Chroniken der Unterwelt Bd. 4 City of fallen Angels
du, als du zum Hotel Dumort zurückgekehrt bist — du wurdest magisch angezogen von dem Vampir, dessen Blut du getrunken hattest.«
»Raphael«, bestätigte Simon mit düsterer Stimme. »Allerdings verspüre ich dieses brennende Verlangen in letzter Zeit nicht mehr — so viel kann ich dir verraten.«
»Nein, denn das Verlangen verschwindet, wenn man sich erst einmal in einen vollwertigen Vampir verwandelt hat. Nur die Domestiken verehren ihre Gebieter und sind nicht in der Lage, ihnen den Gehorsam zu verweigern. Kapierst du das denn nicht? Als du zum Dumort zurückgekehrt bist, hat Raphaels Clan dir das Blut vollständig aus den Adern gesaugt und daraufhin bist du gestorben und hast dich in einen Vampir verwandelt. Aber wenn sie dir, statt Blut abzuzapfen, weiteres Vampirblut gegeben hätten, hättest du dich letztendlich in einen Domestiken verwandelt.«
»Das ist ja alles sehr interessant«, bemerkte Simon, »aber das erklärt noch nicht, wieso uns diese beiden Typen so anstarren.«
Isabelle warf den Männern erneut einen Blick zu. »Sie starren dich an. Vielleicht ist ja ihr Gebieter gestorben und sie suchen nach einem anderen Vampir, dem sie gehören können. Du könntest sie dir als Haustiere halten«, fügte sie grinsend hinzu.
»Vielleicht sind sie aber auch wegen der köstlichen Kartoffelpuffer hier«, meinte Simon.
»Menschliche Domestiken essen keine normalen Lebensmittel. Sie ernähren sich von einer Mischung aus Vampirblut und Tierblut. Dadurch verharren sie in einem scheintodähnlichen Zustand. Sie sind zwar nicht unsterblich, altern aber sehr, sehr langsam.«
»Dummerweise scheinen sie aber nicht in der Lage zu sein, ihr Erscheinungsbild einigermaßen zu bewahren«, kommentierte Simon nach einem weiteren Blick auf die beiden.
Im nächsten Moment setzte Isabelle sich kerzengerade. »Und sie sind auf dem Weg zu unserem Tisch. Ich schätze, gleich werden wir wissen, was sie von dir wollen.«
Die Domestiken bewegten sich, als würden sie auf Rädern rollen: Statt einzelne Schritte zurückzulegen, schienen sie geräuschlos durch den Raum zu gleiten. Innerhalb weniger Sekunden hatten sie das Restaurant durchquert, und als sie sich Simons Tisch näherten, hatte Isabelle bereits den spitzen Dolch aus ihrem linken Stiefelrand gezogen. Die stilettartige Waffe lag quer auf dem Tisch und funkelte im Schein der Neonbeleuchtung. Auf beiden Seiten des Heftes waren Kreuze in das dunkle, schwere Silber geprägt. Die meisten vampirabwehrenden Waffen schienen mit Kreuzen versehen zu sein — vermutlich in der Annahme, dass die meisten Vampire christlichen Glaubens waren, überlegte Simon. Wer hätte gedacht, dass die Zugehörigkeit zu einer religiösen Minderheit derart vorteilhaft sein konnte?
»Das ist nah genug«, sagte Isabelle, als die beiden Domestiken vor ihnen stehen blieben. Die Finger der jungen Schattenjägerin lagen scheinbar ruhig auf dem Tisch, allerdings nur Zentimeter von ihrem Dolch entfernt. »Bringt euer Anliegen vor.«
»Schattenjägerin«, wisperte die linke der beiden Gestalten in heiserem Ton, »wir wussten nicht, dass die Nephilim in diese Angelegenheit involviert sind.«
Spöttisch zog Isabelle eine ihrer feinen Augenbrauen hoch. »Und um welche Angelegenheit soll es sich dabei handeln?«
Der zweite Domestik zeigte mit einem langen grauen Finger auf Simon. Der Nagel am Ende des letzten Fingerglieds war gelblich und spitz. »Wir haben etwas Geschäftliches mit dem Tageslichtler zu besprechen.«
»Nein, habt ihr nicht«, widersprach Simon. »Ich hab keine Ahnung, wer ihr beide seid. Ich hab euch noch nie gesehen.«
»Mein Name ist Walker«, erklärte die erste Gestalt. »Und dies ist Mr Archer. Wir dienen dem mächtigsten Vampir von New York. Dem Oberhaupt des einflussreichsten Clans in ganz Manhattan.«
»Raphael Santiago«, sagte Isabelle. »Also werdet ihr auch wissen, dass Simon keinem einzigen Clan angehört. Er ist frei und ungebunden.«
Mr Walker schenkte ihr ein mattes Lächeln. »Das Oberhaupt des Clans hofft, dass sich an dieser Situation vielleicht etwas ändern ließe.«
Simons Blick traf sich mit Isabelles. Sie zuckte die Achseln.. »Hatte Raphael dir nicht gesagt, er wolle, dass du dich von seinem Clan fernhältst?«
»Vielleicht hat er ja seine Meinung geändert«, überlegte Simon. »Du weißt doch, wie er ist. Launisch. Unberechenbar.«
»Woher soll ich das wissen? Seit unserer letzten Begegnung in jener Nacht, als ich gedroht habe, ihn mit einem Kerzenständer
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