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Cholerabrunnen

Cholerabrunnen

Titel: Cholerabrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Jahnke
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Bewegungen. Sie kann aber kaum heraus. Irgendwann kann so ein Ding sogar explodieren. Sie glauben gar nicht, welchen Eindruck das hinterlässt! Hmm… na ja, war hier aber doch nicht der Fall. Und dann fielen wir aus allen Wolken, wussten erst einmal gar nicht, was wir zu tun hatten. Und nun sind Sie hier.“
    Behringer nickt und geht zurück zum kleinen Zelt.
     
    Rolf Mauersberger ist froh, aus der Runde heraus zu kommen. Nein, mit denen verbindet ihn sicher nicht viel mehr, als eben diese eine Geschichte, die heute hoffentlich zu einem Abschluss kam. Er kennt zwar den Dicken und kann sich vorstellen, dass der sicher noch quer schlägt. Aber… diesmal wird er das gerne hinnehmen. Das Ende ist absehbar. Besser so!
    Er schlendert über den Platz. Der Menschenauflauf drüben an der Kirche interessiert ihn erst, als er die Polizeiwagen sieht. Sollten die nicht eher hüben am Taschenbergpalais ermitteln? Hmm… Auf nichts ist mehr Verlass! Er schaut zu den vielen Gullideckeln überall auf dem Platz. Der eine dort, der ist nur noch blind. Vergossen… wie es sein muss. Was die hier jedoch suchen?
    Eben bahnt sich ein schwarzes Auto den Weg durch die Menge. Polizei kümmert sich darum. Das ist solch ein Wagen, in dem man am besten nie liegen möchte. Ein Toter? Noch einer heute? Kaum zu glauben. Für seinen Geschmack ist der Tagesbedarf schon gedeckt. Verdammt noch eines, sterben so viele in der Stadt? Natürlicher Tod? Sicher. Vielleicht regte sich jemand über die horrenden Preise auf, die man bezahlen soll, nur um auf die Kuppel der Frauenkirche steigen zu dürfen? Dazu noch dieses mehr als nur abzulehnende Wetter und…
    Nein, er flucht trotzdem vor sich hin und kann nicht anders.
    Neugier? Sicher. Der Mensch hat eine ganz natürliche. Sonst wäre er kein Mensch. Er zuckt mit den Schultern und versucht, ebenso durch die Enge des Publikums zu kommen. Dass er Solches schon einmal heute nur wenige Meter entfernt tat, fällt ihm jetzt gar nicht ein.
    Er steht am rot-weißen Absperrband. Hmm… Ein Mensch also. Man stellte ein Zelt auf. Warum? Wer? Sah er noch nicht. Gut, so viele Tote fanden sich vielleicht auch nicht in der Stadt und vorhin erst drüben am Hotel gab es keinen Grund… die Polizei war noch nicht da. Er muss lachen. Kichern fast. Nein, er hält sich zurück, versucht, einen Blick auf die Trage, vielleicht schon eher eine Bahre, zu erhaschen. Nichts zu erkennen… zugedeckt. Nur der linke Arm samt Hand schaut hervor, hängt etwas herunter. Er meint, einen überdimensionalen Ring mit… mit einem Wappen zu erkennen. Und eine Uhr. Recht dick, diese Hand. Die Finger wirken kurz, wie eben vom Fett verwachsen. Er schaut genauer hin. Ein Polizist in Zivil… der muss einer sein… beobachtet ihn. Er schlägt lieber den Kragen weiter nach oben. Dann bemerkt er, warum der Kerl herüberschaut. Er ist wohl der Einzige, der keinen Schirm oder eine den ewigen Regen abweisende Jacke trägt. Macht man sich so verdächtig?
    Er erschaudert. Gerade trägt man die Bahre zum Leichenwagen. Nahe an ihm vorbei kommen die Träger. Ja, ja, diesen Ring kennt er… zu genau. Er passt auch zum verfetteten Arm.
    Schnaufen. Er rennt. Nicht einen Moment gönnt er sich Ruhe.
    „Hey, hier können Sie nicht weiter!“
    Was? Was soll das? Wer will ihn aufhalten? Er geht, wohin er gehen will. Wenn sie ihn stoppen, dann doch auch nur mit einem Schuss. Sollen sie schießen. Sollen sie ihn töten, ihn umbringen, ihn auslöschen. Er will leben. Natürlich will er das. Aber wenn sie…
    „Hallo, da steht schon das Wasser!“
    Wasser. Blöde Ausrede!
     
    Er rennt und achtet nicht darauf. Die Straße macht einen Bogen, den er abkürzen wollte, wenn er es denn könnte. Nein, es geht nicht. Die Stadtentwässerung baute hier nach der Jahrhundertflut ein recht kompliziertes Rückhaltesystem und…
    Sirenen. Sie suchen ihn. Ist er der Täter? Nein, er brachte niemanden um. Er holte nur ab, was sie brauchten. Dafür kann ihn nun wirklich niemand verantwortlich machen. Er flucht noch einmal.
    Dann zieht irgendetwas für einen Moment den Boden unter seinen Füßen weg. Er fällt und schlägt hart auf. Was soll das? Wurfgeschosse? Er las einen Bericht über diese Gummibänder mit kleinen Sandsäcken. Die wirft man und sie sollen sich um die Füße der Fliehenden legen. So kann man…
    Er schweift ab. Nein, hier ist nichts an seinen Füßen. Etwas Warmes läuft über sein Gesicht. Er greift hin. Fassungslos schaut er auf seine verschmierte Hand.
    Blut.

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