Chroniken der Weltensucher - Die Frau aus den Wolken: eShort zur Reihe "Chroniken der Weltensucher"
es vermutlich sonst nur Staatsoberhäuptern vergönnt war.
Auf einem eigenen Schiff.
War sie so eine Berühmtheit, dass sie das verdient hatte. Was hatte sie schon groß geleistet? Gut, sie hatte das Biest getötet und die Stadt von seinem jahrzehntelangen Fluch befreit, aber reichte das aus, diesen Prunk und diese Ehre zu erklären?
An Bord wurde heftig gearbeitet. Sie sah einen Mann auf einem der Seitenausleger herumturnen und wusste sofort, dass es der Mann war, der sie gerettet hatte. Der Bart, die gebräunte Haut. Gustafsson. Das war sein Name, er hatte ihn genannt, als sie zum ersten Mal wach geworden war. Sven Gustafsson. Goldschürfer. Valkrys vergaß niemals einen Namen.
Was tat er da an Bord ihres Schiffes?
»Hallo.« Sie hob den Arm und winkte zu ihm hinauf. »Ich muss mit Ihnen reden.«
Die Reaktion erfolgte prompt und ohne Ankündigung. Wie aus dem Nichts schoss plötzlich eine pelzige Kreatur auf sie zu und ging unmittelbar zum Angriff über. Wütendes Gebell, gefletschte Zähne, aufgerichtetes Fell. Ehe sie noch reagieren konnte, verbiss sich das Wesen in einen ihrer Schuhe. Zum Glück waren sie aus dickem Leder. Es ging so schnell, dass Valkrys keine Zeit hatte, auf den Angriff zu reagieren. Sie stolperte, taumelte und wäre um ein Haar hingefallen, wären da nicht ihre schnellen Reflexe gewesen, die sie vor dem Schlimmsten bewahrten. Das haarige Biest ließ los, umrundete sie und versuchte, sie von hinten zu beißen. Doch diesmal war Valkrys vorbereitet. Sie zog die Suppenkelle und verpasste der Töle einen Schlag, dass sie sich jaulend und humpelnd hinter dem nächsten Busch verkroch. Valkrys wäre ihm gerne gefolgt, um ihm eine weitere Lektion beizubringen, als plötzlich ein Knall ertönte. Eine Wolke aus Sand und Staub explodierte vor ihren Füßen.
»Keinen Schritt weiter.«
Sie blickte nach oben. Der Lauf einer Waffe war auf sie gerichtet. »Wehe, Sie tun meinem Hund etwas an.«
»Das Biest hat mich angegriffen.«
»Jappo hat nur sein Revier verteidigt. Sie können einen Hund wohl kaum dafür bestrafen, dass er seine Arbeit tut. Warten Sie, ich komme zu Ihnen runter.« Gustafsson schwang sich über die Reling und kletterte geübt das Fallreep herab. So, wie er sich bewegte, machte er den Eindruck, als gehöre das Schiff bereits ihm.
Als er vor ihr stand, überragte er sie um mehr als einen Kopf.
»Hätte Sie fast nicht erkannt in den Klamotten«, sagte er. »Und, wie passen sie?« Er spuckte vor ihre Füße.
»Ich hab schon Bequemeres getragen. Aber es erfüllt seinen Zweck. Übrigens, mein Name ist Stone. Valkrys Stone.« Sie streckte ihm die Hand entgegen, doch er lehnte ab. Offenbar war er immer noch verärgert wegen seines Hundes.
»Valkrys. Komischer Name.«
»Wir können uns unsere Namen schließlich nicht aussuchen, oder, Mr Gustafsson?« Sie atmete tief durch und versuchte, ihren Ärger runterzuschlucken. Der Start war gründlich misslungen.
In dem Bemühen, die Lage wieder unter Kontrolle zu bekommen, setzte sie ein strahlendes Lächeln auf und sagte: »Ich wollte die Gelegenheit nutzen, um Ihnen zu danken, Mr Gustafsson. Es waren doch Sie, der mich von dem Schiff runtergeholt hat, oder?«
»Hm.«
»Dachte ich mir. Na ja, also … vielen Dank.«
»Geht’s Ihnen jetzt wieder besser?«
»Bis auf ein kleines Schwächegefühl ist wieder alles okay. Die Wunde braucht natürlich noch ein paar Wochen. Und danke, dass Sie mein Schiff reparieren. Ich habe vor, so bald wie möglich wieder von hier aufzubrechen. Was denken Sie, wie lange die Reparaturen noch dauern werden?«
Gustafssons Blick wurde misstrauisch. »Sind Sie Amerikanerin?«
Sie neigte den Kopf. »Woher wissen Sie das?«
»Hab 'ne Weile drüben gelebt und kenne die Art, wie da geredet wird. Mir ist Ihr Okay aufgefallen.«
»Ach so, das.« Sie lächelte. »Tja, man kann seine Herkunft eben nicht verbergen, nicht wahr? Aber Sie haben meine Frage nicht beantwortet: Wie lange noch, bis das Schiff wieder startklar ist.«
»So lange, wie ich es für richtig halte«, erwiderte Gustafsson. »Es ist jetzt mein Schiff.«
»Wie bitte?«
»Betrachten Sie es als Bezahlung für die Dienstleistung, die ich erbracht habe. Ohne mich würden Sie jetzt nicht so gesund und munter vor mir stehen. Stehen Ihnen übrigens gut, meine Sachen. Sie dürfen sie gerne behalten. Zusammen mit dem Maultier, dem Zelt, dem ganzen Rest.«
Valkrys wusste nicht, ob sich der Mann einen Scherz mit ihr erlaubte. Wenn ja, war es kein
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