Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon
Reiter kam auf das Universitätsgelände galoppiert und näherte sich seiner Position. Den Geräuschen nach zu urteilen, hatte er es eilig. Der Norweger blickte hinter der Säule hervor. Er kannte den Reiter. Einer seiner eigenen Männer. Er hatte ihn für die Observierung des Hotels abgestellt. Was in drei Teufels Namen hatte er hier zu suchen?
Mit einem scharfen Pfiff lenkte er die Aufmerksamkeit des Mannes auf sich. Als er bei ihm war, zog der Reiter die Zügel und sprang aus dem Sattel.
»Was machst du hier?«, fuhr ihn der Norweger an. »Dein Platz ist vor dem Hotel.«
»Da war ich auch«, keuchte der Mann. »Die Herrschaften sind eben dort eingetroffen und gleich wieder abgefahren. Haben Sie denn nicht gesehen, wie sie herausgekommen sind?«
Dem Norweger blieb vor Verblüffung der Mund offen stehen. »Was redest du da? Ich war die ganze Zeit hier. Ich habe den Eingang nicht für eine Minute aus den Augen gelassen.«
»Dann hat man Sie ausgetrickst«, stieß der Mann atemlos hervor. »Ich habe selbst gesehen, wie sie das Hotel betreten und eine Kutsche gemietet haben. Dann sind sie in Richtung Westen aufgebrochen. Sie schienen es eilig zu haben.«
»Das Gepäck?«
»Haben sie mitgenommen.«
Der Norweger fluchte. »Wie lange ist das her?«
»Etwa eine halbe Stunde. Ich bin ihnen noch ein Stück nachgeritten. Sie haben die Straße Richtung Korinth eingeschlagen.«
»Korinth sagst du? Von dort gehen die Fähren Richtung Italien.« Hektisch blickte er zur Uhr hinauf. Viertel nach fünf. Er überschlug die Strecke in seinem Kopf. Weit würden sie heute nicht mehr kommen. Die Hafenstadt war etwa siebzig Kilometer entfernt. Zu weit, um sie heute noch zu erreichen. Vermutlich würden sie in einem der Orte an der Küste einkehren. Vielleicht in Elefsina oder in Megara. Wenn er sich beeilte, konnte er sie abfangen, ehe es dunkel wurde. Wenn er wusste, wo sie abstiegen, konnte er ihnen nachts auflauern, heimlich in ihre Zimmer steigen und dort seinen Auftrag erledigen.
Noch war nichts verloren. Er schnappte sich das Pferd und galoppierte los.
Er war kurz hinter Chaidari, als er die Kutsche einholte. Das Licht des späten Nachmittags ließ die Olivenbäume in sattem Grün schimmern. Zikaden erfüllten die Luft mit durchdringendem Zirpen. Mauersegler flogen auf der Jagd nach Insekten mit halsbrecherischem Tempo zwischen den Bäumen hindurch.
Der Norweger drosselte sein Tempo und blieb auf Abstand. Ihm klebte die Kleidung am Körper. Der Geruch nach Schweiß stieg ihm in die Nase. Die lange Strecke im scharfen Galopp hatte ihn einige Anstrengung gekostet.
Er hörte, wie sich die vier Reisenden angeregt über die schöne Landschaft unterhielten und fröhlich mit dem Fahrer scherzten.
Sollten sie. Je weniger Verdacht sie schöpften, desto besser.
Wenige Minuten später verließ die Kutsche die Hauptstraße und bog auf einen Feldweg ab. Eine Strecke, die hinauf in die Hügel führte.
Stirnrunzelnd zügelte der Norweger seinen Schecken. Er kannte die Gegend. Hier gab es nichts, keine Herberge, keinen Gasthof und kein Hotel. Was wollten sie also in den Hügeln?
Er wartete, bis die Kutsche zwischen einer Ansammlung niedriger Eichen verschwunden war, dann trabte er langsam hinterher. Vielleicht waren die vier ja mit dem Zelt unterwegs. Man hörte in letzter Zeit öfter davon. Eine Modeerscheinung, die aus den Vereinigten Staaten von Amerika zu ihnen herübergeschwappt war und campen genannt wurde. Wenn die vier wirklich unter freiem Himmel übernachteten, würde es noch viel einfacher werden, sie aus dem Weg zu räumen.
Immer tiefer folgte er seinen Opfern in den Wald. Er war ganz in Gedanken versunken, als er plötzlich ein Geräusch hörte. Die Kutsche kam wieder zurück.
Für einen Moment war er versucht, ins Unterholz zu flüchten, doch dafür reichte die Zeit nicht aus. Soeben kam das Gespann in Sicht. Nur der Kutscher war noch an Bord, von den vier Reisenden fehlte jede Spur.
Vorsichtig umrundete der Fahrer die knietiefen Schlaglöcher und wich den Wurzeln aus, die sich wie fette Schlangen über den Weg zogen. Als er den Norweger sah, hob er verdutzt die Brauen. Er grüßte knapp, dann fuhr er weiter. Der Norweger überlegte, ob er den Mann töten sollte, verwarf den Gedanken jedoch wieder. Welche Bedrohung stellte er schon dar?
Er ritt weiter, bis der Weg in einem schmalen Trampelpfad endete, der mit Steinbrocken übersät war. Die Sonne verschwand gerade hinter den Hügeln und durch die
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