Charming Charly
erschien ihr nicht bösartig. Eher vielleicht ein wenig verrückt, von wegen Gefährtin und so ʼn Quatsch.
Jetzt, wo sie sich nicht mehr ganz so akut bedroht fühlte, hatte sie genug Luft, um wieder einigermaßen rational zu denken. Sofort kamen schreckliche Bilder in ihr Bewusstsein. Lory in ihrem Blut liegend, eine Scherbe aus ihrem Bauch ragend.
„Was ist mit Lory?“, brachte sie atemlos hervor. „Ist sie etwa ...“
„Es geht ihr gut“, beruhigte der Hüne sie. „Sie schläft.“
„Das glaube ich dir nicht“, sagte sie und schüttelte benommen den Kopf. „Sie hatte eine riesige Scherbe mitten durch ihren Unterleib und all das Blut. Sie kann das unmöglich überlebt haben. Niemand kann so etwas überleben.“
Sie war so sehr in ihrem Entsetzen über das schreckliche Schicksal ihrer Freundin gefangen, dass sie zuerst gar nicht wahrnahm, wie zwei starke Arme sie umfingen und sie sanft an eine breite Brust drückten. Tränen liefen über ihre Wangen und sie schmiegte sich an den warmen Körper vor sich, ohne darüber nachzudenken.
„Es ist alles in Ordnung“, drang die sanfte Stimme des Mannes an ihr Ohr. „Du kannst sie besuchen, doch sie ist noch ohne Bewusstsein. Möchtest du sie sehen?“
Charly rückte hastig von ihm ab. Wie hatte das passieren können, dass sie sich von diesem Kerl so vertraulich berühren ließ? Sie war zu aufgeregt, um sich einzugestehen, dass es sich gut angefühlt hatte, von ihm gehalten zu werden. Viel zu gut! Sie hatte sich in trügerischer Sicherheit gewiegt. Sie durfte das nie wieder zulassen, dass er sie einlullte. Vielleicht hatten diese verdammten Aliens auch hypnotische Fähigkeiten, irgendeine Art von Supermacht, die sie willenlos machen konnte. Wer wusste das schon?
„Tu das nie wieder!“, fuhr sie ihn an.
„Was?“, fragte er offensichtlich verwirrt.
„Mich anfassen!“, schrie sie. „Ich werde nicht ... Du wirst nicht ...“
„Okay!“, unterbrach er sie. „Ich habe verstanden.“
Charly atmete schwer. Sie umschlang ihren Oberkörper mit den Armen und starrte ihn an. Er starrte zurück.
„Was ist nun mit deiner Freundin?“, fragte er ruhig. „Willst du sie sehen?“
Charly reckte das Kinn. „Ja!“
„Dann komm.“
Er wollte Charly am Arm fassen, doch sie entzog sich ihm und funkelte ihn aufgebracht an. Er seufzte leise, dann zuckte er mit den Schultern.
„Tür auf!“, sagte er und die Tür öffnete sich.
Tatsächlich glitt die Tür mit einem leisen Zischen auf. Charly stand sprachlos da und rührte sich nicht, als der Hüne durch die geöffnete Tür ging.
„Das ist alles?“, fragte sie ungläubig, daran denkend, wie sie ratlos vor der verschlossenen Tür gestanden hatte. „Bloß Tür auf ?“
Der Mann stoppte und drehte sich zu ihr um, ihr ein amüsiertes Lächeln schenkend.
„Versuch es!“
„Die Tür ist ja schon auf“, sagte sie verärgert über die Wärme, die sein Lächeln in ihr auslöste.
„Tür schließen!“, sagte er und die Tür schloss sich zwischen ihnen.
Charly starrte unschlüssig auf die Tür.
„Tür auf!“, sagte sie schließlich und wartete gespannt, doch es tat sich nichts. Sie stapfte verärgert mit dem Fuß auf. „Och!“
Sie hörte ein amüsiertes Lachen von der anderen Seite der Tür und sie hasste ihn dafür. Er sollte nicht lachen. Er sollte keinen Humor haben! Er sollte nicht so verdammt sympathisch wirken, als wäre er der nette Typ von nebenan, der sie ein wenig neckte.
„Tür auf!“, hörte sie ihn sagen und die Tür öffnete sich erneut.
Wütend starrte sie in sein amüsiertes Gesicht. Seine braunen Augen sollten nicht so funkeln und sein verdammtes Grübchen nicht so sexy wirken.
Mann, Charly, du bist echt kaputt! , schalt sie sich. Sexy! Der Typ ist nicht sexy! Er ist ein Psycho!
„Ich finde das nicht komisch!“, erwiderte sie bissig.
„Du wirst die Ermächtigung noch bekommen, wenn ich dir vertrauen kann“, sagte er ungerührt.
„Du mir vertrauen?“, rief sie und lachte freudlos. „Hab ich dich entführt und mit Drogen vollgepumpt oder was?“
„Du wirst es verstehen, wenn du dich so weit beruhigt hast, um klar zu denken“, sagte er nur und wandte sich um. „Komm.“
Charly war versucht, sich seinem Befehl zu widersetzen und einfach stehen zu bleiben, doch sie wollte Lory sehen; also folgte sie ihm schließlich missmutig.
Sie blieben vor einer Tür stehen.
„Öffnen!“, sagte der Hüne.
Die Tür öffnete sich und Charly stellte fest, dass es offenbar
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