Chiemsee-Cowboys - Oberbayern Krimi
Heim krieg ich kein Bier, wissen Sie. Und die beiden jungen Männer hier, die bringen mich dann zum Bus, da kann ich jetzt ruhig ein Bierchen trinken. Danke, mein junges Fräulein, ihr seid ja alle so gut zu mir.«
Die Bedienung tätschelt dem Sperber auf die Schulter und geht. Das Lächeln auf dem grauen Gesicht ist eine Sekunde später wie weggewischt, und zu Stocker und Zeno gebeugt sagt er: »Den Achs räumen die Ölaugen heute noch weg, wetten? Und vom alten Cocescu und ein paar von den anderen Brillantine-Schimpansen hören wir auch nie wieder. So sind die Spielregeln. Der Zuckerhahn und ich, wir haben uns nie gemocht. Aber respektiert habe ich ihn immer. Und wie der das mit dem Achs hingedreht hat, das mit ›ziemlich beste Freunde‹, mitten auf der Straße vor dem Präsidium, das war schon super. Auch das Ding mit dem Traian im letzten Jahr auf dem Mürzberg hier auf der anderen Seite vom See, wie heißt das Nest gleich wieder? Ach ja, Bernau. Einsame Spitze. Aber das ist Geschichte und kalter Kaffee. Was ich will, das sind die Leute hinter dem Achs, hinter dem Traian, der Herr hab ihn selig. Den Kopf der Krake, den will ich. Das ist das echte Problem, diese Vernetzung, die eigentlich über die ganze Welt geht. Dazu das Schweigegebot gegenüber der Polizei. Diese Ärsche lassen sich eher kaltmachen, bevor die was sagen. Da kriegst du keinen V-Mann rein. Weil keine Zelle die andere kennt und die Befehlsstruktur hierarchisch von oben nach unten läuft. Und da kommt ihr Fertigsuppenköche mir bitte ausgerechnet jetzt nicht in die Quere, wenn’s geht. Macht, was ihr wollt, ist mir scheißegal, aber pisst an eure eigenen Bäume. Seit fast einem Jahr bin ich hinter denen her. Jetzt bin ich so kurz davor.«
Damit hält er eine Hand über den Tisch, Daumen und Zeigefinger zusammengepresst, und sagt: »Der Zuckerhahn, der sieht manchmal den Wald vor lauter Bäumen nicht. Reimers, unser hochgelobter Staatsanwalt, hat zwar jede Menge Dreck am Stecken, aber mit der aktuellen Sache, da hat der wenig zu tun. Der deckt bloß seinen behämmerten Schwager, weil er bei dem Spielschulden hat. Und der Schwager, der Perlmann, der kocht seinen eigenen Brei. Erpressung, Schutzgeld, ein bisschen Stoff und sein privater Spielclub, den er da in seiner Villa am Laufen hat. Das weiß ich alles schon seit ein paar Monaten, interessiert mich aber nicht. Einer von den Wirten, die da tragischerweise ums Leben gekommen sind, der hat uns mit Informationen versorgt. Das war wohl mit ein Grund, warum die arme Sau sterben musste. Und der andere, tja, der hat seine Spielschulden nicht bezahlt, weil sein Bruder irgendwo hier in der Ecke ein angesehener Bürgermeister ist. Hat ihm aber im Endeffekt nicht viel gebracht, oder? Ich nehme mal an, der Perlmann hat was geahnt, aber nicht gewusst, wer von den beiden ihn verpfeift, und da hat er eben beide umlegen lassen. Von seinem Traunsteiner Russen, den er sich da herangezüchtet hat.«
Der Sperber trinkt einen Schluck von seinem Bier und fährt fort: »Noch was kann ich euch erzählen, und dann ist Sendeschluss für heute. Im Büro vom Zuckerhahn, da sitzt einer, der ist bei den Rumänen auf der payroll . Ich weiß nicht wer, aber da ist einer. So, und jetzt könnt ihr in meine private Wette mit einsteigen: Morgen früh wird der Zuckerhahn vom leitenden Staatsanwalt Reimers einen Knüppel zwischen die Beine kriegen. Was genau, das weiß ich natürlich nicht, aber es wird ihn ausbremsen. Kann auch sein, dass euch der Brogin besuchen kommt, das ist der Russe vom Perlmann. Macht was draus, bevor die was aus euch machen. Zeno, fahr doch einfach mal rüber nach Dings, da hinter Gstadt, in die Strandvilla, wo der Perlmann seine Spielabende veranstaltet. Du bist doch ein Spieler, hab ich gehört. Hier, das wird euch weiterhelfen: Die haben ein Losungswort, das alle vierzehn Tage wechselt. Für den Rest dieser Woche und die ganze nächste Woche ist das Wort: Kranich. So kommst du in den Laden rein. Mittwochs und an Sonntagen spielen die. Die fangen so um Mitternacht an und zocken bis sechs oder sieben in der Früh. Steck aber gut Bargeld ein. Es sind immer so um die fünf bis zehn Leute da und das Personal natürlich. Übrigens: Wenn dem Perlmann oder dem Brogin was passieren sollte, dann ist das tragisch, aber ich sehe das dann als natürlichen Schwund an, und der Zuckerhahn auch, glaube ich. So, mehr gibt’s nicht für das eine Bier. Ich fühle mich eingeladen und gehe jetzt. Vielleicht kaufe ich mir
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