Jedi-Padawan 16 - Schrei nach Vergeltung
Kapitel 1
Die Leuchtröhren in dem großen Gebäude waren auf halbe Kraft heruntergefahren und auf ein sanftes Blau eingestellt. Die Korridore waren verlassen und dunkel. Vor einer Doppeltür aus schwarzem Glas stand eine einzelne Glassäule von der Größe eines Menschen, die sanft und stetig leuchtete.
Blau war auf dem Planeten New Apsolon die Farbe der Trauer. Zum Gedenken an jeden, der sein Leben durch Ungerechtigkeit verloren hatte, wurde eine Glassäule aufgestellt. Und dieser schlanke Kristallschaft erinnerte an die Jedi-Ritterin-Tahl.
Manex, der Bruder des verstorbenen Gouverneurs von New Apsolon, Roan, hatte den Jedi sein Haus angeboten, damit sie ungestört trauern konnten. Manex hatte versucht, Tahls Leben zu retten, indem er die besten Mediziner von New Apsolon zu ihrer Behandlung gerufen hatte. Als sie schließlich doch gestorben war, hatte er alle weiteren Maßnahmen eingeleitet und sich selbst auf die Suche nach einer Lichtsäule gemacht, die ihren Geist verkörpern sollte.
Obi-Wan Kenobi fiel es schwer, sich dankbar zu zeigen. Er vertraute Manex nicht. Er traute weder seinem großen Reichtum noch seinem Charakter. Manex interessierte sich nicht für das Wohlbefinden anderer, sondern nur für sein eigenes. Weshalb war er so freundlich zu den Jedi?
Obi-Wan wünschte, er könnte mit seinem Meister darüber reden. Doch Qui-Gon Jinn war nicht erreichbar. Er war in Tahls Zimmer gegangen und seitdem nicht mehr herausgekommen.
Obi-Wan saß draußen auf dem Boden. Zunächst hatte er gestanden, doch irgendwann war er so erschöpft, dass er sich hinsetzen musste. Jetzt wollte er sich eigentlich hinlegen, andererseits wollte er aber so lange wie möglich wach bleiben. Das war das Einzige, was er seiner Meinung nach für seinen Meister tun konnte.
Der Schock klang zwar langsam ab, doch Obi-Wan fiel es immer noch schwer, Tahls Tod zu akzeptieren. Er musste nun einer Zukunft ohne ihren Charakter, ihren Humor und ihre bestechende Intelligenz entgegensehen. Wie oft hatte ihn ein freundliches Wort oder ein Lächeln von ihr wieder aufgerichtet. Tahl hatte seinen Meister Qui-Gon Jinn besser gekannt als irgendjemand sonst. Sie hatte auch Obi-Wan geholfen, den großen Jedi zu verstehen. Obi-Wan hatte sie sogar in Verdacht, ihn und Qui-Gon wieder zusammengebracht zu haben, nachdem er einmal den Jedi-Orden verlassen hatte. Das hatte eine tiefe Kluft zwischen Obi-Wan und Qui-Gon gerissen, die nur schwer wieder heilen wollte. Doch Obi-Wan hatte immer wieder Trost aus dem Gefühl geschöpft, dass Tahl bei Qui-Gon für seine Wiederaufnahme eingetreten war. Sie hatte mehr als jeder andere verstanden, weshalb er sich für seinen Austritt entschieden hatte. Sie hatte gewusst, dass Obi-Wan eine Lektion über seinen eigenen Charakter gelernt hatte und sie hatte gewollt, dass Qui-Gon ihm eine zweite Chance gab.
Er hatte als Jedi-Schüler eine Menge gelernt - wie man Angst in Entschlossenheit wandeln konnte, wie man Disziplin in Willenskraft umsetzen konnte. Aber wie konnte man Trauer in Akzeptanz verwandeln? Er konnte ihren Tod nicht akzeptieren. Und doch musste er irgendwie nach vorn schauen, bis er ihn vielleicht irgendwann einmal akzeptieren konnte.
Zunächst war er so voller Schmerz gewesen, dass er kaum hatte nachdenken können. Tahl war von Balog entführt worden, dem Obersten Sicherheitsoffizier des Planeten. Er hatte sie betäubt und in einen Behälter der so genannten sinnesblockierenden Internierung gesperrt, in dem früher politische Gefangene von New Apsolon gefoltert worden waren. Als Qui-Gon und Obi-Wan sie endlich befreit hatten, war sie sehr schwach gewesen. Doch Obi-Wan war sich sicher gewesen, dass Tahls enorme Kraft gemeinsam mit ihrer Jedi- Macht sie retten würde. Nicht eine Sekunde lang hatte er angenommen, dass sie sterben würde.
Und auch sein Meister hatte damit nicht gerechnet, dessen war er sich sicher. Als Obi-Wan in Tahls Zimmer im Med Center gelaufen war, hatte er Qui-Gon über ihren reglosen Körper gebeugt vorgefunden. Er hatte auf den Displays der Sensoren gerade, glatte Linien gesehen - Ausdruck für das Verschwinden ihrer Lebenszeichen. Und Qui-Gon hatte sich nicht bewegt. Er hatte ihre Hand gehalten und seine Stirn gegen die ihre gepresst. Obi-Wan hatte seinen Schmerz nicht nur gesehen, er hatte ihn gespürt wie einen lebenden Schatten im Zimmer. In diesem Augenblick war ihm klar geworden, dass Qui-Gon für Tahl mehr empfunden haben musste als nur freundschaftliche Verbundenheit. Seine
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