City of Lost Souls
damit«, sagte Isabelle.
Einen Moment lang war Clary sich nicht sicher, ob Izzy mit ihr oder mit dem Kater sprach. Denn Church zog mal wieder seine Show ab, die er gern inszenierte, wenn man ihn absetzte: Er lag auf dem Rücken, alle viere in die Luft gestreckt, und stellte sich tot, um seinem Frauchen ein schlechtes Gewissen zu machen. Doch als Isabelle ihre schwarzen Haare nach hinten warf und Clary anfunkelte, erkannte sie, dass sie gemeint war und nicht der Kater. »Womit soll ich aufhören?«, fragte sie.
»In düsteren Gedanken zu versinken, was dir für schreckliche Dinge zustoßen könnten – oder was für schreckliche Dinge du dir sogar wünschst, weil du lebst und Jace … verschwunden ist.« Isabelles Stimme machte einen kleinen Satz wie die hüpfende Nadel eines Tonabnehmers auf einer Schallplatte. Die Worte, dass Jace vielleicht tot war, brachte sie nicht über die Lippen – sie und Alec weigerten sich, diese Möglichkeit in Betracht zu ziehen.
Und Isabelle hatte ihr auch nie Vorwürfe gemacht, weil sie solch ein gewaltiges Geheimnis nicht mit ihr geteilt hatte, überlegte Clary. Tatsächlich hatte sie sich in letzter Zeit als ihre unerschütterliche Beschützerin entpuppt: Isabelle hatte sie jeden Tag an der Tür zum Ratssaal abgefangen, sich fest bei Clary untergehakt, um dann gemeinsam an der Meute finster starrender, murmelnder Nephilim vorbeizumarschieren. Und sie hatte während endlos langer Ratsbefragungen geduldig auf Clary gewartet und jedem einen scharfen Blick zugeworfen, der es wagte, sie auch nur schräg anzusehen. Clary war vollkommen überrascht gewesen. Sie hätte sich und Isabelle nicht unbedingt als beste Freundinnen bezeichnet – schließlich gehörten sie beide eher zu der Sorte Mädchen, die mit Jungs besser klarkamen als mit anderen weiblichen Wesen. Aber Isabelle war ihr nicht von der Seite gewichen, worüber Clary ebenso verwundert wie dankbar war.
»Ich kann einfach nicht anders«, erwiderte Clary nun. »Wenn ich an der Suche teilnehmen dürfte – oder wenigstens irgendetwas tun dürfte – , dann wäre es nicht ganz so schlimm, glaub ich.«
»Ich weiß nicht recht.« Isabelle klang müde. Während der vergangenen zwei Wochen waren sie und Alec jeden Abend nach sechzehnstündigen Patrouillen und Suchaktionen erschöpft ins Institut zurückgewankt.
Als Clary herausfand, dass es ihr verboten war, sich an den Suchtrupps zu beteiligen oder auf sonstige Weise nach Jace zu suchen, bis der Rat seinen Beschluss gefasst hatte, war sie so wütend geworden, dass sie ein Loch in ihre Schlafzimmertür getreten hatte.
»Manchmal kommt mir das alles so nutzlos vor«, fügte Isabelle hinzu.
Eine eisige Kälte kroch knackend durch Clarys Knochen. »Soll das heißen, du glaubst, er ist tot?«
»Nein, natürlich nicht. Ich glaube nur, dass er unmöglich noch in New York sein kann.«
»Aber in anderen Städten werden doch ebenfalls Suchaktionen durchgeführt, oder nicht?« Reflexartig griff Clary an ihren Hals und vergaß, dass der Morgenstern-Ring sich nicht länger dort befand. Magnus hatte ihn noch immer, um Jace zu orten, obwohl bisher nichts dabei herausgekommen war.
»Selbstverständlich suchen sie auch in anderen Städten nach ihm.« Isabelle beugte sich vor und berührte vorsichtig die winzige Silberglocke, die statt des Rings um Clarys Hals hing. »Was ist das?«, fragte sie neugierig.
Clary zögerte. Die Glocke war ein Geschenk der Elbenkönigin. Nein, das stimmte nicht ganz, denn die Königin des Lichten Volkes machte keine Geschenke. Diese Silberglocke diente nur dazu, Kontakt mit ihr aufzunehmen, wenn Clary ihre Hilfe benötigte. Als mehr und mehr Tage ohne ein Zeichen von Jace verstrichen, hatte Clary sich immer wieder dabei ertappt, wie ihre Hand nach der Glocke tastete. Doch bisher hatte sie sich nicht getraut, sie zu läuten, weil sie wusste, dass sie ohne eine Furcht einflößende Gegenleistung keine Unterstützung von der Elbenkönigin bekommen würde.
Doch ehe Clary Isabelles Frage beantworten konnte, wurde die Tür geöffnet. Ruckartig setzten beide Mädchen sich auf, dabei umklammerte Clary eines von Isabelles rosa Zierkissen so fest, dass sich die Strasssteinchen in ihre Handflächen drückten.
»Hi.« Eine schlanke Gestalt betrat das Zimmer und zog die Tür hinter sich zu: Alec, Isabelles älterer Bruder, trug die offizielle Ratskleidung – eine schwarze Robe, mit silbernen Runen durchwirkt – offen über seiner Jeans und einem schwarzen Langarmshirt. Die
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