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Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Titel: Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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weiterbauen. Ende 1883, also vor knapp zehn Jahren, war es dann endlich so weit. Die Werft näherte sich ihrer Vollendung. Doch dann ging etwas schief. Die Werft war beinahe fertiggestellt und befand sich gerade draußen zu Probereparaturen an einem beschädigten Dampfschiff. Plötzlich hallte ein tiefes Rumpeln über das Meer. Es gab eine mächtige Explosion, wie Augenzeugen berichteten. Flammenbälle stiegen auf, die den havarierten Frachter Odysseus in der Mitte zerrissen und in Minutenschnelle sinken ließen. Sämtliche Besatzungsmitglieder fanden den Tod. Die Werft selbst trieb führerlos über das Meer. Man versuchte, sie zurückzuschleppen, doch ein aufkommender Sturm machte die Bemühungen zunichte. Sie wurde von den Halteleinen getrennt und hinaus in die dunkle Nacht getrieben. Als man am nächsten Morgen nach ihr suchte, fand man nur noch herumtreibende Wrackstücke. Die Werft selbst war in den Fluten versunken.«
    »Also kein Seeungeheuer.«
    »Natürlich nicht. So etwas wie Seeungeheuer gibt es nicht.«
    »Und Livanos?«
    »Vermutlich tot.« Der Professor senkte den Blick. »Vielleicht war das ganz gut so. Was danach kam, war eine regelrechte Hetzkampagne. Sein Name wurde in den Schmutz getreten. Man bezeichnete ihn als Wahnsinnigen, der sich keinen Deut um Menschenleben scherte, als besessenen Wissenschaftler, der von seiner eigenen Erfindung in den Tod gerissen worden war. Sein Name stand gleichbedeutend für Größenwahn und Vermessenheit. Seine Geldgeber waren ruiniert und die Erfindung geriet in Vergessenheit. Dieses Modell hier ist alles, was von dem kühnen Projekt übrig geblieben ist.«

 
10
     
     
    Der Norweger stand hinter der großen Eingangssäule. Geduldig wie eine Spinne verharrte er in seinem Versteck. Den Hut tief in die Stirn gezogen, die Arme vor der Brust verschränkt, wartete er ab. Sein schmales Gesicht lag im Schatten. Die Hitze machte ihm nichts aus. Er lebte lange genug in Griechenland, um keinen Gedanken mehr an Wetter und Temperaturen zu verschwenden. Egal, ob Winter oder Sommer, stets trug er die gleiche Kleidung. Weiche Stiefel, lederne Hosen und natürlich seinen langen grauen Mantel, der sein Arsenal von Fern- und Nahkampfwaffen verbarg. Seine Spezialität waren Giftwaffen. Nicht nur in Form kleiner Kapseln und Tränke, die sich geschmacksneutral in Weingläsern und Nahrungsmitteln auflösen ließen, sondern auch Pfeile, die so winzig waren, dass sie jedes Material durchdringen konnten. Abgefeuert aus einem Blasrohr oder mit seinem schallgedämpften Präzisionsgewehr, spürten seine Opfer kaum mehr als bei einem Insektenstich. Ein sanftes Streicheln mit der Hand, und die Pfeile fielen wie von alleine aus der Stichwunde. Das Gift, das in winzigen Kapseln im Inneren schlummerte, hatten sie zu diesem Zeitpunkt längst abgegeben. Es handelte sich um ein Nervengift, das aus einer im Indopazifik beheimateten Krakenart gewonnen wurde. Nach mehreren Minuten führte das Gift zu einer Lähmung, die schließlich in Herzversagen mündete. Die Opfer erlitten weder Schmerzen noch einen stundenlangen qualvollen Tod. Im Körper war das Gift nicht nachzuweisen. Für den obduzierenden Arzt sah es so aus, als habe das Herz einfach aufgehört zu schlagen. Die perfekte Waffe, wenn man keine Spuren hinterlassen wollte. Doch der Norweger verstand sich auch auf andere Tötungstechniken. In seiner Heimat war er auf Morde mit Eisdolchen spezialisiert gewesen, später dann, in Bulgarien, hatte er seine Waffen mit Steinsalz geladen, deren Kristalle sich im Blut der Opfer auflösten.
    Die polizeiliche Ermittlungsarbeit war in den letzten Jahren so weit fortgeschritten, dass in neunzig Prozent aller Fälle die Analyse der Waffe zu einer Festnahme des Mörders führte. Doch was, wenn es keine Waffe gab? Seine Tötungswerkzeuge verschwanden entweder oder sie waren nicht nachzuweisen. Keiner seiner bisherigen Aufträge hatte den Behörden einen Anhaltspunkt geliefert, der den Verdacht auf ihn lenkte. Und so sollte es auch bleiben.
    Sein Druckluftgewehr unter dem Mantel verbergend, stand er hinter der Säule und wartete.
    Die Uhr des nahe gelegenen Kirchturms schlug fünf. Der Besuch der seltsamen Reisegruppe dauerte jetzt schon über vier Stunden. Was hatten die da drinnen so lange zu bereden? Er war zwar gewohnt, stundenlang in einem Versteck auszuharren, aber so langsam riss ihm der Geduldsfaden. Sein Instinkt sagte ihm, dass irgendetwas nicht stimmte.
    Auf einmal drang Hufgetrappel an sein Ohr. Ein

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