Ein Prinz wie aus 1001 Nacht
1. KAPITEL
Seine Königliche Hoheit, Prinz Shahir bin Harith al Assad, erreichte sein prächtiges Besitztum im Schottischen Hochland gegen acht Uhr am Morgen.
Wie immer waren alle nur möglichen Vorkehrungen getroffen worden, um ihm die zuvorkommende Behandlung zuteilwerden zu lassen, die er von Geburt an gewohnt war. Als sein Learjet landete, stand an dem privaten Flughafen bereits eine schwere Luxuslimousine mit Chauffeur bereit. Die abgedunkelten Fenster trugen mit dazu bei, ihm die Privatatmosphäre zu gewährleisten, auf die er besonders Wert legte. So wäre auch niemand aus seinem Mitarbeiterstab je auf die Idee gekommen, ihm ein unwillkommenes Gespräch aufzuzwingen.
Allein Fraser Douglas, der Verwalter seines schottischen Besitztums, dem er einen Platz in der Limousine anbot, musste ihm einige Fragen beantworten, ehe auch er sich auf einen Wink des Prinzen hin schweigend in die weichen Ledersitze zurücklehnte.
Die einzige Straße nach Strathcraig Castle, die sich über zwanzig Kilometer durch das schottische Moor hinzog, wurde von imposanten Bergmassiven flankiert. Nach der hektischen Betriebsamkeit des Businesslebens erfreute sich Shahir an der wohltuenden Weite und der klaren Luft. Die einsame, majestätische Landschaft und der weite blaue Himmel erinnerten ihn ein wenig an die heimische Wüste, die er noch mehr liebte als dies hier.
Als die Limousine eine bewaldete Schlucht durchfuhr, wurde der schwere Wagen durch eine Schafherde, die die Straße kreuzte, zum Halten gezwungen. Am Straßenrand stand eine weißhaarige Frau mit einem Fahrrad, die auch darauf wartete, weiterradeln zu können. Erst als sie den Kopf ein wenig zur Seite wandte, stellte Shahir erstaunt fest, dass sie kaum das Teenageralter hinter sich hatte, und ihr langes Haar nicht weiß, sondern platinblond war. In weichen Wellen umfloss es ihr zartes Gesicht. Sie war schlank, hatte große, intelligente Augen und einen vollen, sensiblen Mund. Selbst die schlichte, farblose Kleidung konnte ihrer natürlichen Anmut und Grazie keinen Abbruch tun. Sie erinnerte ihn an das Gemälde eines Engels, das er vor langer Zeit gesehen hatte – rein und unantastbar.
Weniger ehrfürchtig war das plötzlich erwachende Lustgefühl, das Shahir durchflutete, und dessen Heftigkeit und Intensität ihn erstaunte. Denn es war ziemlich lange her, dass eine Frau ihn in dieser Art interessiert hatte.
„Wer ist das?“, fragte er seinen Verwalter, der ihm gegenübersaß.
„Kirsten Ross, Eure Königliche Hoheit“, sagte der ältere Mann mit dem quadratischen Schädel beflissen. Da keine Antwort erfolgte, beeilte er sich, weitere Details zu liefern. „Ich glaube, sie arbeitet als Reinigungskraft im Schloss.“
Nicht im Traum käme Shahir auf die Idee, sich mit einer Bediensteten einzulassen. Wie bedauerlich für ihn, dass dieses Zauberwesen zu seinen Dienstboten gehörte – und dann noch in einer untergeordneten Stellung! Schade, dachte er flüchtig und hakte jeden amourösen Gedanken in Richtung der platinblonden Schönheit ab. Denn Shahir war ein stolzer und sehr anspruchsvoller Mann.
„Ich habe sie bisher noch nie gesehen.“
„Kirsten Ross gehört auch nicht unbedingt zu der Sorte Frauen, die Aufmerksamkeit auf sich ziehen.“
Shahir lächelte zynisch. Als Liebhaber schöner Frauen erkannte er ein kostbares Juwel auf den ersten Blick, auch wenn es in einer wenig attraktiven Verpackung steckte. „Sie muss doch an das Aufsehen gewöhnt sein, das ihr Äußeres hervorruft.“
Fraser Douglas zog eine Grimasse. „Ich glaube nicht, dass man sie besonders dazu ermutigt hat, vor dem Spiegel zu stehen. Ihr Vater ist streng gläubig und regiert seine Familie sehr streng.“
Shahir ertappte sich dabei, dass er die attraktive Blondine immer noch anstarrte, und riss sich mit einiger Anstrengung von dem zauberhaften Anblick los.
Der Wagen fuhr weiter. Shahir nahm in Gedanken die Bemerkung seines Verwalters über den Vater des Mädchens auf und überlegte, wo man die Grenze zwischen einem tief empfundenen Glauben und religiösem Fanatismus ziehen musste. Hier, im ländlichen Bereich, schien sich das Leben der Menschen jedenfalls weitgehend um die Kirche und ihre verschiedenen Aktivitäten zu drehen.
Die örtliche Bevölkerung hielt dabei ganz andere moralische und gesellschaftliche Regeln hoch als die sogenannte gehobene Gesellschaft. In der Tat wirkten viele Pächter und Bauern auf auswärtige Besucher ziemlich grimmig, verschlossen und altmodisch, was
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