Held von Garathorm
Vorwort
1978 ist ein gutes Jahr für den Moorcock-Enthusiasten. Bei mehreren Verlagen erscheinen die Fantasy-Zyklen in deutscher Sprache, darunter der sechsbändige Zyklus um CORUM und die ebenfalls aus sechs Bänden bestehende Serie um ELRIC VON MELNIBONE (den wir mit einer Novelle bereits in unserer Reihe vorstellten).
Der deutsche Leser hat damit Gelegenheit, eine Reihe von kosmischen Ebenen aus Moorcocks phantastischem Multiversum simultan kennenzulernen und die Zusammenhänge zu überblicken, solange die Erinnerung an einzelne Bände noch frisch ist.
In den ersten vier Bänden der Serie um Graf Brass und Dorian Hawkmoon, dem sogenannten RUNENSTAB-ZYKLUS, wurden die kosmischen Zusammenhänge nur angedeutet, aber nun in den drei Fortsetzungsbänden, von denen der vorliegende der zweite Band ist, fließen viele Fäden zusammen, und das Thema des Ewigen Helden tritt ganz in den Vordergrund.
Es ist schwieriger, die Motivationen für Figuren und ihre Handlungen zu begreifen, wenn man nicht auch jenen Geschehnissen folgen kann, die angedeutet werden und die Abenteuer jener Figuren kennt, deren Namen genannt werden - Corum, oder Elric, oder Erekose, oder Arioch, der Gott des Chaos, und viele andere.
Ich habe einmal darauf hingewiesen, welche Welten etwa zwischen den Fantasy-Erzählungen eines Robert E. Howard (in der Erdverbundenheit seiner Figuren) und denen eines Michael Moorcock liegen (mit seinem vielschichtigen Kosmos und der Figurenhaftigkeit seiner Gestalten).
Aber es steckt etwas wirklich Gemeinsames in beiden, etwas, das gute Fantasy-Autoren zu beschwören und zu wecken vermögen, etwas, das so wichtig ist für die Fantasy, weil es den Leser erst dazu bringt, das Phantastische und Unglaubliche ein ganzes Buch lang zu akzeptieren.
Roy Krenkel sagt es über Robert E. Howard. Und es ist erstaunlich, wie sehr seine Worte auch für Michael Moorcock richtig sind. Ich zitiere aus TERRA FANTASY 42 (Robert E. Howard DIE BESTIE VON BAL-SAGOTH):
„Die Personen bewegen sich wie Figuren des Schicksals über eine Welt, die aus einem Alptraum geboren wurde. Dunkle, ungeheuerliche Taten, strahlendes Heldentum, übermenschlicher Mut und gemeiner Verrat sind die Elemente -und schimmernde Städte (mit nachtdunklen Kerkern), Lachen, schöne Frauen, und Tod - und Wahnsinn! Man fühlt mit Howard, zu einem Teil wenigstens, diesen grimmigen Schmerz um verratene Könige und verlorene Reiche - um große Taten, die vergeblich waren, um Schönheit, die ausgelöscht, und Lachen, das für immer verstummt ist.
Man liest Howard wie ein ferner Beobachter, der durch einen Nebel der Zeit blickt - flüchtige grelle Blitze von marschierenden Männern in Rüstungen, von Verteidigungswällen, über die wilde Horden stürmen, von Intrigen in düsterem Kerzenlicht. Wie von weit her hören wir den Ruf Olifants, das Klirren von Stahl auf Stahl, die Schreie der Sterbenden; zu gewaltig, zu schrecklich, um wirklich zu sein, und darob irgendwie nur um so wirklicher!
Was sich herauskristallisiert und deutlich vor uns steht, ist die Stimmung."
Die Stimmung ist es, die ein guter Autor zu wecken versteht, und in der Fantasy, in der die Umwelt fremdartig, oft bizarr, ist, ist die Stimmung um so wichtiger - und um so schwerer zu wecken.
Ein guter Teil dieser Stimmung in den Abenteuern um Dorian Hawkmoon ergibt sich sicherlich schon aus der Tatsache, daß die Welt fremdartig und doch vertraut ist - die Nachatomkriegserde, die veränderten und vertrauten Namen, die Untergangsstimmung.
Von all seinen Zyklen hat Moorcock in diesem am leichtesten die Stimmung zu schaffen vermocht.
Die einzelnen Bände dieses Zyklus sind wohl in sich abgeschlossen, doch zum besseren Verständnis sollten die wichtigsten Fakten der vorangegangenen Bände bekannt sein. Werfen wir daher nochmals einen Blick auf die hohe Geschichte des Runenstabs:
„Taktiker und Krieger von wildem Mut und bemerkenswertem Können, ohne Achtung für das Leben, ihres oder das anderer, korrupt bis ins tiefste Innere und vom Wahnsinn geprägt, alles hassend, das nicht verderbt war wie sie; eine Macht ohne Moral - eine Kraft ohne Gerechtigkeit; das waren die Barone von Granbretanien, die das Banner ihres Reichskönigs Huon durch Europa trugen und diesen Kontinent an sich rissen, es weiterschleppten nach Westen und Osten zu anderen Kontinenten, die sie für sich beanspruchten. Und es schien, als wäre keine Kraft natürlichen oder übernatürlichen Ursprungs imstande, die tödliche Flut der
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