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Cholerabrunnen

Cholerabrunnen

Titel: Cholerabrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Jahnke
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sich vor ihnen verstecken? Der soll auch noch völlig durchnässt, aber einigermaßen angemessen gekleidet gewesen sein. Hmm… vielleicht irregeworden, Haus und Hof verloren? Soweit ist es doch noch gar nicht. Wer weiß. Sicher ein Tourist, der sich mit irgendwem stritt. Er macht sich eh’ zu viele Sorgen. Wer nicht gerettet werden will, soll zwar gegriffen und wenn nötig mit Gewalt in Sicherheit gebracht werden, aber wen sie nicht finden, ohne das eigene Leben zu riskieren, der ist eben nicht da. Vielleicht wollte sie der Kollege auf der anderen Mauerseite auch nur aufziehen und zu waghalsigen Aktionen bewegen? Gab es alles schon. Er nickt Tim zu, hört noch einmal den Funk ab, dann biegen sie in die Weißeritzstraße in Richtung Süden ab und erreichen bald die ebenso leere Schäferstraße. Die Friedrichstadt wurde zwar geschützt, aber man kann nicht alle Häuser halten. Hier wird eine Insel entstehen, aus der eine Rettung noch viel unmöglicher erscheint. Das Krankenhaus mitten drinnen orderte bereits alle Hubschrauber. Die stehen Gewehr bei Fuß, wenn man das so sagen darf, und werden alles Menschenmögliche tun… die Piloten natürlich… mit den Helikoptern.
    Bernhardt muss lachen. Ja, manchmal schlaucht der Dienst und dann ist doch wieder was Lustiges da. Prima.
    „Komm, weiter. Noch eine Runde. Wer weiß? Ich glaube nicht an eine Ente!“
    Tim zieht die Augen hoch, wendet, weil er eben die Bremer zur Hamburger Straße entlang fahren wollte, biegt über die Friedrichstraße zurück auf die Magdeburger und…
    „Da läuft doch wirklich noch ein Trottel… komm, fahr’ schneller… den greifen wir uns gleich! Oh, der bekommt sicher eine ordentliche Rechnung wegen seiner verdammten Unvernunft!“
    Timm will Gas geben, spürt, wie die Räder auf dem schlammigen Untergrund durchdrehen, und kann kaum etwas tun.
    „Festhalten!“
    Er schreit es, als sie schon gegen den Zaun des Baustoffhändlers an der Abfahrt zur Schlachthofbrücke knallen.
    „Au…“
    Beide sind nach Bernhardts Ausruf still.
     
    Rolf Mauersberger steht fassungslos an der Straße. Was ist denn nun passiert? Wollen sie ihn veralbern oder war das wirklich ein Unfall? Mühsam setzt er Schritt vor Schritt. Das Wasser, kaum zehn Zentimeter hoch und zum Glück nicht eiskalt wie im Winter, zerrt an seinen Füßen und der Boden darunter ist nicht nur an einer Stelle glatt. Schlamm… Schlick? Er weiß es nicht. Nur eben, dass der Wagen mit ziemlicher Wucht gegen die Mauer fuhr und sich dort niemand bewegt. Er hört nur dieses… jetzt weiß er auch, was das vorhin war… dieses monotone Gerede des Polizeifunks. Es war kein Radio. Die fuhren schon an ihm vorbei und nun steht der Wagen an einer Mauer, eher einem Zaun mit Betonsockel.
    Langsam kommt er dem Abzweig zur Schlachthofbrücke näher, sieht die Ampeln, die vorhin noch verrückt zu spielen schienen, nun erloschen. Vielleicht brannte die Sicherung durch? Na, denkt er. Hier fährt heute auf jeden Fall keine Straßenbahn mehr. Schlimm!
    Dann steht er am Polizeiwagen.
    „Hallo, alles in Ordnung?“
    Nichts ist in Ordnung. Das erkennt auch er als Laie. Etwas anderes ist er nicht. Schmale Blutfäden sickern, teilweise schon verklebt, von den Schläfen der beiden Männer. Sie tragen Uniform, gehören also zur einfachen Truppe, hatten sicher nur die Aufgabe, hier nach dem Rechten zu sehen? Er flucht noch einmal, dann wandert seine Hand automatisch zum Griff der Beifahrertür.
    Oho… nicht einmal wirklich verklemmt. Er öffnet sie und schnallt den Beamten ab. Leblos fällt der ihm entgegen. Was soll er tun? Einfach nur funktionieren? Er schluckt und lächelt einen Moment so, dass es ihm richtig kalt wird. Was ist nur mit ihm los? So war er früher nie und doch fühlt er sich nicht einmal schlecht dabei. Wundern muss er sich trotzdem.
    Dann schleppt er den Beifahrer aus dem Wagen, immer noch hoffend, dass Leben in ihn zurückkehrt. Vergebens. Nichts. Er setzt ihn in die Nässe, lehnt ihn an den eingebeulten Zaun und schaut ihn an. Die Statur ist zwar etwas massiger, aber die Länge könnte stimmen. Besser, als bei dem Hänfling, den er gleich noch aus dem Wagen holen wird. So zieht er ihm die Jacke aus, greift nach seiner Mütze, die der Mann noch mit letzter Kraft umklammerte, ehe er still und starr wurde. Sein Blick fällt auf das Koppel und die Pistole daran. Beherzt greift er zu. Man kann nie wissen.
    Der andere Mann ist noch schneller hier draußen. Auch ihm zieht er die Uniform aus, um sie

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