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Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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auf, fand meinen Hut und setzte ihn auf, nahm meine Reisetasche und stieg mithilfe der Taschenlampe die Treppe hinab. Ich war so nervös, dass ich den Revolver krampfhaft in der Rechten hielt, während ich mit der linken Hand sowohl die Tasche als auch die Lampe trug. Weshalb ich diese Vorsichtsmaßnahme ergriff, ist mir nicht wirklich klar, denn schließlich wollte ich nur den einzigen anderen Bewohner des Hauses wecken.
    Als ich fast auf Zehenspitzen die knarrenden Stufen hinab zur Eingangshalle stieg, konnte ich den Schlafenden deutlicher hören, und mir fiel auf, dass er sich in dem Raum zu meiner Linken befinden musste – dem Wohnzimmer, das ich noch nicht betreten hatte. Zu meiner Rechten lag die gähnende Schwärze des Arbeitszimmers, aus dem ich die Stimmen vernommen hatte. Ich stieß die unverriegelte Tür zum Wohnzimmer auf und leuchtete mit der Taschenlampe in die Richtung, aus der das Schnarchen kam, bis das Licht auf das Gesicht des Schlafenden fiel. Doch schon in der Sekunde darauf wandte ich die Taschenlampe hastig ab und trat lautlos wie eine Katze den Rückzug in die Halle an. Dieses Mal entsprang meine Vorsicht nicht nur meiner Intuition, sondern auch der Vernunft. Denn bei dem Schlafenden auf dem Sofa handelte es sich keineswegs um Akeley, sondern um meinen früheren Begleiter Noyes.
    Was das nun bedeuten mochte, konnte ich mir nicht erklären, aber der gesunde Menschenverstand riet mir, es sei das Beste, so viel wie möglich zu erkunden, bevor ich jemanden aufwecken würde. Zurück in der Halle, schloss ich leise die Wohnzimmertür, um die Gefahr zu verringern, Noyes zu wecken. Dann betrat ich vorsichtig das finstere Arbeitszimmer, wo ich Akeley wach oder schlafend in seinem großen Stuhl in der Ecke zu finden hoffte, offensichtlich sein liebster Ruheplatz. Als ich näher trat, erfasste der Lichtstrahl meiner Lampe den großen Tisch in der Mitte des Raums, und ich sah einen der teuflischen Zylinder, an den Sicht- und Hörmaschinen angeschlossen waren. Daneben stand eine Sprechmaschine bereit, um angeschlossen zu werden. Dies musste das eingeschlossene Gehirn sein, das ich während der grausigen Unterredung sprechen gehört hatte. Eine Sekunde lang verspürte ich das perverse Verlangen, die Sprechmaschine anzuschließen und zu hören, was es wohl sagen würde.
    Es musste meine Anwesenheit bereits wahrgenommen haben, den Sicht- und Hörapparaten war das Licht meiner Taschenlampe und das leise Knarren des Bodens unter meinen Füßen sicherlich nicht entgangen. Schließlich wagte ich es aber nicht, an dem Ding zu hantieren. Beiläufig bemerkte ich, dass es sich um den neuen Zylinder mit Akeleys Namen handelte, auf den ich zuvor am Abend aufmerksam geworden war, woraufhin mir mein Gastgeber geraten hatte, mich nicht darum zu kümmern. Rückblickend bereue ich meine Zaghaftigkeit und wünschte, ich hätte den Apparat doch zum Sprechen gebracht. Gott weiß, welche Rätsel und schreckliche Zweifel und Fragen er hätte aufklären können! Vielleicht aber ist es auch gut so, dass ich ihn in Ruhe ließ.
    Ich richtete meine Taschenlampe in die Ecke, in der ich Akeley vermutete, doch zu meiner Bestürzung befand sich weder ein schlafender noch wacher Mann in dem großen Lehnstuhl. Vom Sitz hing der gewohnte Morgenrock herab bis auf den Boden, und dort lagen auch der gelbe Schal und die riesigen Fußbandagen, die mir so merkwürdig erschienen waren. Ich zögerte und versuchte zu erraten, wo Akeley hingegangen sein mochte und weshalb er so plötzlich seine notwendigen Utensilien abgelegt hatte. Dann fiel mir auf, dass der eigenartige Geruch und die kaum wahrnehmbare Schwingung im Zimmer fehlten. Was war ihre Ursache gewesen? Ich erinnerte mich, dass ich beides stets nur in Akeleys unmittelbarer Nähe bemerkt hatte. Sie waren dort, wo er gesessen hatte, am stärksten gewesen, und außer in diesem Raum und direkt vor der Tür des Arbeitszimmers habe ich diese Phänomene sonst nirgends feststellen können. Ich blieb stehen, ließ den Strahl der Taschenlampe durch das dunkle Zimmer schweifen und marterte mein Gehirn, um eine Erklärung für diese Wendung der Geschehnisse zu finden.
    Bei Gott, ich wünschte, ich hätte das Zimmer leise verlassen, ohne den Lichtstrahl nochmals auf den leeren Stuhl zu richten. So aber ging ich nicht in aller Stille, sondern stieß einen halb erstickten Schrei aus, der den schlafenden Wächter im Zimmer gegenüber gestört haben muss, ihn aber nicht gänzlich aufwachen ließ. Mein

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