh.«
    Wir haben heute Völkerball gespielt. Nicht unbedingt mein Lieblingsspiel, weil ich meistens als Erster abgeschossen werde, diesmal auch. Aber so konnte ich wenigstens in Ruhe Leo beobachten. Sie war im gegnerischen Team. Und Viola und Nicole waren in unserem. Die beiden hatten es von Anfang an nur auf Leo abgesehen und haben sie bombardiert, sobald eine von ihnen einen Ball in der Hand hatte. Das sollte wohl die Rache für Antoinette sein, aber sehr erfolgreich waren sie nicht dabei, weil sie geworfen haben wi e … na ja, wie Mädchen eben. Einen Ball hat Leo dann direkt vor ihrem Gesicht abgefangen, ist damit nach vorne an die Linie gesprintet und hat ihn abgefeuer t – und zwar nicht wie ein Mädchen, sondern wie eine

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