Cinderella auf Sylt - Bieling, E: Cinderella auf Sylt
so friedlich«, sagte er lächelnd, während er die Flamme des Lagerfeuers mit neuen Ästen fütterte.
»Ja«, erwiderte Cinderella lächelnd. »Gar nicht so dumm, sich zwei Strandkörbe als Nachtlager zusammenzuschieben.«
»Stimmt! Ein echter Sylter eben!«
Sylter? Eher ein cleverer Hallenser.
Cinderella rutschte näher ans Feuer heran und blickte gedankenversunken an Max vorbei.
»Woran denkst du?«, fragte er.
»An den Froschkönig«, erwiderte sie, ohne den Blick vom Horizont zu nehmen.
Ein Schmunzeln überzog sein Gesicht. »Der Krone tragendeFrosch, der durch den Kuss seiner Angebeteten zum wunderschönen Prinzen geworden ist?«
»Falsch! Dazu musste sie ihn erst gegen die Wand werfen.«
Max blickte sie erschrocken an. »Autsch! Klingt nicht gerade nach dem Anfang einer unendlichen Liebesstory.«
»War es vielleicht auch nicht.«
»Nicht? Ich dachte, sie hielten Hochzeit und lebten glücklich bis an ihr seliges Ende?«
Cinderella zuckte mit den Schultern. »Wer weiß? Vielleicht haben sie sich aber auch wieder getrennt, und der Streitwert ihrer Scheidung hat sie auf Lebenszeit ruiniert.«
Max schüttelte den Kopf. »Glaubst du das wirklich?«
Sie lachte. »Ich glaube gar nichts! Außer, dass man Prinzen lieber aus dem Weg gehen sollte. Denn wer sie küsst, muss damit rechnen, neben einem Frosch wach zu werden.«
Der Wind frischte auf und wirbelte Glut durch die Luft. Wie kleine Sterne tanzten sie durch das Dunkel der anbrechenden Nacht. Cinderella hatte sich zu Tommy gesetzt. Sein Kopf lag auf ihren Schoß gebettet.
»He kleiner Mann, aufstehen«, flüsterte sie. Dabei rieb sie liebevoll über seine Wange.
Max blickte sie fragend an. »Wirst du morgen noch hier sein?«
Sie schüttelte den Kopf. »Bitte lass es gut sein.«
»Aber ich kann alles erklären«, sagte Max, fast schon euphorisch bettelnd.
»Ich will es nicht hören!«
Tommy gähnte und streckte sich. »Mama? Ist Moritz da?«
Sie blickte zu Max, dessen Augen im Licht der Glut funkelten. »Ja, mein Schatz.«
»Kann er mich nicht nach Hause tragen?«
Cinderella piekte Tommy in die Seite. »Ein tapferer Soldat lässt sich nicht tragen. Also hoch mit dir.«
»Doch«, murmelte Tommy. »Wenn er verletzt ist, schon.«
»Tut dir denn was weh?«, fragte sie besorgt.
»Das da«, erwiderte er und tippte sich ans linke Ohr.
»Eine Rhabarberohrblattentzündung sozusagen«, flunkerte Max, nahm Tommy hoch und presste die Lippen gegen seine Stirn.
»Und?«, fragte Cinderella.
»Etwas erhöht maximal. Aber kein Grund zur Sorge.«
Cinderella streckte ihm die Arme entgegen. »Gib ihn mir!«
»Was?«
»Du sollst mir Tommy geben!«
»Aber ich …«
»Nein! Das kann ich selbst.«
»Achtzehn Kilo bis zu dir daheim?«
»Nein, neunzehn wiegt er seit Heiligabend. Und ja, ich schaffe das.«
Tommy wehrte Cinderella ab. »Ich will aber, dass mich Moritz trägt.«
»Nun zappel mal nicht so herum«, ermahnte ihn Max. »Ich trage dich dann ein anderes Mal.«
»Morgen?«, fragte Tommy.
»Klar! Versprochen.«
Cinderella ging in die Knie. »Los, Huckepack«, forderte sie Tommy auf. Bereitwillig sprang er auf den Rücken und umklammerte ihren Hals. »Na dann, mach es gut und vielen Dank für die Rettung des quirligen Bündels auf meinem Kreuz.«
Max starrte sie entsetzt an. »Und das war’s oder wie?«
»Was erwartest du? Dass ich dich heirate?«, erwiderte sie zynisch.
»Zum Beispiel!«
»Was?«
»Ja! Du hast richtig gehört.« Max sank auf seine Knie. »Cinderella Preußer, ich liebe dich über alles und möchte keinen Tag mehr ohne dich sein. Willst du meine Frau werden?«
Cinderellas Augen füllten sich mit Tränen. »Wie könnte ich? Wo es doch Moritz, den Mann, in den ich mich verliebt habe, gar nicht gibt.« Sie küsste ihn auf die Wange und ging.
Als der Zug anruckte, winkte Elsbeth Schmiedel mit ihrem tränendurchnässten Taschentuch. »Und nicht vergessen anzurufen«, rief sie Cinderella zu. Joseph stand regungslos neben ihr. Tommy drückte seine Nase gegen das Zugfenster. »Guck mal, Mama, der Taxi-Mann.« Er lief ein Stück weit mit dem Zug mit und hob die Hand zum Abschied. Wehmut überkam Cinderella und ließ ein »Time to say Goodbye« durch ihren Kopf dröhnen. Mit jedem Kilometer verschwand das gewohnte Umfeld – die Insel, die sie so sehr liebte. Ein Gefühl der endlosen Leere machte sich breit und forderte seinen Tribut.
Ich glaube, ich muss kotzen!
Von der plötzlichen Übelkeit überrascht, blickte
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