Chicagoland Vampires: Für eine Handvoll Bisse (German Edition)
Handyklingeln zu hören. Ich blickte sofort auf mein Display, aber das war schwarz und regte sich nicht.
»Ist das deins?«, fragte Ethan, woraufhin ich den Kopf schüttelte. Ich sah mich in der Gasse um und stellte fest, dass das Klingeln von einem roten Müllcontainer aus Metall zu uns herüberdrang.
Ich ging dorthin, während das Klingeln immer lauter wurde, und trat schließlich einigen Müll zur Seite. Auf dem Betonboden lag ein knallpinkes Handy, dessen Display aufblitzte, da offensichtlich irgendjemand versuchte, seine Besitzerin anzurufen.
Nein - nicht einfach irgendjemand. Auf dem Display wurden eine Telefonnummer und ein Name angezeigt: Die Anruferin war Rose, Noahs Bekannte bei den Abtrünnigen. Ich hatte das miese Gefühl zu wissen, wem das Handy gehörte. Bei dem Gedanken wurde mir regelrecht schlecht.
»Noah.« Ich rief ihn herbei und spürte, wie seine nervöse Energie die Luft erfüllte, als er neben mich trat.
»Das ist Eves Handy«, stellte er mit ernster Stimme fest. »Ich würde es überall erkennen. Das Ding ist uralt und nimmt praktisch nur Anrufe entgegen, aber sie hat sich geweigert, etwas Neueres zu kaufen. Vermutlich versucht Rose erneut, sie anzurufen - um endlich zu erfahren, was los ist. Sie macht sich ernsthaft Sorgen. Sie ruft andauernd an. Ich habe ihr gesagt, sie soll damit aufhören, aber ...«
Ich konnte ihre Angst nur zu gut nachvollziehen. Die Tatsache, dass wir Eves Handy in einer abgelegenen Gasse gefunden hatten, ließ nichts Gutes erahnen.
»Vielleicht hat Eve es ja einfach hier verloren?«, warf Ethan ein. »Oliver hat Rose doch irgendwann angerufen. Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass es sich lediglich um ein Missverständnis handelt.«
Ethan klang optimistisch. Vermutlich versuchte er damit, Noah zu beruhigen. Und er hatte recht: Wir wussten tatsächlich nicht, wie oder warum das Handy hierher gekommen war. Es bestätigte lediglich, dass Eve in dieser Gasse gewesen war. Doch andererseits schien es immer unwahrscheinlicher, dass sie und Oliver freiwillig verschwunden waren.
»Es klingt für mich nicht sehr überzeugend, dass sie es einfach verloren hat«, sagte Noah. Er rieb sich die Augen und wirkte plötzlich erschöpft.
Das Klingeln verstummte, und Stille senkte sich auf die Gasse, die nun noch düsterer wirkte.
»Hast du ein Taschentuch dabei?«, fragte Ethan. »Wir sollten das Handy zum Büro des Ombudsmanns bringen - sie verfügen dort über die entsprechenden Kontakte -, und wir sollten die Beweismittel auf keinen Fall verfälschen.«
Er hatte recht. Auf dem Handy konnten sich Fingerabdrücke oder andere Spuren befinden. Hinweise, die uns Aufschluss darüber geben konnten, was genau hier geschehen war.
»Kopftuch«, sagte Noah, zog eins in einem leicht verrückten Camouflageton aus seiner Hosentasche und reichte es mir.
Vorsichtig hob ich das Handy mit dem Tuch hoch. Ich ging mit dem Beweismittel zu den Glasstücken und hob auch davon eins auf. Dann faltete ich das Päckchen vorsichtig zusammen und sah Noah an.
»Ich gebe das Jeff Christopher. Er wird außerdem Eves Anrufliste durchgehen. Vielleicht findet sich dort ein Hinweis auf ihren Aufenthaltsort.«
Jeff war einer der Pseudo-Angestellten meines Großvaters, ein gerissenes und liebenswertes Computergenie. Außerdem war er ein Formwandler und Mitglied des Zentral-Nordamerika-Rudels. Zusammen mit Catcher, einem einzelgängerischen Hexenmeister, Marjorie, der Sekretärin meines Großvaters, und einem »geheimen« Vampir, von dem ich seit einiger Zeit nichts mehr gehört hatte, behielten sie die übernatürlichen Vorkommnisse im Auge und halfen uns dabei, alle Krisen zu bewältigen. Nachdem ihr Büro von der Bürgermeisterin geschlossen worden war, hatten sie es im Haus meines Großvaters einfach wiedereröffnet.
Eine schwarze Katze sprang von der Stützwand des benachbarten Grundstücks, betrachtete uns argwöhnisch und schlich dann zu dem Müllcontainer hinüber, offensichtlich auf der Suche nach etwas Essbarem. In der Nähe begannen einige Vögel zwitschernd den Morgen zu begrüßen, ohne sich der Gefahr durch die Katze bewusst zu sein.
Als ich zum Himmel aufblickte, sah ich, dass sich im Osten der Horizont merklich aufhellte. Der Sonnenaufgang kündigte sich an, was bedeutete, dass uns die Zeit davonlief. Vampire und Sonnenlicht passen nicht sonderlich gut zusammen. Nicht ohne tödliche Folgen.
Ethan sah auf seine Uhr. »Nicht mal eine Stunde bis zum Sonnenaufgang. Wir sollten zum
Weitere Kostenlose Bücher