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Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Titel: Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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ausgezeichnet. Es musste immer mehr gebaut werden, um die stetige Nachfrage nach schnellen Dampfschiffen befriedigen zu können. Nein …«, Papastratos schüttelte den Kopf. »Die Reeder waren zu gierig geworden. Die Herren in den obersten Etagen füllten sich hemmungslos die Taschen, während sie ihre Arbeiter schamlos ausnutzten. Gewerkschaften gab es damals noch nicht. Es war eine moderne Form der Sklaverei und die Opfer waren zahlreich. Wie dem auch sei …«, der Professor atmete tief durch, »… eines Tages stand Livanos wieder vor unserer Tür. Es war unglaublich, wie sehr er in den vier Jahren gereift war. Aus dem Jungen war ein Mann geworden. Ein Mann, der vor Tatkraft und Ideen nur so sprühte. Doch der Tod seines Vaters und seines Bruders hatte Spuren bei ihm hinterlassen. Schon damals glaubte ich eine gewisse Besessenheit bei ihm festzustellen. Ein Funkeln in den Augen, das darauf hindeutete, dass er von etwas getrieben wurde. Und ich hatte mich nicht geirrt. Livanos fand Geldgeber und begann sofort damit, eine gewaltige Anlage im Hafen von Piräus zu installieren.«
    »Jetzt, wo Sie es sagen«, warf Humboldt ein, »ich glaube mich zu erinnern, darüber mal einen Artikel in der Zeitschrift Popular Science gelesen zu haben. Er baute irgendeine Werftanlage, habe ich recht?«
    »Nicht irgendeine Werft«, korrigierte ihn der Professor. »Die Werft. Eine Anlage, an deren Plänen er schon während unserer Studienzeit gearbeitet hatte. Ein vollautomatisiertes Wunderwerk, das beinahe ohne menschliche Arbeitskraft auskommt. Im Ausstellungsraum existiert ein Modell davon. Wollen Sie es sehen?«
     

     
    Ein paar Minuten später trafen sie in der großen Ausstellungshalle des Polytechnikums ein. Oskar hatte noch niemals so detaillierte Schiffsminiaturen gesehen. Die kleinen Wunderwerke waren maßstabsgerecht bis hinunter auf die einzelnen Nieten gebaut worden. Winden, Planken, Steuerräder, kein noch so kleines Detail fehlte. Sogar die Besatzung war zu sehen. Winzige Figuren, die beinahe lebendig wirkten.
    »Hier drüben«, sagte Papastratos und winkte sie zu sich.
    Er stand vor einer mannsgroßen Glasvitrine, in der ein riesiges, wenn auch unübersichtliches Modell ausgestellt war. Es zeigte eine badewannenähnliche Konstruktion, die ganz und gar aus Gerüstteilen gefertigt zu sein schien. An ihrem Kopfende befand sich so etwas wie eine Kommandostation, die die Anlage weithin sichtbar überragte. Hinter den breiten Glasfronten waren winzige Figuren zu sehen – augenscheinlich der Kommandant und sein Stab an Assistenten. Weiteres Personal gab es nicht. An den Längsseiten waren Dutzende von Kränen angebracht, die ein Schiff komplett aus dem Wasser heben konnten. Die Schmalseite gegenüber der Brücke war offen, sodass Schiffe jedweder Größe problemlos ins Innere der Werft fahren konnten. Es gab jedoch eine Sache, die Oskar nicht verstand. »Was sind denn das für riesige tonnenförmige Gebilde? Die sehen fast aus wie ein Schwimmring.«
    »Damit liegst du gar nicht so falsch, mein junger Freund.« Papastratos lächelte. »Es sind Pontons. Sie ermöglichen dem Kommandanten, die Werft hinaus auf hohe See zu fahren. Statt die Schiffe zur Reparatur an Land zu hieven, kommt die Werft einfach zu ihnen. Somit können auch havarierte Schiffe mühelos instand gesetzt werden. Livanos gab seiner Erfindung den Namen Leviathan.«
    »Faszinierend«, sagte Humboldt. »Eine vollautomatisierte Werkstatt für Schiffe. Wie wird sie gesteuert?«
    »Keine Ahnung. Ich selbst habe die Steuerzentrale nie zu Gesicht bekommen. Es ging das Gerücht, er hätte dort eine Maschine installiert. Etwas, das zur Steuerung höherer Funktionen dient. Niemand durfte sie sehen. Livanos befürchtete wohl Werkspionage. Er war über die Jahre zu einem ausgesprochen misstrauischen, um nicht zu sagen, paranoiden Menschen geworden. Er witterte Feinde an jeder Ecke.«
    »Was geschah dann?«
    »Der Bau erfolgte unter strengster Geheimhaltung. Die Konstruktion benötigte drei Jahre Arbeitszeit und verschlang Millionen von Drachmen. Livanos arbeitete wie ein Besessener. Es gab keinen Tag, an dem er nicht auf der Baustelle zu finden war. Er schuftete rund um die Uhr. Achtzehn, neunzehn Stunden lang. Seinen Arbeitern verlangte er alles ab, auch wenn er ihnen wesentlich bessere Sicherheitsbedingungen als die anderen Schiffbauer bot. Eine Zeit lang sah es so aus, als würde das Mammutprojekt scheitern, doch dann fand Livanos neue Geldgeber und konnte

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