Chiemsee-Cowboys - Oberbayern Krimi
Stuhl ein bisschen und schauen Sie raus aufs Wasser, da gibt’s immer was zu sehen. Ehrlich.«
Das tut er, der Sperber, und gleich darauf verzieht er den Mund. Neben dem Segelschiff (auf Zwölf-Uhr-Position, wir erinnern uns), da liegt jetzt ein Polizeiboot. Vom Vordeck aus winkt ein fröhlicher Ringo in Uniform mit seiner Polizeikappe zu ihnen rüber und deutet auf den Segler. Seufzend greift der Sperber in die Innentasche seiner schwarzen Windjacke und wirft einen Ausweis auf den Tisch, ein Stück Plastik in Scheckkartengröße. BUNDESNACHRICHTENDIENST steht da, über dem Foto eines deutlich jüngeren Sperber. Major ist er und sichtlich alt geworden seit der Aufnahme für den Ausweis.
Stocker winkt dem Ringo, dass er weiterschippern soll, und zu Sperber sagt er: »Das mit dem Polizeiboot da draußen, das war Teil eins, wollen Sie Teil zwei auch sehen?«
»Nein, ist okay. Klassisches Patt, oder? Im Moment jedenfalls. Lassen Sie uns die Sache vernünftig angehen. Was wollen Sie von Achs und Konsorten? Sie haben ja im letzten Jahr mächtig mit denen aufgeräumt. Ist Ihr kleiner Krieg immer noch nicht beendet?«
»War er eigentlich. Aber dann ist eine Bekannte von mir in Kitzbühel in die Luft gesprengt worden von Achs und Co., und hier am Chiemsee sind zwei Wirte ertrunken, und wir glauben, dass das ebenfalls auf oben genanntes Konto geht. Ja, und außerdem läuft hier so einiges ab, das hier nicht laufen sollte. Das ist unser Interesse. Wie haben Sie denn unsere Kameras entdeckt? Das würde mich und meinen Partner brennend interessieren.«
»Die Dinger kommen aus China, wir haben in meinem Verein dieselben, ich hab solche erst vor zwei Wochen bei einem der Bosse von dem Achs installiert. Und jetzt lassen Sie uns mal einen Deal machen, bevor Ihr Partner in seinem Auto überhitzt. Wir haben nämlich vergessen, die Fenster zu öffnen. Nein, warte mal.« Damit nimmt der Sperber sein Handy aus der Hosentasche, drückt einen Kurzwahlknopf und sagt: »Zieh das Boot ab. Und lass den Hinke-Spinner aus dem Škoda. Was? Nein, der tut euch nichts, der will nur spielen. Schick ihn hierher. Und dann fahrt für heute nach Hause. Alle, ja. Was? Alle, sag ich doch. Wachsen dir neuerdings Hämorrhoiden aus den Ohren oder sprech ich Kantonesisch? Nein, mir hält keiner eine Knarre an den Kopf. Und wenn doch, dann sollte einer von euch Hinterladern das eigentlich mitgekriegt haben. Und jetzt: geordneter Abmarsch. Ende.«
Mit dem Handy winkt er der Bedienung und deutet mit der linken Hand auf das Bier vom Stocker, dann hebt er drei Finger. Die Bedienung, die ein paar Tische weiter am Abkassieren ist, deutet ihrerseits auf ein leeres Bierglas und hebt mit einem fragenden Ausdruck im Gesicht auch drei Finger. Wie in der Fernsehwerbung für das Dings-Bier, wie heißt das doch gleich?
Sperber nickt ihr zu und sagt zum Stocker: »Ich bin der Fritz. Du bist der Albin. Und gleich kommt der Zeno, der früher mal Helmut geheißen hat. So weit klar? Ich sag das jetzt nur, weil ich fast fünfundsechzig bin und mich ungern wiederhole. Was ich gleich noch so alles sage, bleibt unter uns. Wenn du irgendwas irgendwie aufnimmst oder weitergibst, bist du Vergangenheit. Und alle um dich rum auch. Kapiert? Jetzt schau mal, wer da kommt: Fred Astaire himself .«
Die beiden schauen dem Zeno entgegen, der stinksauer durch die Tischreihen tänzelt, wobei er ein Bein, das mit dem Durchschuss, in einem unnatürlichen Winkel schwingt, nein, vom Körper wegschleudert und irgendwie wieder ranholt. Faszinierend.
»Hab ich was verpasst?«, faucht er. »Ich muss wohl kurz eingeschlafen sein. Fritz, ich hab dich schon früher nicht gemocht, aber jetzt ist deine private ›Miles and More‹-Karte bei mir voll.« Damit lässt er sich in den Stuhl neben dem Stocker fallen und schaut finster auf den See hinaus.
»Jetzt sei nicht beleidigt, Helmut. Das war alles rein geschäftlich. Du kennst doch das Spiel, oder soll das jetzt eine ernsthafte Drohung sein?«
»Dein Tod steht vielleicht noch nicht vor deiner Tür, aber ich glaub, der sucht sich schon mal einen Parkplatz in deiner Nähe, Sperber. Treib’s nicht zu weit, so gut solltest du mich kennen. Da hab ich schon ganz anderen Typen die Uhr auf null gestellt.«
Die Kellnerin kommt mit den drei Bieren, stellt sie auf den Tisch und sagt zum Sperber: »Na so was, da haben Sie aber schnell Anschluss gefunden. Mit uns Bayern kommt man eben ruck, zuck ins Gespräch, gell?«
Sperber nickt dankbar und meint: »Im
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